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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Sachlich wird man nicht umhin können, in den meiste" Fällen Peter sieben
Mommsen Recht zu sieben, obwohl sich nickt läugnen läßt, daß seine Kritik mit¬
unter über das Ziel hinausschießt und einen philiströsen Anstrich erhält. Wir
begreifen z. B. nicht, wie Peter die Nergieichung der Stellung der Barciner
zur karthagischen Regierung mit der der Oranier zu den Generalstaaten "der
die Bezeichnung des Antiochvs Epiphanes als eines carritirten Josephs des
Zweiten bemängeln kann, da derartige Vergleiche in der That zur Aufhellung
trefflich geeignet sind; noch weniger, wie er an der Uebersetzung von xroviiroig,
durch Amt Anstoß nehmen kann, unseres Erachtens eine der genialsten Wort¬
schöpfungen, welche die neuere Zeit auszuweisen hat. Aufgefallen ist uns da¬
gegen, daß ein Vorwurf, nach unserem Bedünken der schwerste, der Mommsen
gemacht werden kann, von Peter kaum berührt worden ist: daß seine römische
Geschichte sich zu einer Vergötterung der sogenannten demokratischen (verständ¬
licher geredet, bonapartischen) Miliiärmvnarchie zuspitzt, die, mag ihr selbstsüch¬
tiger Begründer zehnmal ein Genie gewesen sein, doch die elendeste aller denk¬
baren Regierungsformen ist und bleibt: eine Vergötterung, die wir um so leb¬
hafter bedauern, je weniger uns die Quellen zu einer so trostlosen Anschauung
zu berechtigen scheinen, und je stolzer diese Blätter^ darauf find, einen Momm¬
sen zu ihren politischen Freunden zählen zu dürfen.




Die letzte HaiiMtismimllittlg des GustlNi-Adolf-Vereins.

Unter der ungewöhnlich großen Zahl der Wanderversammlungen, welche
der letztverflossene Sommer in den verschiedenen Städten deutschen Landes zu¬
sammentreten sah, nimmt die des Gesammtvercins der Gustav-Adolf-Stiftung,
welche kürzlich in Lübeck tagte, eine hervorragende Stelle ein u"d zwar auch
abgesehen von ihrer der Besprechung in d. Bl. fernliegenden kirchlichen Seite.
Der Verein prägt ein gutes Stück deutscher Eigenthümlichkeit aus, und zwar
im besten Sinne, und wenn derselbe auch nicht ein specifisch deutscher ist und
sein will, wenn er vielmehr besondern Nachdruck darauf legt, kein nationaler,
sondern ausschließlich ein evangelischer Verein zu sein und die ganze protestan¬
tische Kirche zu umfassen, so kann er doch nie den deutschen Geist vcrlciugnen,
aus dem allein er, ganz ebenso wie der Protestantismus selbst, hervorgegangen


Sachlich wird man nicht umhin können, in den meiste» Fällen Peter sieben
Mommsen Recht zu sieben, obwohl sich nickt läugnen läßt, daß seine Kritik mit¬
unter über das Ziel hinausschießt und einen philiströsen Anstrich erhält. Wir
begreifen z. B. nicht, wie Peter die Nergieichung der Stellung der Barciner
zur karthagischen Regierung mit der der Oranier zu den Generalstaaten »der
die Bezeichnung des Antiochvs Epiphanes als eines carritirten Josephs des
Zweiten bemängeln kann, da derartige Vergleiche in der That zur Aufhellung
trefflich geeignet sind; noch weniger, wie er an der Uebersetzung von xroviiroig,
durch Amt Anstoß nehmen kann, unseres Erachtens eine der genialsten Wort¬
schöpfungen, welche die neuere Zeit auszuweisen hat. Aufgefallen ist uns da¬
gegen, daß ein Vorwurf, nach unserem Bedünken der schwerste, der Mommsen
gemacht werden kann, von Peter kaum berührt worden ist: daß seine römische
Geschichte sich zu einer Vergötterung der sogenannten demokratischen (verständ¬
licher geredet, bonapartischen) Miliiärmvnarchie zuspitzt, die, mag ihr selbstsüch¬
tiger Begründer zehnmal ein Genie gewesen sein, doch die elendeste aller denk¬
baren Regierungsformen ist und bleibt: eine Vergötterung, die wir um so leb¬
hafter bedauern, je weniger uns die Quellen zu einer so trostlosen Anschauung
zu berechtigen scheinen, und je stolzer diese Blätter^ darauf find, einen Momm¬
sen zu ihren politischen Freunden zählen zu dürfen.




Die letzte HaiiMtismimllittlg des GustlNi-Adolf-Vereins.

Unter der ungewöhnlich großen Zahl der Wanderversammlungen, welche
der letztverflossene Sommer in den verschiedenen Städten deutschen Landes zu¬
sammentreten sah, nimmt die des Gesammtvercins der Gustav-Adolf-Stiftung,
welche kürzlich in Lübeck tagte, eine hervorragende Stelle ein u»d zwar auch
abgesehen von ihrer der Besprechung in d. Bl. fernliegenden kirchlichen Seite.
Der Verein prägt ein gutes Stück deutscher Eigenthümlichkeit aus, und zwar
im besten Sinne, und wenn derselbe auch nicht ein specifisch deutscher ist und
sein will, wenn er vielmehr besondern Nachdruck darauf legt, kein nationaler,
sondern ausschließlich ein evangelischer Verein zu sein und die ganze protestan¬
tische Kirche zu umfassen, so kann er doch nie den deutschen Geist vcrlciugnen,
aus dem allein er, ganz ebenso wie der Protestantismus selbst, hervorgegangen


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[0026] Sachlich wird man nicht umhin können, in den meiste» Fällen Peter sieben Mommsen Recht zu sieben, obwohl sich nickt läugnen läßt, daß seine Kritik mit¬ unter über das Ziel hinausschießt und einen philiströsen Anstrich erhält. Wir begreifen z. B. nicht, wie Peter die Nergieichung der Stellung der Barciner zur karthagischen Regierung mit der der Oranier zu den Generalstaaten »der die Bezeichnung des Antiochvs Epiphanes als eines carritirten Josephs des Zweiten bemängeln kann, da derartige Vergleiche in der That zur Aufhellung trefflich geeignet sind; noch weniger, wie er an der Uebersetzung von xroviiroig, durch Amt Anstoß nehmen kann, unseres Erachtens eine der genialsten Wort¬ schöpfungen, welche die neuere Zeit auszuweisen hat. Aufgefallen ist uns da¬ gegen, daß ein Vorwurf, nach unserem Bedünken der schwerste, der Mommsen gemacht werden kann, von Peter kaum berührt worden ist: daß seine römische Geschichte sich zu einer Vergötterung der sogenannten demokratischen (verständ¬ licher geredet, bonapartischen) Miliiärmvnarchie zuspitzt, die, mag ihr selbstsüch¬ tiger Begründer zehnmal ein Genie gewesen sein, doch die elendeste aller denk¬ baren Regierungsformen ist und bleibt: eine Vergötterung, die wir um so leb¬ hafter bedauern, je weniger uns die Quellen zu einer so trostlosen Anschauung zu berechtigen scheinen, und je stolzer diese Blätter^ darauf find, einen Momm¬ sen zu ihren politischen Freunden zählen zu dürfen. Die letzte HaiiMtismimllittlg des GustlNi-Adolf-Vereins. Unter der ungewöhnlich großen Zahl der Wanderversammlungen, welche der letztverflossene Sommer in den verschiedenen Städten deutschen Landes zu¬ sammentreten sah, nimmt die des Gesammtvercins der Gustav-Adolf-Stiftung, welche kürzlich in Lübeck tagte, eine hervorragende Stelle ein u»d zwar auch abgesehen von ihrer der Besprechung in d. Bl. fernliegenden kirchlichen Seite. Der Verein prägt ein gutes Stück deutscher Eigenthümlichkeit aus, und zwar im besten Sinne, und wenn derselbe auch nicht ein specifisch deutscher ist und sein will, wenn er vielmehr besondern Nachdruck darauf legt, kein nationaler, sondern ausschließlich ein evangelischer Verein zu sein und die ganze protestan¬ tische Kirche zu umfassen, so kann er doch nie den deutschen Geist vcrlciugnen, aus dem allein er, ganz ebenso wie der Protestantismus selbst, hervorgegangen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/26>, abgerufen am 15.01.2025.