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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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und 30. April 1618 datirt, wiederholen nur die Entschuldigungen Rafaels. daß
er immer noch nicht im Stande gewesen sei, das dem Herzog zugesagte Bild
vorzunehmen. Indessen mußte doch endlich die Hauptausrede Rafaels, daß
er zu sehr mit den für den französischen Hof bestellten Bildern beschäftigt
sei, fortfallen, und Costabili wurde abermals aufgefordert, eifrig zu drängen.
Wie energisch und beharrlich dies geschah und weichen Verdruß es hervorrief,
geht aus dem Factum hervor, daß Rafael ungefähr im August 1518 sein
Atelier dem zudringlichen Bischof verschloß und ihn so wenigstens von fernerer
mündlicher Bestürmung abzustehen zwang. Doch verhinderte dieses Verfahren
keineswegs schriftliche Mahnungen, auf die unser Maler die Versicherung gab,
daß das herzogliche Bild in Arbeit genommen sei -- obgleich es ziemlich ein¬
leuchtete, daß dies nicht der Fall war. Trotzdem schreibt Costabili es dem
Herzog, und fügt hinzu, daß Rafael außer verschiedenen Bildern noch mit dem
Auftrag. Brcnnantes architektonische Arbeiten zu beaufsichtigen, beladen worden,
und schließt mit dem Ausdruck der Ueberzeugung, daß sich Rafael, da er die
fünfzig Dukaten angenommen, gewiß für gebunden erachte, sein Versprechen zu
erfüllen. Wiederum war Rafael offenbar besorgt, die Gnade des Herzogs
nicht zu verscherzen, und wohl auch' von dem Wunsch beseelt, etwas für das
erhaltene Geld zu liefern. Jedenfalls theilte er im September dem Bischof mit,
daß er dem Herzog den Carton vom S. Michael als Geschenk zu übersenden
die Absicht habe, und bittet denselben geneigt zu machen, diese Gabe anzunehmen.
Costabili verspricht den gewünschten Austrag zu vollziehen, hütet sich aber wohl,
diesen Carton als ein Aequivalent für das versprochene Bild anzusehen.

Ein Brief Costabiiis vom 21. September 1518 enthält einige Notizen über
diese Unterredung. Der Bischof erzählt darin, wie Rafael es übel genommen, daß
man dieses Geschenk so auffassen könnte, als ob er sich dadurch seines Ver¬
sprechens für entbunden hielte, und hochmüthig hinzugesetzt habe, daß ihm nie¬
mals ein solcher Gedanke in den Sinn gekommen sei. Er habe den Carton
lediglich deshalb geschenkt, weil er ein ergebener Diener des Herzogs sei. Des¬
sen Bild, behauptete er abermals, sei angefangen und hoffe er dasselbe zum
nächsten Weihnachtsfest zu vollenden. Ja, er würde sogar den Carton gemalt
geschickt haben, wenn nicht Franz der Erste schon das Gemälde besäße und des¬
halb eine Wiederholung unmöglich sei.

Dieser Carton langte rechtzeitig in Ferrara an, er wurde vom Herzog dank¬
bar angenommen, und letzterer schickte am 11. November 1518 25 Scudi dafür
mit der Bemerkung, Rafael möge sich am S. Martinstag etwas dafür zu
Gute thun. Costabili erzählt darauf in einem Brief vom 20. November, daß
Rafael sich anfänglich bescheiden gegen die Annahme des Geldes gesträubt, da
er beabsichtigt habe, Sr. Exellenz dem Herzog mit der Zeichnung ein Geschenk.
zu machen.


und 30. April 1618 datirt, wiederholen nur die Entschuldigungen Rafaels. daß
er immer noch nicht im Stande gewesen sei, das dem Herzog zugesagte Bild
vorzunehmen. Indessen mußte doch endlich die Hauptausrede Rafaels, daß
er zu sehr mit den für den französischen Hof bestellten Bildern beschäftigt
sei, fortfallen, und Costabili wurde abermals aufgefordert, eifrig zu drängen.
Wie energisch und beharrlich dies geschah und weichen Verdruß es hervorrief,
geht aus dem Factum hervor, daß Rafael ungefähr im August 1518 sein
Atelier dem zudringlichen Bischof verschloß und ihn so wenigstens von fernerer
mündlicher Bestürmung abzustehen zwang. Doch verhinderte dieses Verfahren
keineswegs schriftliche Mahnungen, auf die unser Maler die Versicherung gab,
daß das herzogliche Bild in Arbeit genommen sei — obgleich es ziemlich ein¬
leuchtete, daß dies nicht der Fall war. Trotzdem schreibt Costabili es dem
Herzog, und fügt hinzu, daß Rafael außer verschiedenen Bildern noch mit dem
Auftrag. Brcnnantes architektonische Arbeiten zu beaufsichtigen, beladen worden,
und schließt mit dem Ausdruck der Ueberzeugung, daß sich Rafael, da er die
fünfzig Dukaten angenommen, gewiß für gebunden erachte, sein Versprechen zu
erfüllen. Wiederum war Rafael offenbar besorgt, die Gnade des Herzogs
nicht zu verscherzen, und wohl auch' von dem Wunsch beseelt, etwas für das
erhaltene Geld zu liefern. Jedenfalls theilte er im September dem Bischof mit,
daß er dem Herzog den Carton vom S. Michael als Geschenk zu übersenden
die Absicht habe, und bittet denselben geneigt zu machen, diese Gabe anzunehmen.
Costabili verspricht den gewünschten Austrag zu vollziehen, hütet sich aber wohl,
diesen Carton als ein Aequivalent für das versprochene Bild anzusehen.

Ein Brief Costabiiis vom 21. September 1518 enthält einige Notizen über
diese Unterredung. Der Bischof erzählt darin, wie Rafael es übel genommen, daß
man dieses Geschenk so auffassen könnte, als ob er sich dadurch seines Ver¬
sprechens für entbunden hielte, und hochmüthig hinzugesetzt habe, daß ihm nie¬
mals ein solcher Gedanke in den Sinn gekommen sei. Er habe den Carton
lediglich deshalb geschenkt, weil er ein ergebener Diener des Herzogs sei. Des¬
sen Bild, behauptete er abermals, sei angefangen und hoffe er dasselbe zum
nächsten Weihnachtsfest zu vollenden. Ja, er würde sogar den Carton gemalt
geschickt haben, wenn nicht Franz der Erste schon das Gemälde besäße und des¬
halb eine Wiederholung unmöglich sei.

Dieser Carton langte rechtzeitig in Ferrara an, er wurde vom Herzog dank¬
bar angenommen, und letzterer schickte am 11. November 1518 25 Scudi dafür
mit der Bemerkung, Rafael möge sich am S. Martinstag etwas dafür zu
Gute thun. Costabili erzählt darauf in einem Brief vom 20. November, daß
Rafael sich anfänglich bescheiden gegen die Annahme des Geldes gesträubt, da
er beabsichtigt habe, Sr. Exellenz dem Herzog mit der Zeichnung ein Geschenk.
zu machen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/31>, abgerufen am 22.12.2024.