Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.diesen Gattungen die Rede sein wird. In jenen haben wir die entschiedenen Ein Bild, von dem viel Aufhebens gemacht worden, und das, obschon von diesen Gattungen die Rede sein wird. In jenen haben wir die entschiedenen Ein Bild, von dem viel Aufhebens gemacht worden, und das, obschon von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116182"/> <p xml:id="ID_907" prev="#ID_906"> diesen Gattungen die Rede sein wird. In jenen haben wir die entschiedenen<lb/> Talente kennen gelernt, die dieser Richtung, welche die deutsche Malerei erneuern<lb/> möchte, ihren Charakter geben, Sie legen, wie bemerkt, alles Gewicht auf dan<lb/> malerische Element, mit dem sie die Idealität der Erscheinung hervorzubringes<lb/> und zugleich eine tiefere Empfindung des Lebens auszudrücken suchen. Anderer¬<lb/> seits kümmern sie sich wenig um den künstlerischen Zug der Komposition und<lb/> den Rhythmus der Linien, auch gegen die Durchbildung der Form verhalten<lb/> sie sich ziemlich gleichgültig. Sie suchen vielmehr in der Form wie in der An¬<lb/> ordnung die Wirklichkeit mit einer gewissen Einfachheit und Gewöhnlichkeit wie¬<lb/> derzugeben, so daß in die Gestaltung ein stark realistischer Zug spielt, während<lb/> andererseits durch die stimmungsvolle Hülle von Licht und Luft die Erscheinung<lb/> in eine ideale Welt entrückt wird. In diesem unvermittelter Nebeneinander<lb/> von bloßer Wirklichkeit und seelenvollem Schein zeigt sich die dunkle Gährung.<lb/> in der die ganze Richtung noch befangen ist; auf ihm beruht auch die gemischte<lb/> und ungewohnte Wirkung, welche die meisten Werke derselben machen. Dieses<lb/> Mißverhältniß kann für den Fortgang der Malerei verhängnißvoll werden. In<lb/> der malerischen Erscheinung geht man auf die höchste Vollendung aus, in der<lb/> Gestaltung dagegen auf eine gewisse heillose Natürlichkeit, in der Bewegung<lb/> und Gruppirung auf die naive Ruhe, die den Zeiten einer noch werdenden<lb/> Kunst eigenthümlich ist. So scheint es, wie wenn diese Richtung das eine<lb/> wesentliche Moment der Malerei, die Ausbildung der Form sammt der Bewegt¬<lb/> heit der Composition ganz überspringen wolle. Und doch sind und bleiben Form<lb/> und Modulation die feste Grundlage, die dem Spiel von Licht und Luft Halt<lb/> und Sicherheit gibt und ohne welche dasselbe gespensterhaft sich in schwankende<lb/> Nebelbilder verflüchtigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_908" next="#ID_909"> Ein Bild, von dem viel Aufhebens gemacht worden, und das, obschon von<lb/> einem Belgier, wohl hierher gerechnet werden darf, da ja die nationalen<lb/> Schranken der Kunst fallen sollen, ist in dieser Hinsicht sehr bezeichnend. Es<lb/> ist das Trappistenbegräbniß von C. Meunier. Ein Gegenstand, der dem mo¬<lb/> dernen Bewußtsein so fern wie möglich liegt; aber die schwermüthige Stimmung<lb/> des Vorgangs ist in dem trüben Schleier der Abenddämmerung, der die lang¬<lb/> sam und gleichförmig schreitenden Mönche in sein geheimnißvolles Dunkel hüllt,<lb/> so wirksam wiedergegeben, daß sie die Seele des' Beschauers beschleicht und un¬<lb/> vermerkt gefangen nimmt. Dabei auch hier die größte Einfachheit der Anord¬<lb/> nung und Bewegung, die möglichst der gewöhnlichen Natur genähert sind; zu¬<lb/> gleich aber eine Unsicherheit der Form, die in den Köpfen zur Flausen und<lb/> charakterlosen Einerleiheit wird und unter der Gewandung den Körper ganz<lb/> wegfallen läßt. Eine solche Anschauung führt natürlich eine einseitige Aus¬<lb/> bildung des einen Elements des Kolorits mit sich, die daher zur Manier wird;<lb/> der dämmerhafte Ton, der Alles überzieht, beeinträchtigt die Selbständigkeit der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0254]
diesen Gattungen die Rede sein wird. In jenen haben wir die entschiedenen
Talente kennen gelernt, die dieser Richtung, welche die deutsche Malerei erneuern
möchte, ihren Charakter geben, Sie legen, wie bemerkt, alles Gewicht auf dan
malerische Element, mit dem sie die Idealität der Erscheinung hervorzubringes
und zugleich eine tiefere Empfindung des Lebens auszudrücken suchen. Anderer¬
seits kümmern sie sich wenig um den künstlerischen Zug der Komposition und
den Rhythmus der Linien, auch gegen die Durchbildung der Form verhalten
sie sich ziemlich gleichgültig. Sie suchen vielmehr in der Form wie in der An¬
ordnung die Wirklichkeit mit einer gewissen Einfachheit und Gewöhnlichkeit wie¬
derzugeben, so daß in die Gestaltung ein stark realistischer Zug spielt, während
andererseits durch die stimmungsvolle Hülle von Licht und Luft die Erscheinung
in eine ideale Welt entrückt wird. In diesem unvermittelter Nebeneinander
von bloßer Wirklichkeit und seelenvollem Schein zeigt sich die dunkle Gährung.
in der die ganze Richtung noch befangen ist; auf ihm beruht auch die gemischte
und ungewohnte Wirkung, welche die meisten Werke derselben machen. Dieses
Mißverhältniß kann für den Fortgang der Malerei verhängnißvoll werden. In
der malerischen Erscheinung geht man auf die höchste Vollendung aus, in der
Gestaltung dagegen auf eine gewisse heillose Natürlichkeit, in der Bewegung
und Gruppirung auf die naive Ruhe, die den Zeiten einer noch werdenden
Kunst eigenthümlich ist. So scheint es, wie wenn diese Richtung das eine
wesentliche Moment der Malerei, die Ausbildung der Form sammt der Bewegt¬
heit der Composition ganz überspringen wolle. Und doch sind und bleiben Form
und Modulation die feste Grundlage, die dem Spiel von Licht und Luft Halt
und Sicherheit gibt und ohne welche dasselbe gespensterhaft sich in schwankende
Nebelbilder verflüchtigt.
Ein Bild, von dem viel Aufhebens gemacht worden, und das, obschon von
einem Belgier, wohl hierher gerechnet werden darf, da ja die nationalen
Schranken der Kunst fallen sollen, ist in dieser Hinsicht sehr bezeichnend. Es
ist das Trappistenbegräbniß von C. Meunier. Ein Gegenstand, der dem mo¬
dernen Bewußtsein so fern wie möglich liegt; aber die schwermüthige Stimmung
des Vorgangs ist in dem trüben Schleier der Abenddämmerung, der die lang¬
sam und gleichförmig schreitenden Mönche in sein geheimnißvolles Dunkel hüllt,
so wirksam wiedergegeben, daß sie die Seele des' Beschauers beschleicht und un¬
vermerkt gefangen nimmt. Dabei auch hier die größte Einfachheit der Anord¬
nung und Bewegung, die möglichst der gewöhnlichen Natur genähert sind; zu¬
gleich aber eine Unsicherheit der Form, die in den Köpfen zur Flausen und
charakterlosen Einerleiheit wird und unter der Gewandung den Körper ganz
wegfallen läßt. Eine solche Anschauung führt natürlich eine einseitige Aus¬
bildung des einen Elements des Kolorits mit sich, die daher zur Manier wird;
der dämmerhafte Ton, der Alles überzieht, beeinträchtigt die Selbständigkeit der
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