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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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wurde, weiterhin Stüntz und Mölkau, ebenfalls Stellen, ein die sich Erinnerun¬
gen an die Schlacht knüpfen, noch weiter rechts Paunsdorf. wo die Sachsen
übertraten, und Schönfeld, wo am Mittag des 18. ein Kampf stattfand, der
zu den blutigsten Episoden dieses furchtbaren Tages zählte. Vor dem Beschauer
breitet sich die Stadt aus, die von hier gesehen sich am stattlichsten prcisentirt.
Links, etwa tausend Schritt von der Denkmalsstätte, ist. setzt durch ein kleines
Monument bezeichnet, der Punkt, wo Napoleon am Abend des 18. inne wurde,
daß die Katastrophe unabwendbar sei, und weiterhin am Horizont die waldige
Niederung zwischen Connewitz und Lindenau, wo die Oestreicher unter Giulay
vergebliche Versuche machten, die Rückzugslinie des Feindes zu forcuen. Noch
bedeutsamere Erinnerungen aber ruft der Punkt wach, den man, sich umkeh¬
rend, in der Entfernung eines Kanonenschusses vor sich hat: das Dorf Propst-
heyda. die Stirn des französischen Centrums am 18., zweimal von Preußen
und Russen mit heldenmütigster Tapferkeit gestürmt, zweimal genommen und
zweimal wieder verloren.

Als der größte Theil der einzelnen Abtheilungen des Festzugs sich vor
der hier errichteten Tribüne gesammelt und seine Fahnen aufgepflanzt, die
Sänger und die Ehrengäste jene bestiegen, begann die Feier mit einem von
den Gesangvereinen vorgetragenen Liede von Held " Der neunzehnte October".
Dann hielt der Bürgermeister Koch die Einweihungsrede, in der er mit einfachen,
aber um so wirksameren Worten als den höchsten Gewinn der Schlacht die Selbst-
Herrlichkeit des deutschen Volkes bezeichnete, zugleich aber darauf hinwies, daß die¬
selbe damals nur nach außen hin errungen worden, und daran die Mahnung knüpfte,
das Werk der Väter zu vollenden. Mit drei die Gedanken seiner Ansprache zu¬
sammenfassenden Sprüchen that er dann die weihenden Hammerschläge auf den
Grundstein, woraus die Repräsentanten der größeren festgebenden Städte und
General von Pfuel als Vertreter der Veteranen denselben symbolischen Act voll¬
zogen. Die fünf Verse eines prutzschen Festliedes beschlossen diesen Theil der Feier.
D"' Zug setzte sich wieder in Bewegung nach der Stadt, wo man das Fric-
ciusdenkmal einweihte. Dr. Joseph, Vorsitzender der leipziger Stadtverord¬
neten, hielt hier die Festrede, welche die Landwehr als Bürgerhelden feierte und
mit dem Wunsch endigte: "Die Landwehr, so wie die königsberger unter ihrem
selbstgewählten Führer Friccius war, möge öl fortbestehen als eine der kräftig¬
sten Stützen des Vaterlandes gegen dessen Feinde und als Leitstern des Männer¬
muthes und der Selbstverläugnung im Kampfe um die der Befreiung von
Fremdherrschaft gleich hohen"Güter, von Freiheit und Recht."

Darauf sprach zunächst der Bürgermeister von Königsberg einige dankende
Worte, nach denen er die einzig noch lebenden Kameraden der fricciusschen
Sturmcolonne in acht betagten Herren vorführte. Ein kurzer Dank der eben¬
falls anwesenden beiden Söhne Friccius', gesprochen von dem älteren, kurz,


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wurde, weiterhin Stüntz und Mölkau, ebenfalls Stellen, ein die sich Erinnerun¬
gen an die Schlacht knüpfen, noch weiter rechts Paunsdorf. wo die Sachsen
übertraten, und Schönfeld, wo am Mittag des 18. ein Kampf stattfand, der
zu den blutigsten Episoden dieses furchtbaren Tages zählte. Vor dem Beschauer
breitet sich die Stadt aus, die von hier gesehen sich am stattlichsten prcisentirt.
Links, etwa tausend Schritt von der Denkmalsstätte, ist. setzt durch ein kleines
Monument bezeichnet, der Punkt, wo Napoleon am Abend des 18. inne wurde,
daß die Katastrophe unabwendbar sei, und weiterhin am Horizont die waldige
Niederung zwischen Connewitz und Lindenau, wo die Oestreicher unter Giulay
vergebliche Versuche machten, die Rückzugslinie des Feindes zu forcuen. Noch
bedeutsamere Erinnerungen aber ruft der Punkt wach, den man, sich umkeh¬
rend, in der Entfernung eines Kanonenschusses vor sich hat: das Dorf Propst-
heyda. die Stirn des französischen Centrums am 18., zweimal von Preußen
und Russen mit heldenmütigster Tapferkeit gestürmt, zweimal genommen und
zweimal wieder verloren.

Als der größte Theil der einzelnen Abtheilungen des Festzugs sich vor
der hier errichteten Tribüne gesammelt und seine Fahnen aufgepflanzt, die
Sänger und die Ehrengäste jene bestiegen, begann die Feier mit einem von
den Gesangvereinen vorgetragenen Liede von Held „ Der neunzehnte October".
Dann hielt der Bürgermeister Koch die Einweihungsrede, in der er mit einfachen,
aber um so wirksameren Worten als den höchsten Gewinn der Schlacht die Selbst-
Herrlichkeit des deutschen Volkes bezeichnete, zugleich aber darauf hinwies, daß die¬
selbe damals nur nach außen hin errungen worden, und daran die Mahnung knüpfte,
das Werk der Väter zu vollenden. Mit drei die Gedanken seiner Ansprache zu¬
sammenfassenden Sprüchen that er dann die weihenden Hammerschläge auf den
Grundstein, woraus die Repräsentanten der größeren festgebenden Städte und
General von Pfuel als Vertreter der Veteranen denselben symbolischen Act voll¬
zogen. Die fünf Verse eines prutzschen Festliedes beschlossen diesen Theil der Feier.
D"' Zug setzte sich wieder in Bewegung nach der Stadt, wo man das Fric-
ciusdenkmal einweihte. Dr. Joseph, Vorsitzender der leipziger Stadtverord¬
neten, hielt hier die Festrede, welche die Landwehr als Bürgerhelden feierte und
mit dem Wunsch endigte: „Die Landwehr, so wie die königsberger unter ihrem
selbstgewählten Führer Friccius war, möge öl fortbestehen als eine der kräftig¬
sten Stützen des Vaterlandes gegen dessen Feinde und als Leitstern des Männer¬
muthes und der Selbstverläugnung im Kampfe um die der Befreiung von
Fremdherrschaft gleich hohen»Güter, von Freiheit und Recht."

Darauf sprach zunächst der Bürgermeister von Königsberg einige dankende
Worte, nach denen er die einzig noch lebenden Kameraden der fricciusschen
Sturmcolonne in acht betagten Herren vorführte. Ein kurzer Dank der eben¬
falls anwesenden beiden Söhne Friccius', gesprochen von dem älteren, kurz,


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[0179] wurde, weiterhin Stüntz und Mölkau, ebenfalls Stellen, ein die sich Erinnerun¬ gen an die Schlacht knüpfen, noch weiter rechts Paunsdorf. wo die Sachsen übertraten, und Schönfeld, wo am Mittag des 18. ein Kampf stattfand, der zu den blutigsten Episoden dieses furchtbaren Tages zählte. Vor dem Beschauer breitet sich die Stadt aus, die von hier gesehen sich am stattlichsten prcisentirt. Links, etwa tausend Schritt von der Denkmalsstätte, ist. setzt durch ein kleines Monument bezeichnet, der Punkt, wo Napoleon am Abend des 18. inne wurde, daß die Katastrophe unabwendbar sei, und weiterhin am Horizont die waldige Niederung zwischen Connewitz und Lindenau, wo die Oestreicher unter Giulay vergebliche Versuche machten, die Rückzugslinie des Feindes zu forcuen. Noch bedeutsamere Erinnerungen aber ruft der Punkt wach, den man, sich umkeh¬ rend, in der Entfernung eines Kanonenschusses vor sich hat: das Dorf Propst- heyda. die Stirn des französischen Centrums am 18., zweimal von Preußen und Russen mit heldenmütigster Tapferkeit gestürmt, zweimal genommen und zweimal wieder verloren. Als der größte Theil der einzelnen Abtheilungen des Festzugs sich vor der hier errichteten Tribüne gesammelt und seine Fahnen aufgepflanzt, die Sänger und die Ehrengäste jene bestiegen, begann die Feier mit einem von den Gesangvereinen vorgetragenen Liede von Held „ Der neunzehnte October". Dann hielt der Bürgermeister Koch die Einweihungsrede, in der er mit einfachen, aber um so wirksameren Worten als den höchsten Gewinn der Schlacht die Selbst- Herrlichkeit des deutschen Volkes bezeichnete, zugleich aber darauf hinwies, daß die¬ selbe damals nur nach außen hin errungen worden, und daran die Mahnung knüpfte, das Werk der Väter zu vollenden. Mit drei die Gedanken seiner Ansprache zu¬ sammenfassenden Sprüchen that er dann die weihenden Hammerschläge auf den Grundstein, woraus die Repräsentanten der größeren festgebenden Städte und General von Pfuel als Vertreter der Veteranen denselben symbolischen Act voll¬ zogen. Die fünf Verse eines prutzschen Festliedes beschlossen diesen Theil der Feier. D"' Zug setzte sich wieder in Bewegung nach der Stadt, wo man das Fric- ciusdenkmal einweihte. Dr. Joseph, Vorsitzender der leipziger Stadtverord¬ neten, hielt hier die Festrede, welche die Landwehr als Bürgerhelden feierte und mit dem Wunsch endigte: „Die Landwehr, so wie die königsberger unter ihrem selbstgewählten Führer Friccius war, möge öl fortbestehen als eine der kräftig¬ sten Stützen des Vaterlandes gegen dessen Feinde und als Leitstern des Männer¬ muthes und der Selbstverläugnung im Kampfe um die der Befreiung von Fremdherrschaft gleich hohen»Güter, von Freiheit und Recht." Darauf sprach zunächst der Bürgermeister von Königsberg einige dankende Worte, nach denen er die einzig noch lebenden Kameraden der fricciusschen Sturmcolonne in acht betagten Herren vorführte. Ein kurzer Dank der eben¬ falls anwesenden beiden Söhne Friccius', gesprochen von dem älteren, kurz, 22*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/179>, abgerufen am 15.01.2025.