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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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dem päpstlichen Stuhl alle Creatur, geistliche und weltliche Unterthan sein müsse.
Zwei Gewalten gebe es, die weltliche und die geistliche; letzterer stehe es zu, die
erstere einzusetzen und zu verurtheilen, wenn sie nicht gut ausgeübt werde;
denn im Jeremias flehe geschrieben: Sieh ich habe Dich gestellt heute über
Stämme und Königreiche. Wenn die weltliche Gewalt vom Pfade des Rechts
abweiche, werde sie von der geistlichen gerichtet^ wenn aber die geistliche, allein
von Gott, nicht von einem Menschen; denn der Apostel schreibe: Der geistliche
Mensch richtet Alles, er selbst aber wird von Niemand gerichtet. Wer zwei
gleichberechtigte Gewalten annehme, oder die weltliche der geistlichen coordinire,
der sei ein Ketzer oder ein Manichäer. da er ja zwei Principien annehme; die
manichäische Häresie sei aber schon von Moses verworfen; denn Gen. 1, 1 stehe
geschrieben: in prinoixio, lion irr xrinoixiis coelum vsus creg-vit öde So
ist zu lesen in der Bulle Ilnam LWetirm.

Clemens der Fünfte lag mit den Venetianern in Streit wegen Heraus¬
gabe der Stadt Ferrara, die er zum Kirchenstaate rechnete; da sie dieselbe ver¬
weigern, erläßt er eine Bulle gegen sie, in der sämmtliche Venetianer zur Skla¬
verei verurtheilt und für vogelfrei erklärt werden, so daß jeder, der sich eines Bene-
tianers bemächtigen könne, ihn ausplündern und zu seinem Sklaven machen dürfe.

Innocenz der Achte erläßt im Jahre 1484 jene berüchtigte Bulle über den
Hexenproceß, worin er die Unterscheidung von üaemones ineubi et sudcmdi
förmlich constatirt, und den Inquisitoren ihre Folterstrafen gegen die Opfer
dieses unsinnigsten Wahnes, der also hier in einer päpstlichen Bulle sanctionirt
wurde, anzuwenden den Auftrag gibt.

Paul des Vierten Bulle eum ex "postolaws okkeiv verordnet 1566 mit
Unterschrift der Cardinäle, daß wenn ein Papst oder Kaiser oder Bischof:c.
vom Glauben abweichen sollte, derselbe dadurch unfähig werde, irgend ein Amt aus¬
zuüben oder zu übernehmen, und Alles, was ein solcher thue, solle nichtig und
ungiltig sein. -- Welcher Anhänger der Jnfallibilitätstheorie hält diese Be¬
stimmungen für richtig und bindend, und sollte er auch ein noch so großer aäu-
lator ourias romans." sein!

Man hat schon öfter die Jndexcongregation mit der alten Inquisition ver¬
glichen, und nicht unpassend. Wie jene in ihrer Thätigkeit von der Denun¬
ciation und einer geheimen Anzeigern bedingt war, so ist auch die Jndexcongre¬
gation bei der Ausübung ihres Amtes auf geheime Angeber angewiesen.

Die Denunciation wird beim Secretär der Kongregation, der Regel nach
einem Dominikaner, angebracht. Dieser übergibt, die verdächtige Schrift einigen
Referenten oder auch Räthen zur Prüfung.

Die Kriterien, nqch denen diese entscheiden, sind folgende: Der Autor eines
Buches kann sich der Unkirchlichkeit und eines Jndexurthcils schuldig machen in
Folge einer


dem päpstlichen Stuhl alle Creatur, geistliche und weltliche Unterthan sein müsse.
Zwei Gewalten gebe es, die weltliche und die geistliche; letzterer stehe es zu, die
erstere einzusetzen und zu verurtheilen, wenn sie nicht gut ausgeübt werde;
denn im Jeremias flehe geschrieben: Sieh ich habe Dich gestellt heute über
Stämme und Königreiche. Wenn die weltliche Gewalt vom Pfade des Rechts
abweiche, werde sie von der geistlichen gerichtet^ wenn aber die geistliche, allein
von Gott, nicht von einem Menschen; denn der Apostel schreibe: Der geistliche
Mensch richtet Alles, er selbst aber wird von Niemand gerichtet. Wer zwei
gleichberechtigte Gewalten annehme, oder die weltliche der geistlichen coordinire,
der sei ein Ketzer oder ein Manichäer. da er ja zwei Principien annehme; die
manichäische Häresie sei aber schon von Moses verworfen; denn Gen. 1, 1 stehe
geschrieben: in prinoixio, lion irr xrinoixiis coelum vsus creg-vit öde So
ist zu lesen in der Bulle Ilnam LWetirm.

Clemens der Fünfte lag mit den Venetianern in Streit wegen Heraus¬
gabe der Stadt Ferrara, die er zum Kirchenstaate rechnete; da sie dieselbe ver¬
weigern, erläßt er eine Bulle gegen sie, in der sämmtliche Venetianer zur Skla¬
verei verurtheilt und für vogelfrei erklärt werden, so daß jeder, der sich eines Bene-
tianers bemächtigen könne, ihn ausplündern und zu seinem Sklaven machen dürfe.

Innocenz der Achte erläßt im Jahre 1484 jene berüchtigte Bulle über den
Hexenproceß, worin er die Unterscheidung von üaemones ineubi et sudcmdi
förmlich constatirt, und den Inquisitoren ihre Folterstrafen gegen die Opfer
dieses unsinnigsten Wahnes, der also hier in einer päpstlichen Bulle sanctionirt
wurde, anzuwenden den Auftrag gibt.

Paul des Vierten Bulle eum ex »postolaws okkeiv verordnet 1566 mit
Unterschrift der Cardinäle, daß wenn ein Papst oder Kaiser oder Bischof:c.
vom Glauben abweichen sollte, derselbe dadurch unfähig werde, irgend ein Amt aus¬
zuüben oder zu übernehmen, und Alles, was ein solcher thue, solle nichtig und
ungiltig sein. — Welcher Anhänger der Jnfallibilitätstheorie hält diese Be¬
stimmungen für richtig und bindend, und sollte er auch ein noch so großer aäu-
lator ourias romans.« sein!

Man hat schon öfter die Jndexcongregation mit der alten Inquisition ver¬
glichen, und nicht unpassend. Wie jene in ihrer Thätigkeit von der Denun¬
ciation und einer geheimen Anzeigern bedingt war, so ist auch die Jndexcongre¬
gation bei der Ausübung ihres Amtes auf geheime Angeber angewiesen.

Die Denunciation wird beim Secretär der Kongregation, der Regel nach
einem Dominikaner, angebracht. Dieser übergibt, die verdächtige Schrift einigen
Referenten oder auch Räthen zur Prüfung.

Die Kriterien, nqch denen diese entscheiden, sind folgende: Der Autor eines
Buches kann sich der Unkirchlichkeit und eines Jndexurthcils schuldig machen in
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/154>, abgerufen am 15.01.2025.