Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.unterbrach ihn rasch und leise: "Um Gotteswillen, nicht so laut! Der Mann Mehr uni> mehr klärte sich die Situation. Großartige Rüstungen waren Inzwischen war die Uebersiedelung des Hofes nach Breslau erfolgt. Die unterbrach ihn rasch und leise: „Um Gotteswillen, nicht so laut! Der Mann Mehr uni> mehr klärte sich die Situation. Großartige Rüstungen waren Inzwischen war die Uebersiedelung des Hofes nach Breslau erfolgt. Die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0498" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115890"/> <p xml:id="ID_1500" prev="#ID_1499"> unterbrach ihn rasch und leise: „Um Gotteswillen, nicht so laut! Der Mann<lb/> im Nebenzimmer darf am wenigsten wissen, was hier vorgeht." Der Mann im<lb/> Nebenzimmer aber war der Fürst Hatzfeld, der seine Instruction zu holen ge¬<lb/> kommen war, um in Paris bei Napoleon Uorks Kapitulation zu entschuldigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1501"> Mehr uni> mehr klärte sich die Situation. Großartige Rüstungen waren<lb/> beschlossen, und es handelte sich um Beschaffung der vom Kriegsminister auf<lb/> sechs Millionen Thaler veranschlagten Mittel dazu. Der Staatskanzler gedachte<lb/> zu dem Zwecke zehn Millionen Trcsorscheine mit Zwangscours auszugeben.<lb/> Hippel widerrieth dies als „eine terroristische Maßregel". Er war für einen<lb/> freimüthigen Appell an die Opferwilligkeit aller Classen der Gesellschaft, nament¬<lb/> lich für ein Darlehen aus dem Kaufmannsstande, dessen patriotische Hingebung<lb/> ihm von seinen Verbindungen mit den ersten Häusern des berliner Geldmarkts<lb/> her bekannt war. Ihm schien es zweckmäßiger, Notabeln einzuberufen und mit<lb/> diesen die Beschaffung der Mittel zu vereinbaren, etwa erforderliche auswärtige<lb/> Anleihen durch sie garantiren zu lassen und so eine feste Unterlage für die neuen<lb/> Finanzoperationen zu gewinnen. Hardenberg ließ sich nicht überzeugen. Am<lb/> t3. Januar erhielt das „Edict wegen Annahme der Trcsorscheine" die könig¬<lb/> liche Unterschrift, aber schon am 3. März mußte es zurückgenommen werden.<lb/> Hippel konnte diese Zurücknahme mit Genugthuung in seinen Memoiren als<lb/> sein Wert bezeichnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1502"> Inzwischen war die Uebersiedelung des Hofes nach Breslau erfolgt. Die<lb/> alte Hauptstadt Schlesiens füllte sich mit Freiwilligen, dem Kern der preußischen<lb/> Jugend- und Manneskraft, sie barg zugleich in Männern wie Scharnhorst<lb/> und Gneisenau den belebenden Geist der vaterländischen Erhebung in ihren<lb/> Mauern. Hippel war es gewesen, der Hardenberg veranlaßt, aus den von<lb/> Scharnhorst entworfenen „Aufruf vom 3. Februar" und die Verordnung vom<lb/> 9. eine Deklaration folgen zu lassen, welche auch Männern, die älter als<lb/> 24 Jahre waren, als Freiwillige mitzukämpfen gestattete. Er war es ferner,<lb/> der die Publication vom 22. Februar anregte, welche allen Staatsbürgern die<lb/> Nationalcocarde zu tragen gestattete. Weniger schnell konnte Hippel die Zusätze<lb/> zu dem Exemtionsgesetze, denen er in der Verordnung vom 22. Februar „Ueber<lb/> das Ausweichen des Kriegsdienstes" Ausdruck geliehen, zu Stande bringen.<lb/> Denn einerseits bedürfte er hierzu der Mitwirkung des Justizministers, andrer¬<lb/> seits war eine Trübung der Begeisterung durch den Gedanken, daß Einzelne<lb/> schwach und lässig sein könnten, hierbei unvermeidlich. Indeß die eiserne Zeit<lb/> forderte eiserne Mittel, und so durste man keinen Anstand nehmen, auch mit<lb/> Strafen zu drohen, ja selbst die Möglichkeit mußte ins Auge gefaßt werden, daß es<lb/> im preußischen Volke Verräther an der Sache des Vaterlandes gebe, und so brachte<lb/> Hippel die Verordnung wegen Bestrafung von Verbrechen gegen die Sicherheit<lb/> der Armee zunächst in Vorschlag und dann für die Veröffentlichung zu Papier.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0498]
unterbrach ihn rasch und leise: „Um Gotteswillen, nicht so laut! Der Mann
im Nebenzimmer darf am wenigsten wissen, was hier vorgeht." Der Mann im
Nebenzimmer aber war der Fürst Hatzfeld, der seine Instruction zu holen ge¬
kommen war, um in Paris bei Napoleon Uorks Kapitulation zu entschuldigen.
Mehr uni> mehr klärte sich die Situation. Großartige Rüstungen waren
beschlossen, und es handelte sich um Beschaffung der vom Kriegsminister auf
sechs Millionen Thaler veranschlagten Mittel dazu. Der Staatskanzler gedachte
zu dem Zwecke zehn Millionen Trcsorscheine mit Zwangscours auszugeben.
Hippel widerrieth dies als „eine terroristische Maßregel". Er war für einen
freimüthigen Appell an die Opferwilligkeit aller Classen der Gesellschaft, nament¬
lich für ein Darlehen aus dem Kaufmannsstande, dessen patriotische Hingebung
ihm von seinen Verbindungen mit den ersten Häusern des berliner Geldmarkts
her bekannt war. Ihm schien es zweckmäßiger, Notabeln einzuberufen und mit
diesen die Beschaffung der Mittel zu vereinbaren, etwa erforderliche auswärtige
Anleihen durch sie garantiren zu lassen und so eine feste Unterlage für die neuen
Finanzoperationen zu gewinnen. Hardenberg ließ sich nicht überzeugen. Am
t3. Januar erhielt das „Edict wegen Annahme der Trcsorscheine" die könig¬
liche Unterschrift, aber schon am 3. März mußte es zurückgenommen werden.
Hippel konnte diese Zurücknahme mit Genugthuung in seinen Memoiren als
sein Wert bezeichnen.
Inzwischen war die Uebersiedelung des Hofes nach Breslau erfolgt. Die
alte Hauptstadt Schlesiens füllte sich mit Freiwilligen, dem Kern der preußischen
Jugend- und Manneskraft, sie barg zugleich in Männern wie Scharnhorst
und Gneisenau den belebenden Geist der vaterländischen Erhebung in ihren
Mauern. Hippel war es gewesen, der Hardenberg veranlaßt, aus den von
Scharnhorst entworfenen „Aufruf vom 3. Februar" und die Verordnung vom
9. eine Deklaration folgen zu lassen, welche auch Männern, die älter als
24 Jahre waren, als Freiwillige mitzukämpfen gestattete. Er war es ferner,
der die Publication vom 22. Februar anregte, welche allen Staatsbürgern die
Nationalcocarde zu tragen gestattete. Weniger schnell konnte Hippel die Zusätze
zu dem Exemtionsgesetze, denen er in der Verordnung vom 22. Februar „Ueber
das Ausweichen des Kriegsdienstes" Ausdruck geliehen, zu Stande bringen.
Denn einerseits bedürfte er hierzu der Mitwirkung des Justizministers, andrer¬
seits war eine Trübung der Begeisterung durch den Gedanken, daß Einzelne
schwach und lässig sein könnten, hierbei unvermeidlich. Indeß die eiserne Zeit
forderte eiserne Mittel, und so durste man keinen Anstand nehmen, auch mit
Strafen zu drohen, ja selbst die Möglichkeit mußte ins Auge gefaßt werden, daß es
im preußischen Volke Verräther an der Sache des Vaterlandes gebe, und so brachte
Hippel die Verordnung wegen Bestrafung von Verbrechen gegen die Sicherheit
der Armee zunächst in Vorschlag und dann für die Veröffentlichung zu Papier.
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