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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Hippe! folgte während des Krieges dem Staatskanzler zuerst nach Dresden,
wo er eine Zusammenkunft mit seinem Jugendfreunde Hoffmann hatte, dann
nach Schlesien. Am 14. oder 13. Mai erhielt er den Auftrag, mit einer Ueber¬
sicht aller östreichischen Streitkräfte und ihrer künftigen Aufstellung sich zu
Blücher und Gneisenau zu begeben, ihnen die Zusicherung des nahen Bei¬
tritts Oestreichs zur Allianz zwischen Preußen und Nußland zu überbringen
und sich über die Stimmung der Truppen Gewißheit zu verschaffen, denen
eine neue Schlacht zugemuthet werden sollte, um Oestreich zu zeigen, daß Preu¬
ßen noch nicht überwunden sei. Gneisenau und Clausewitz waren für eine
solche Schlacht, das russische Hauptquartier stimmte bei, und so folgten die
Kämpfe bei Barchen und Wurschen, denen Hippel als Augenzeuge und Bericht¬
erstatter beiwohnte. Auf dem Rückzüge schrieb er in Berthelsdorf bei Lauban
eine Ergänzung zu den Verordnungen über Landwehr und Landsturm. Wäh¬
rend des darauffolgenden Waffenstillstandes war er angestrengt thätig. Es war
die Ausrüstung der Truppen, vorzüglich der Landwehr, zu vollenden, die dazu
nöthigen englischen Subsidien waren in Fluß zu bringen, die Vereinigung mit
Oestreich mußte gefördert werden. Man hatte auf zahlreiche Schreiben von Be¬
hörden um Auskunft und Hülfe Antwort zu ertheilen, um nirgends Entmuthi-
gung Platz greifen zu lassen. Man mußte endlich die Thatendurstigen be¬
schwichtigen, welche Aufhebung der Waffenruhe forderten.

Besonders bezeichnend für die Denkart Hippels ist von seinen hierher be¬
züglichen Arbeiten ein Aufsatz vom 6. Juni, in welchem er sich gegen eine
sonst nicht bekannte Auseinandersetzung Scharnwebers erklärte. Derselbe wurde
dem Staatskanzler übergeben und beweist deutlich, wie unterrichtet der Ver¬
fasser war, und wie klar er über die Mittel damaliger Kriegführung dachte.
Mit großer Sachkenntniß setzt er die finanzielle Seite des Gegenstandes aus¬
einander. Sehr richtig sagt er, "der Krieg kann nur glücklich enden als ein
Volkskrieg, wie ihn die Niederländer, die Schweizer, die Tiroler und die Grie¬
chen führten; als Krieg gewöhnlicher Art kann er uns nur völlig verderben."
Und mit goldenen, noch heute für ähnliche Verhältnisse giltigen (in ihrem Schlu߬
sätze für alle Verhältnisse und ganz besonders den heutigen Machthabern in
Berlin gegenüber giltigen. D. Red.) Worten bemerkt er, nachdem er sich gegen
eine lange Dauer des Waffenstillstandes als eine verderbliche ausgesprochen:
"Nur zwei Dinge gibt es, Geld zu schaffen, die Truppen zu ernähren, zu be¬
kleiden und zu ergänzen. Sie bestehen darin: daß man es möglich macht, die
Nation über die jetzige Lage der Dinge zu belehren und zu beruhigen, ihr
volles Vertrauen wieder einzuflößen. Mit der Nation ist Alles möglich,
ohne sie nichts."

Fernere Beispiele für die Thätigkeit Hippels nach allen diesen Seiten hin
sind die Briefe, welche unsere Schrift aus dieser Periode mittheilt, und von


Hippe! folgte während des Krieges dem Staatskanzler zuerst nach Dresden,
wo er eine Zusammenkunft mit seinem Jugendfreunde Hoffmann hatte, dann
nach Schlesien. Am 14. oder 13. Mai erhielt er den Auftrag, mit einer Ueber¬
sicht aller östreichischen Streitkräfte und ihrer künftigen Aufstellung sich zu
Blücher und Gneisenau zu begeben, ihnen die Zusicherung des nahen Bei¬
tritts Oestreichs zur Allianz zwischen Preußen und Nußland zu überbringen
und sich über die Stimmung der Truppen Gewißheit zu verschaffen, denen
eine neue Schlacht zugemuthet werden sollte, um Oestreich zu zeigen, daß Preu¬
ßen noch nicht überwunden sei. Gneisenau und Clausewitz waren für eine
solche Schlacht, das russische Hauptquartier stimmte bei, und so folgten die
Kämpfe bei Barchen und Wurschen, denen Hippel als Augenzeuge und Bericht¬
erstatter beiwohnte. Auf dem Rückzüge schrieb er in Berthelsdorf bei Lauban
eine Ergänzung zu den Verordnungen über Landwehr und Landsturm. Wäh¬
rend des darauffolgenden Waffenstillstandes war er angestrengt thätig. Es war
die Ausrüstung der Truppen, vorzüglich der Landwehr, zu vollenden, die dazu
nöthigen englischen Subsidien waren in Fluß zu bringen, die Vereinigung mit
Oestreich mußte gefördert werden. Man hatte auf zahlreiche Schreiben von Be¬
hörden um Auskunft und Hülfe Antwort zu ertheilen, um nirgends Entmuthi-
gung Platz greifen zu lassen. Man mußte endlich die Thatendurstigen be¬
schwichtigen, welche Aufhebung der Waffenruhe forderten.

Besonders bezeichnend für die Denkart Hippels ist von seinen hierher be¬
züglichen Arbeiten ein Aufsatz vom 6. Juni, in welchem er sich gegen eine
sonst nicht bekannte Auseinandersetzung Scharnwebers erklärte. Derselbe wurde
dem Staatskanzler übergeben und beweist deutlich, wie unterrichtet der Ver¬
fasser war, und wie klar er über die Mittel damaliger Kriegführung dachte.
Mit großer Sachkenntniß setzt er die finanzielle Seite des Gegenstandes aus¬
einander. Sehr richtig sagt er, „der Krieg kann nur glücklich enden als ein
Volkskrieg, wie ihn die Niederländer, die Schweizer, die Tiroler und die Grie¬
chen führten; als Krieg gewöhnlicher Art kann er uns nur völlig verderben."
Und mit goldenen, noch heute für ähnliche Verhältnisse giltigen (in ihrem Schlu߬
sätze für alle Verhältnisse und ganz besonders den heutigen Machthabern in
Berlin gegenüber giltigen. D. Red.) Worten bemerkt er, nachdem er sich gegen
eine lange Dauer des Waffenstillstandes als eine verderbliche ausgesprochen:
„Nur zwei Dinge gibt es, Geld zu schaffen, die Truppen zu ernähren, zu be¬
kleiden und zu ergänzen. Sie bestehen darin: daß man es möglich macht, die
Nation über die jetzige Lage der Dinge zu belehren und zu beruhigen, ihr
volles Vertrauen wieder einzuflößen. Mit der Nation ist Alles möglich,
ohne sie nichts."

Fernere Beispiele für die Thätigkeit Hippels nach allen diesen Seiten hin
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[0503] Hippe! folgte während des Krieges dem Staatskanzler zuerst nach Dresden, wo er eine Zusammenkunft mit seinem Jugendfreunde Hoffmann hatte, dann nach Schlesien. Am 14. oder 13. Mai erhielt er den Auftrag, mit einer Ueber¬ sicht aller östreichischen Streitkräfte und ihrer künftigen Aufstellung sich zu Blücher und Gneisenau zu begeben, ihnen die Zusicherung des nahen Bei¬ tritts Oestreichs zur Allianz zwischen Preußen und Nußland zu überbringen und sich über die Stimmung der Truppen Gewißheit zu verschaffen, denen eine neue Schlacht zugemuthet werden sollte, um Oestreich zu zeigen, daß Preu¬ ßen noch nicht überwunden sei. Gneisenau und Clausewitz waren für eine solche Schlacht, das russische Hauptquartier stimmte bei, und so folgten die Kämpfe bei Barchen und Wurschen, denen Hippel als Augenzeuge und Bericht¬ erstatter beiwohnte. Auf dem Rückzüge schrieb er in Berthelsdorf bei Lauban eine Ergänzung zu den Verordnungen über Landwehr und Landsturm. Wäh¬ rend des darauffolgenden Waffenstillstandes war er angestrengt thätig. Es war die Ausrüstung der Truppen, vorzüglich der Landwehr, zu vollenden, die dazu nöthigen englischen Subsidien waren in Fluß zu bringen, die Vereinigung mit Oestreich mußte gefördert werden. Man hatte auf zahlreiche Schreiben von Be¬ hörden um Auskunft und Hülfe Antwort zu ertheilen, um nirgends Entmuthi- gung Platz greifen zu lassen. Man mußte endlich die Thatendurstigen be¬ schwichtigen, welche Aufhebung der Waffenruhe forderten. Besonders bezeichnend für die Denkart Hippels ist von seinen hierher be¬ züglichen Arbeiten ein Aufsatz vom 6. Juni, in welchem er sich gegen eine sonst nicht bekannte Auseinandersetzung Scharnwebers erklärte. Derselbe wurde dem Staatskanzler übergeben und beweist deutlich, wie unterrichtet der Ver¬ fasser war, und wie klar er über die Mittel damaliger Kriegführung dachte. Mit großer Sachkenntniß setzt er die finanzielle Seite des Gegenstandes aus¬ einander. Sehr richtig sagt er, „der Krieg kann nur glücklich enden als ein Volkskrieg, wie ihn die Niederländer, die Schweizer, die Tiroler und die Grie¬ chen führten; als Krieg gewöhnlicher Art kann er uns nur völlig verderben." Und mit goldenen, noch heute für ähnliche Verhältnisse giltigen (in ihrem Schlu߬ sätze für alle Verhältnisse und ganz besonders den heutigen Machthabern in Berlin gegenüber giltigen. D. Red.) Worten bemerkt er, nachdem er sich gegen eine lange Dauer des Waffenstillstandes als eine verderbliche ausgesprochen: „Nur zwei Dinge gibt es, Geld zu schaffen, die Truppen zu ernähren, zu be¬ kleiden und zu ergänzen. Sie bestehen darin: daß man es möglich macht, die Nation über die jetzige Lage der Dinge zu belehren und zu beruhigen, ihr volles Vertrauen wieder einzuflößen. Mit der Nation ist Alles möglich, ohne sie nichts." Fernere Beispiele für die Thätigkeit Hippels nach allen diesen Seiten hin sind die Briefe, welche unsere Schrift aus dieser Periode mittheilt, und von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/503>, abgerufen am 28.07.2024.