Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Da Hardenberg sich redlich und nicht ohne Erfolg für Oestreich bemüht, Hardenberg versuchte, sich aus den Schwierigkeiten, in die er theils Dieser Versuch, das Herz der Oestreicher zu rühren, war in diesem Augenblicke Wirkung bei der beabsichtigten Vernichtung Preußens zugesagten Marke" zu acceptiren. Man
lasse also die tugendhafte Entrüstung zu Hause und nenne, wenn jener Vasall Napoleons durchaus der Gerechte bleiben soll, anch die ihn" für seine Gerechtigkeit von 1807 und 1813 widcrfahrne Behandlung eine gerechte. Da Hardenberg sich redlich und nicht ohne Erfolg für Oestreich bemüht, Hardenberg versuchte, sich aus den Schwierigkeiten, in die er theils Dieser Versuch, das Herz der Oestreicher zu rühren, war in diesem Augenblicke Wirkung bei der beabsichtigten Vernichtung Preußens zugesagten Marke» zu acceptiren. Man
lasse also die tugendhafte Entrüstung zu Hause und nenne, wenn jener Vasall Napoleons durchaus der Gerechte bleiben soll, anch die ihn« für seine Gerechtigkeit von 1807 und 1813 widcrfahrne Behandlung eine gerechte. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0138" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116066"/> <p xml:id="ID_486"> Da Hardenberg sich redlich und nicht ohne Erfolg für Oestreich bemüht,<lb/> so mußte es ihn überraschen, daß er dafür von Metternich nur Vorwürfe er¬<lb/> hielt. Indeß war die Unzufriedenheit des östreichischen Staatskanzlers mit ihm<lb/> nur eine erheuchelte und lediglich vorgegeben, um eine schon beschlossene neue<lb/> Wendung in der Politik Oestreichs einzuleiten, welche Wendung sich in den<lb/> unmittelbar nach jenen Vorwürfen gegen Adam Czartorhsti geäußerten Worten<lb/> Metternichs ankündigte: man sei im Ganzen mit der russischen Erklärung über<lb/> Polen Zufrieden; in Betreff Sachsens müsse man indeß darauf bestehen, daß<lb/> ein Theil des Landes seinem König zurückgegeben würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_487"> Hardenberg versuchte, sich aus den Schwierigkeiten, in die er theils<lb/> durch die Gutmüthigkeit seines Königs dem Kaiser Alexander gegenüber,<lb/> theils durch die Nachlässigkeit, mit der er versäumt, sich in früheren Ver¬<lb/> trägen für aufgegebene Ansprüche bestimmten Ersatz garantiren zu lassen, ge¬<lb/> rathen war, durch einen Schritt herauszuhelfen, den man nur einen höchst<lb/> unglücklichen, ja geradezu als unbegreiflich bezeichnen kann. Er schrieb am<lb/> 3. December an Metternich jenes berühmt gewordene Billet, in welchem er mit<lb/> den Worten: „Nelken Sie Preußen aus seinem gegenwärtigen Zustande!" sich<lb/> als Schutzflehcnden auf Gnade und Ungnade in die Arme Oestreichs warf. Das<lb/> Schreiben schloß mit einer Appellation an den Kaiser Franz, in welchem der<lb/> Bittsteller „die Geradheit, die Aufrichtigkeit, die Gerechtigkeit selbst" erblicken<lb/> wollte, und dem er — man meint in der That statt eines bejahrten Welt¬<lb/> mannes einen sentimentalen Obertertianer reden zu hören — zuguderletzt fol¬<lb/> gende Verse aus dem „Rheinischen Mercur" zu beherzigen gab:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_1" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_488" next="#ID_489"> Dieser Versuch, das Herz der Oestreicher zu rühren, war in diesem Augenblicke<lb/> aber ganz besonders am unrechten Orte, da Metternich und Castlereagh jetzt<lb/> fast ganz dem Einfluß Talleyrands verfallen waren. Unter dessen Leitung hatte<lb/> sich die englische Politik in das gerade Gegentheil dessen verwandelt, was sie<lb/> früher gewesen, während die östreichische, vorher unsicher umheriastcnd, jetzt</p><lb/> <note xml:id="FID_16" prev="#FID_15" place="foot"> Wirkung bei der beabsichtigten Vernichtung Preußens zugesagten Marke» zu acceptiren. Man<lb/> lasse also die tugendhafte Entrüstung zu Hause und nenne, wenn jener Vasall Napoleons<lb/> durchaus der Gerechte bleiben soll, anch die ihn« für seine Gerechtigkeit von 1807 und 1813<lb/> widcrfahrne Behandlung eine gerechte.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0138]
Da Hardenberg sich redlich und nicht ohne Erfolg für Oestreich bemüht,
so mußte es ihn überraschen, daß er dafür von Metternich nur Vorwürfe er¬
hielt. Indeß war die Unzufriedenheit des östreichischen Staatskanzlers mit ihm
nur eine erheuchelte und lediglich vorgegeben, um eine schon beschlossene neue
Wendung in der Politik Oestreichs einzuleiten, welche Wendung sich in den
unmittelbar nach jenen Vorwürfen gegen Adam Czartorhsti geäußerten Worten
Metternichs ankündigte: man sei im Ganzen mit der russischen Erklärung über
Polen Zufrieden; in Betreff Sachsens müsse man indeß darauf bestehen, daß
ein Theil des Landes seinem König zurückgegeben würde.
Hardenberg versuchte, sich aus den Schwierigkeiten, in die er theils
durch die Gutmüthigkeit seines Königs dem Kaiser Alexander gegenüber,
theils durch die Nachlässigkeit, mit der er versäumt, sich in früheren Ver¬
trägen für aufgegebene Ansprüche bestimmten Ersatz garantiren zu lassen, ge¬
rathen war, durch einen Schritt herauszuhelfen, den man nur einen höchst
unglücklichen, ja geradezu als unbegreiflich bezeichnen kann. Er schrieb am
3. December an Metternich jenes berühmt gewordene Billet, in welchem er mit
den Worten: „Nelken Sie Preußen aus seinem gegenwärtigen Zustande!" sich
als Schutzflehcnden auf Gnade und Ungnade in die Arme Oestreichs warf. Das
Schreiben schloß mit einer Appellation an den Kaiser Franz, in welchem der
Bittsteller „die Geradheit, die Aufrichtigkeit, die Gerechtigkeit selbst" erblicken
wollte, und dem er — man meint in der That statt eines bejahrten Welt¬
mannes einen sentimentalen Obertertianer reden zu hören — zuguderletzt fol¬
gende Verse aus dem „Rheinischen Mercur" zu beherzigen gab:
Dieser Versuch, das Herz der Oestreicher zu rühren, war in diesem Augenblicke
aber ganz besonders am unrechten Orte, da Metternich und Castlereagh jetzt
fast ganz dem Einfluß Talleyrands verfallen waren. Unter dessen Leitung hatte
sich die englische Politik in das gerade Gegentheil dessen verwandelt, was sie
früher gewesen, während die östreichische, vorher unsicher umheriastcnd, jetzt
Wirkung bei der beabsichtigten Vernichtung Preußens zugesagten Marke» zu acceptiren. Man
lasse also die tugendhafte Entrüstung zu Hause und nenne, wenn jener Vasall Napoleons
durchaus der Gerechte bleiben soll, anch die ihn« für seine Gerechtigkeit von 1807 und 1813
widcrfahrne Behandlung eine gerechte.
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