Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Gegensätze, unwiderstehliche Nothwendigkeiten, einen weiter entwickelten Libera¬ Ein Damenpensionat im Staat Mississippi. 1. Wie ich Professor dreier schönen Künste wurde. Das Folgende ist Wahrheit, wie sie ein treues Gedächtniß aufbewahrt, Mit philologischen und juristischen Kenntnissen, sowie mit einem anstän¬ "Das ist," sagte er, "eine ganz vortreffliche Stelle^ die Du unbedingt Vor Erstaunen anfangs sprachlos, blickte ich ihm eine Zeit lang ins Ge¬ Die erwähnte niederschlagende Erfahrung hatte ich nämlich gemacht, als Gegensätze, unwiderstehliche Nothwendigkeiten, einen weiter entwickelten Libera¬ Ein Damenpensionat im Staat Mississippi. 1. Wie ich Professor dreier schönen Künste wurde. Das Folgende ist Wahrheit, wie sie ein treues Gedächtniß aufbewahrt, Mit philologischen und juristischen Kenntnissen, sowie mit einem anstän¬ „Das ist," sagte er, „eine ganz vortreffliche Stelle^ die Du unbedingt Vor Erstaunen anfangs sprachlos, blickte ich ihm eine Zeit lang ins Ge¬ Die erwähnte niederschlagende Erfahrung hatte ich nämlich gemacht, als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116088"/> <p xml:id="ID_582" prev="#ID_581"> Gegensätze, unwiderstehliche Nothwendigkeiten, einen weiter entwickelten Libera¬<lb/> lismus, eine thätigere Volkskraft. Und wenn die Preußen jetzt selbst mann¬<lb/> haft thun, was ihre Pflicht ist, so mögen sie getrost einem geneigten Schicksal<lb/> und der Zukunft ihres Staates vertrauen. Denn daß der Fürst, den sie dem<lb/> wahrscheinlichen Lauf der Dinge nach zu erwarten haben, in solcher Zeit zum<lb/> Manne gehärtet wird, das vermag dereinst mehr als einzudringen, was jetzt<lb/> verloren wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ein Damenpensionat im Staat Mississippi.<lb/> 1. Wie ich Professor dreier schönen Künste wurde. </head><lb/> <p xml:id="ID_583"> Das Folgende ist Wahrheit, wie sie ein treues Gedächtniß aufbewahrt,<lb/> nichts von Dichtung darin. Das Bild mag eine Carrikatur sein, aber ich<lb/> kann nichts dafür.</p><lb/> <p xml:id="ID_584"> Mit philologischen und juristischen Kenntnissen, sowie mit einem anstän¬<lb/> digen Fonds deutscher Gewissenhaftigkeit ausgestattet, betrat ich vor sechsthalb<lb/> Jahren die neue Welt, und siehe da, zu meinem nicht geringen Erstaunen fand<lb/> ich drei verschiedene Professuren der schönen Künste, die sich in meiner Person<lb/> vereinigen sollten, bereits für mich zugeschnitten. Kaum war ich nämlich in<lb/> Philadelphia angekommen, als mein Freund K. mit freudestrahlendem Gesicht<lb/> in mein bescheidnes Dachstübchen trat, um mir die ebenso überraschende, als<lb/> erfreuliche Meldung zu machen, daß der Principal eines bedeutenden Damen¬<lb/> institutes zu Macon im Staat Mississippi anwesend sei, um einen deutschen<lb/> Professor für Malerei, Zeichnenkunst und Musik.anzuwerben.</p><lb/> <p xml:id="ID_585"> „Das ist," sagte er, „eine ganz vortreffliche Stelle^ die Du unbedingt<lb/> annehmen must."</p><lb/> <p xml:id="ID_586"> Vor Erstaunen anfangs sprachlos, blickte ich ihm eine Zeit lang ins Ge¬<lb/> sicht; der Ernst seiner Mienen überzeugte mich jedoch bald, daß er durchaus<lb/> nicht scherzte. „Lieber Freund," erwiderte ich daher ablehnend, „ich habe<lb/> ja in meinem ganzen Leben keinen Pinsel in der Hand gehabt. Gezeichnet<lb/> habe ich zwar vor fünfundzwanzig Jahren auf der Schule bisweilen einen<lb/> Kopf; aber selbst das ist längst schon vollständig wieder verlernt. Und dann<lb/> was Musik betrifft, so habe ich heute mit Betrübniß bemerkt', daß ich nicht<lb/> einmal die Noten mehr recht kenne; und seit mindestens fünfzehn Jahren habe<lb/> ich keine Taste angerührt."</p><lb/> <p xml:id="ID_587" next="#ID_588"> Die erwähnte niederschlagende Erfahrung hatte ich nämlich gemacht, als<lb/> ich mich auf einem Piano, das ich im Kosthause vorfand, ein wenig versuchte.<lb/> Dabei hatte ich mir jedoch vermöge meines guten Gedächtnisses die ersten bei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0160]
Gegensätze, unwiderstehliche Nothwendigkeiten, einen weiter entwickelten Libera¬
lismus, eine thätigere Volkskraft. Und wenn die Preußen jetzt selbst mann¬
haft thun, was ihre Pflicht ist, so mögen sie getrost einem geneigten Schicksal
und der Zukunft ihres Staates vertrauen. Denn daß der Fürst, den sie dem
wahrscheinlichen Lauf der Dinge nach zu erwarten haben, in solcher Zeit zum
Manne gehärtet wird, das vermag dereinst mehr als einzudringen, was jetzt
verloren wird.
Ein Damenpensionat im Staat Mississippi.
1. Wie ich Professor dreier schönen Künste wurde.
Das Folgende ist Wahrheit, wie sie ein treues Gedächtniß aufbewahrt,
nichts von Dichtung darin. Das Bild mag eine Carrikatur sein, aber ich
kann nichts dafür.
Mit philologischen und juristischen Kenntnissen, sowie mit einem anstän¬
digen Fonds deutscher Gewissenhaftigkeit ausgestattet, betrat ich vor sechsthalb
Jahren die neue Welt, und siehe da, zu meinem nicht geringen Erstaunen fand
ich drei verschiedene Professuren der schönen Künste, die sich in meiner Person
vereinigen sollten, bereits für mich zugeschnitten. Kaum war ich nämlich in
Philadelphia angekommen, als mein Freund K. mit freudestrahlendem Gesicht
in mein bescheidnes Dachstübchen trat, um mir die ebenso überraschende, als
erfreuliche Meldung zu machen, daß der Principal eines bedeutenden Damen¬
institutes zu Macon im Staat Mississippi anwesend sei, um einen deutschen
Professor für Malerei, Zeichnenkunst und Musik.anzuwerben.
„Das ist," sagte er, „eine ganz vortreffliche Stelle^ die Du unbedingt
annehmen must."
Vor Erstaunen anfangs sprachlos, blickte ich ihm eine Zeit lang ins Ge¬
sicht; der Ernst seiner Mienen überzeugte mich jedoch bald, daß er durchaus
nicht scherzte. „Lieber Freund," erwiderte ich daher ablehnend, „ich habe
ja in meinem ganzen Leben keinen Pinsel in der Hand gehabt. Gezeichnet
habe ich zwar vor fünfundzwanzig Jahren auf der Schule bisweilen einen
Kopf; aber selbst das ist längst schon vollständig wieder verlernt. Und dann
was Musik betrifft, so habe ich heute mit Betrübniß bemerkt', daß ich nicht
einmal die Noten mehr recht kenne; und seit mindestens fünfzehn Jahren habe
ich keine Taste angerührt."
Die erwähnte niederschlagende Erfahrung hatte ich nämlich gemacht, als
ich mich auf einem Piano, das ich im Kosthause vorfand, ein wenig versuchte.
Dabei hatte ich mir jedoch vermöge meines guten Gedächtnisses die ersten bei-
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