Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.empfangen, die übrigen Kameraden aus der Zeit vor fünfzig Jahren. Es be¬ Die Welt scheint manchmal still zu stehen. Sie schien's noch vorgestern In der That.- wenn heut' ein Geist herniederstiege! Auf die Veteranen folgte unter eigner Fahne ein stattlicher Zug anderer Ein neues Musikchor, dann der leipziger Schützenbund, der die Eskorte des empfangen, die übrigen Kameraden aus der Zeit vor fünfzig Jahren. Es be¬ Die Welt scheint manchmal still zu stehen. Sie schien's noch vorgestern In der That.- wenn heut' ein Geist herniederstiege! Auf die Veteranen folgte unter eigner Fahne ein stattlicher Zug anderer Ein neues Musikchor, dann der leipziger Schützenbund, der die Eskorte des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0176" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116104"/> <p xml:id="ID_660" prev="#ID_659"> empfangen, die übrigen Kameraden aus der Zeit vor fünfzig Jahren. Es be¬<lb/> finden sich darunter mehre höhere östreichische Offiziere in Uniform, dem Ver¬<lb/> nehmen nach auch sonst noch eine ziemlich große Anzahl alter Soldaten des<lb/> Hauses Habsburg, ferner Sachsen', Thüringer und andere nichtpreußische nord¬<lb/> deutsche. Die weitüberwiegende Mehrzahl aber sind Krieger, die unter Uorks<lb/> und Blüchers Fahnen die Schlacht mitgefochten, viele darunter, die Freiwillige<lb/> gewesen sind, nicht wenige, welche das eiserne Kreuz schmückt. Und hierin und<lb/> in dem Empfang, der diesen ergrauten Helden wird, liegt meines Erachtens der<lb/> erfreulichste Zug dieses Tages.</p><lb/> <p xml:id="ID_661"> Die Welt scheint manchmal still zu stehen. Sie schien's noch vorgestern<lb/> dem bekümmerten Blick. U pur si nuove! Als Kindern wurde uns gelehrt,<lb/> diese Preußen als Missethäter zu hassen, welche „das Land gestohlen", und wir<lb/> hörten Schandlieder auf sie singen, zu schmutzig, als daß man an ihren Wortlaut<lb/> enunern dürfte. Jetzt bewirthet sie die beste Stadt Sachsens als theure Gäste,<lb/> zarte Hände überschütten sie mit Blumen, tausend und abertausend Stimmen<lb/> begrüßen sie mit dem Enthusiasmus, mit dem man Triumphatoren begrüßt,<lb/> Tausende drängen sich, ihnen Liebes und Gutes zu erweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_662"> In der That.- wenn heut' ein Geist herniederstiege!</p><lb/> <p xml:id="ID_663"> Auf die Veteranen folgte unter eigner Fahne ein stattlicher Zug anderer<lb/> alter Freiheitskämpfer- Reste des Banners freiwilliger Sachsen, die Brust ge¬<lb/> schmückt mit den Medaillen, die ihnen der Herzog von Coburg, ihr einstiger<lb/> Führer, und Rußland für ihre Betheiligung am Feldzug von 1814 verliehen.<lb/> Es hatte nicht an ihnen gelegen, daß sie nur einmal, bei der Belagerung von<lb/> Mainz, ihren Willen, an der Befreiung des Vaterlandes den Kanonen gegen¬<lb/> über mitzuwirken, bethätigen konnten, und so empfing man auch sie mit den<lb/> Ehren des Tages.</p><lb/> <p xml:id="ID_664" next="#ID_665"> Ein neues Musikchor, dann der leipziger Schützenbund, der die Eskorte des<lb/> schärpengeschmückten Festcomit6s bildete und zugleich die Ehre hatte, die berliner<lb/> Frauenfahne zu führen; hierauf die Vertreter der festgcbenden Städte, Magistratsmit-<lb/> gliedcr, Stadtverordnete und andere Notabeln, in alphabetischer Reihenfolge nach den<lb/> einzelnen Ländern geordnet. Zuerst die Repräsentanten von sechs altenburgischen<lb/> Stadtgemeinden, dann Anhaltiner, Badener, einige Bayern (aus Augsburgund Kai¬<lb/> serslautern), Braunschweiger, Bremenser, Darmstädter, Hannoveraner, Abgeordnete<lb/> aus Coburg-Gotha. Kurhessen, Detmolder, Lübecker. Mecklenburger. Meininger,<lb/> Nassauer und Oldenburger. Den Oestreichern, die nun folgten, schritten zwei wiener<lb/> Stadtweibel in Gala voran. An sie schlössen die Prußen sich an, welche nicht<lb/> weniger als neunzig Orte vertraten, und deren Hauptstadt über fünfzig Mit¬<lb/> glieder zum Städtetag gesandt hatte. Auch den Zug der Berliner eröffneten<lb/> Rathsdiener in Uniform, und nicht geringe Aufmerksamkeit erregten die gold-<lb/> nen Amtsketten, mit denen die Bürgermeister, Rathsherrn und Stadtverordneten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0176]
empfangen, die übrigen Kameraden aus der Zeit vor fünfzig Jahren. Es be¬
finden sich darunter mehre höhere östreichische Offiziere in Uniform, dem Ver¬
nehmen nach auch sonst noch eine ziemlich große Anzahl alter Soldaten des
Hauses Habsburg, ferner Sachsen', Thüringer und andere nichtpreußische nord¬
deutsche. Die weitüberwiegende Mehrzahl aber sind Krieger, die unter Uorks
und Blüchers Fahnen die Schlacht mitgefochten, viele darunter, die Freiwillige
gewesen sind, nicht wenige, welche das eiserne Kreuz schmückt. Und hierin und
in dem Empfang, der diesen ergrauten Helden wird, liegt meines Erachtens der
erfreulichste Zug dieses Tages.
Die Welt scheint manchmal still zu stehen. Sie schien's noch vorgestern
dem bekümmerten Blick. U pur si nuove! Als Kindern wurde uns gelehrt,
diese Preußen als Missethäter zu hassen, welche „das Land gestohlen", und wir
hörten Schandlieder auf sie singen, zu schmutzig, als daß man an ihren Wortlaut
enunern dürfte. Jetzt bewirthet sie die beste Stadt Sachsens als theure Gäste,
zarte Hände überschütten sie mit Blumen, tausend und abertausend Stimmen
begrüßen sie mit dem Enthusiasmus, mit dem man Triumphatoren begrüßt,
Tausende drängen sich, ihnen Liebes und Gutes zu erweisen.
In der That.- wenn heut' ein Geist herniederstiege!
Auf die Veteranen folgte unter eigner Fahne ein stattlicher Zug anderer
alter Freiheitskämpfer- Reste des Banners freiwilliger Sachsen, die Brust ge¬
schmückt mit den Medaillen, die ihnen der Herzog von Coburg, ihr einstiger
Führer, und Rußland für ihre Betheiligung am Feldzug von 1814 verliehen.
Es hatte nicht an ihnen gelegen, daß sie nur einmal, bei der Belagerung von
Mainz, ihren Willen, an der Befreiung des Vaterlandes den Kanonen gegen¬
über mitzuwirken, bethätigen konnten, und so empfing man auch sie mit den
Ehren des Tages.
Ein neues Musikchor, dann der leipziger Schützenbund, der die Eskorte des
schärpengeschmückten Festcomit6s bildete und zugleich die Ehre hatte, die berliner
Frauenfahne zu führen; hierauf die Vertreter der festgcbenden Städte, Magistratsmit-
gliedcr, Stadtverordnete und andere Notabeln, in alphabetischer Reihenfolge nach den
einzelnen Ländern geordnet. Zuerst die Repräsentanten von sechs altenburgischen
Stadtgemeinden, dann Anhaltiner, Badener, einige Bayern (aus Augsburgund Kai¬
serslautern), Braunschweiger, Bremenser, Darmstädter, Hannoveraner, Abgeordnete
aus Coburg-Gotha. Kurhessen, Detmolder, Lübecker. Mecklenburger. Meininger,
Nassauer und Oldenburger. Den Oestreichern, die nun folgten, schritten zwei wiener
Stadtweibel in Gala voran. An sie schlössen die Prußen sich an, welche nicht
weniger als neunzig Orte vertraten, und deren Hauptstadt über fünfzig Mit¬
glieder zum Städtetag gesandt hatte. Auch den Zug der Berliner eröffneten
Rathsdiener in Uniform, und nicht geringe Aufmerksamkeit erregten die gold-
nen Amtsketten, mit denen die Bürgermeister, Rathsherrn und Stadtverordneten
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