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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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dem wohlbestallten Redacteur der officiellen tricnter Zeitung verdankten. Alle
wurden von der Schützenvorstehung und dem FcstcomitS unter den Klängen des
aus Verona herbeigezogenen Musikchors des Regiments Benedek eingeholt, nach
dem Schießplatz geleitet und dort mit Kanonensalven begrüßt.

Da auf den 26. September die Ankunft des Erzherzogs Karl Ludwig angesagt
war, hielten die Verbündeten der Glaulienseinhett Abends vorher einen großen
Ring auf dem Rutil des Gasthofs zur "Traube". Dr. Alois Fischer schmeichelte
den Bauern mit dem Köder., daß sie die Geschichte von Tirol gemacht, Greuter
hingegen den Herren, welche stets die Leiter und Führer aller Heldenthaten der
ersteren gewesen. Am Ende kam man zum Beschluß, eine Deputation des Adels
und Klerus an den Erzherzog abzusenden, die sich gleich von vornherein seiner
Gunst versichern sollte. Der Statthalter, Feldmarschalllieutenant Graf Castig-
lione, der Landeshauptmann Kiechl und die meisten vom Landesausschuß waren
zum Empfang des Erzherzogs schon am 25. nach Kufstein vorangeeilt, die
Nachzügler Dipauli, Haßlwanter, Graf Brandes, Peer und Pfarrer Augustin
Giovanelli drängten sich, um ja nicht umgangen zu werden, zwischen die auf¬
gestellte Ehrencompagnie und die Gemeindevorstehung von Kufstein. Als nun
der Erzherzog anlangte, besichtigte er zuerst die Ehrencvmpagnie, schritt dann
inmitten des Statthalters und Grafen Castiglione, ihre tiefen Bücklinge nicht
beachtend, gerade auf den Gemeindevorsteher von Kufstein zu, besah dessen
Ehrenkette und grüßte den liberalen Dr. Pfretzschner. auf das freundlichste. Sie
erbaten sich noch eine besondere Audienz, erhielten aber den Bescheid, daß Se.
kaiserliche Hoheit gar keine Deputation annehme. Dem Bürgermeister Karl
Adam erläuterte der Erzherzog später in Innsbruck, man habe ihn früher völlig
mißverstanden: nie sei es ihm in den Sinn gekommen, die Opposition gegen
das Gesetz zu billigen, zumal sein kaiserlicher Bruder von den einmal festge¬
stellten Regierungsgrundsätzen nicht weichen wolle noch werde. Bei der Tafel,
zu der er täglich mehre ihm bekannte Herren beizvg, durfte von Politik nicht
gesprochen werden, und als er am 28. Abends alle Vertreter der größeren
Schießstände in der Hofburg bewirthete, bemerkte man Dipauli, den Schützen^
meister von Kältern, nicht unter den Gästen.

Auf der Schießstätte folgte nun eine Festlichkeit der andern. Am Vor¬
abend der großen Feier des 29. fand die Uebergabe des Ehrcnschildes der
k. k. Armee statt, welcher außer den Vertretern aller Civil- und Militärbehörden
auch der Erzherzog beiwohnte. Es war dies ein prachtvolles Kunstwerk,
worauf man wie auf jener Wehr des Peleiden ein Bild des ganzen Volks¬
und Kriegslcbens der Tiroler erblickte. In später Stunde desselben Tages
zogen auch die wiener Schützen ein, die der Vicebürgermeister Martin Meyer
"als Mitbürger eines freien constitutionellen Staates, als Oestreicher im stol¬
zesten Sinne des Wortes" begrüßte.


dem wohlbestallten Redacteur der officiellen tricnter Zeitung verdankten. Alle
wurden von der Schützenvorstehung und dem FcstcomitS unter den Klängen des
aus Verona herbeigezogenen Musikchors des Regiments Benedek eingeholt, nach
dem Schießplatz geleitet und dort mit Kanonensalven begrüßt.

Da auf den 26. September die Ankunft des Erzherzogs Karl Ludwig angesagt
war, hielten die Verbündeten der Glaulienseinhett Abends vorher einen großen
Ring auf dem Rutil des Gasthofs zur „Traube". Dr. Alois Fischer schmeichelte
den Bauern mit dem Köder., daß sie die Geschichte von Tirol gemacht, Greuter
hingegen den Herren, welche stets die Leiter und Führer aller Heldenthaten der
ersteren gewesen. Am Ende kam man zum Beschluß, eine Deputation des Adels
und Klerus an den Erzherzog abzusenden, die sich gleich von vornherein seiner
Gunst versichern sollte. Der Statthalter, Feldmarschalllieutenant Graf Castig-
lione, der Landeshauptmann Kiechl und die meisten vom Landesausschuß waren
zum Empfang des Erzherzogs schon am 25. nach Kufstein vorangeeilt, die
Nachzügler Dipauli, Haßlwanter, Graf Brandes, Peer und Pfarrer Augustin
Giovanelli drängten sich, um ja nicht umgangen zu werden, zwischen die auf¬
gestellte Ehrencompagnie und die Gemeindevorstehung von Kufstein. Als nun
der Erzherzog anlangte, besichtigte er zuerst die Ehrencvmpagnie, schritt dann
inmitten des Statthalters und Grafen Castiglione, ihre tiefen Bücklinge nicht
beachtend, gerade auf den Gemeindevorsteher von Kufstein zu, besah dessen
Ehrenkette und grüßte den liberalen Dr. Pfretzschner. auf das freundlichste. Sie
erbaten sich noch eine besondere Audienz, erhielten aber den Bescheid, daß Se.
kaiserliche Hoheit gar keine Deputation annehme. Dem Bürgermeister Karl
Adam erläuterte der Erzherzog später in Innsbruck, man habe ihn früher völlig
mißverstanden: nie sei es ihm in den Sinn gekommen, die Opposition gegen
das Gesetz zu billigen, zumal sein kaiserlicher Bruder von den einmal festge¬
stellten Regierungsgrundsätzen nicht weichen wolle noch werde. Bei der Tafel,
zu der er täglich mehre ihm bekannte Herren beizvg, durfte von Politik nicht
gesprochen werden, und als er am 28. Abends alle Vertreter der größeren
Schießstände in der Hofburg bewirthete, bemerkte man Dipauli, den Schützen^
meister von Kältern, nicht unter den Gästen.

Auf der Schießstätte folgte nun eine Festlichkeit der andern. Am Vor¬
abend der großen Feier des 29. fand die Uebergabe des Ehrcnschildes der
k. k. Armee statt, welcher außer den Vertretern aller Civil- und Militärbehörden
auch der Erzherzog beiwohnte. Es war dies ein prachtvolles Kunstwerk,
worauf man wie auf jener Wehr des Peleiden ein Bild des ganzen Volks¬
und Kriegslcbens der Tiroler erblickte. In später Stunde desselben Tages
zogen auch die wiener Schützen ein, die der Vicebürgermeister Martin Meyer
„als Mitbürger eines freien constitutionellen Staates, als Oestreicher im stol¬
zesten Sinne des Wortes" begrüßte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/188>, abgerufen am 15.01.2025.