Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.Juden, wobei nur die gerechnet sind, welche unter türkischen Gesetzen stehen. Ebenfalls sehr starke Judengemeinden bestehen in Adrianopel, in Brussa, Grenzboten III, 18S3. 9
Juden, wobei nur die gerechnet sind, welche unter türkischen Gesetzen stehen. Ebenfalls sehr starke Judengemeinden bestehen in Adrianopel, in Brussa, Grenzboten III, 18S3. 9
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Juden, wobei nur die gerechnet sind, welche unter türkischen Gesetzen stehen.
Sie wohnen in der ganzen Stadt zerstreut, besonders aber in den Vorstädten
Balat und Chasköi. Man trifft einige sehr reiche Kaufleute unter ihnen, die
Meisten aber befinden sich in dürftigen Verhältnissen. In sehr großer Zahl
Handwerker. zeigen sie Vorliebe besonders für das Gewerbe des Klempners und
des Buchbinders, gegen 900 sind Fischer, gegen 700 Barbiere, gegen 600 Gast¬
wirthe, je 500 widmen sich den Beschäftigungen von Schneidern, Musikanten,
Pvsamcntirern und Aerzten, über 400 sind Nagclschmiede, Die große Mehrzahl
sind Sephardim und ihrer Sekte nach Nabbanitcn, d. h. Anhänger des Talmud.
Karaiten, die wie die Sadducäer die Tradition verwerfen, und mit den übrigen
Juden keinen Verkehr unterhalten, finden sich in Konstantinopel etwa 250.
Ebenfalls sehr starke Judengemeinden bestehen in Adrianopel, in Brussa,
in Salvnik und in Smyrna. Die letztgenannte Stadt hat unter ihren 120,000
Einwohnern nicht weniger als 15,000 Israeliten, die aus dem Süden und
Westen eingewandert, seit nahezu dreihundert Jahren eine Gemeinde nach sephare-
discbem Ritus bilden und unter einander sich der spanischen Sprache bedienen.
In Brussa leben circa 1,600 Juden spanischer Abstammung,, die größtentheils
Seidenweber, Pvsamentirer und Blechschmiede sind. Verhältnißmäßig die meisten
Juden unter allen Städten der Türkei hat Salonik in Macedonien, indem es
deren bei einer Gesammteinwohnerzahl von circa 80,000 Seelen gegen 18,000
aufweist. Dieselben leben nichl wie in den vorhin genannten Städten vor¬
wiegend von Handwerken, sondern von Handelsgeschäften und sind großentheils
in sehr dürftigen Umständen. Ihr Ritus und ihre Sprache sind spanisch. Eine,
eigenthümliche Erscheinung unter ihnen sind die Manini oder Minim, die dem
äußern Auftreten nach als Mohammedaner erscheinen und auch die Vorrechte
der Moslemin genießen, aber insgeheim jüdischem Glauben und Brauch hul¬
digen und die man für Reste der Sekte hält, welche der Pseudomessias Saba-
tai Zahl, ein Jude von Smyrna. in der zweiten Hälfte des siebzchnrcn Jahr¬
hunderts stiftete. Sie zerfallen in drei verschiedene Gemeinden, die sich gegen¬
seitig ebenso hassen und befehden wie die Moslemin und die eigentlichen Juden.
Zwei von diesen Gemeinden oder Sekten unterscheiden sich durch ihre Namen;
sie nennen sich, vermuthlich nach ihren Gründern, Cavagliervs und Cognos.
Die letztere studirt besonders fleißig jüdische Schriften und hegt namentlich vor
dem Buche Zoar, große Verehrung. Sie heirathen nur unter einander, ent¬
halten sich des Weines und aller berauschenden Getränke, bewahren streng ihre
religiösen Geheimnisse und strafen solche, die sich des Ausplauverns derselben
schuldig machen, dem Vernehmen nach mit dem Tode. Der Oberrabbiner von
Salonik dehnt seine Macht auch auf die kleinern Nachbargemeinden von Seres
Belolia und Donau Skopia, ja bis nach Larissa, Trikala und Janina aus,
in weichen Orten ebenfalls zahlreiche Juden angesiedelt sind.
Grenzboten III, 18S3. 9
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