Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Schuhmacher- und Schneiderhandwerksstätten geräumt worden ist.
eine unfreiwillige Gesellschaft -- die gefangenen Polen und die Untersuchungs-
commission. Zu den Leiden rechnen wir vor allen anderen Fieber und Typhus,
weiche im Sommer in erschrecklichem Grade die Garnison des Forts heim¬
suchen, Folgen der kellerartigen dumpfigen Luft in den Wohnungsräumen. Es
bat Jahre gegeben, wo mehr als ein Drittel des Activbestandes der Truppe
auf der Krankeniiste stand, und wo man genöthigt war. auf dem Lande Re-
convalescentenstationen einzurichten,

Nichten wir unseren Blick vom Fort ab nach der Stadt zu, so schauen
wir zunächst über die Wipfel der grünen Bäume hinweg auf eine weite Wiesen-
fläche. welche von der aus den Häusermassen der Stadt hervortretenden Warlhe
durchströmt wird. Jenseit der Wiesenfläche breitet sich die Stadt in ihrer gan¬
zen Ausdehnung vom berliner bis zum warschauer Thor vor uns aus. Rechts
un Mittelgrunde tritt der Hügel von Se. Adalbert hervor, links und entfernter
der Dom mit dem erzbischöflichen Palast; dazwischen sind es nur einzelne
Thürme, das Rathhaus und die Häuser auf dein Hügel des alten Schlosses,
welche die monotone Stadtlinie unterbrechen. Jenseits der Stadt schweift das
Auge in die unermeßliche Ebene nach Moschin, Kurnik und Schwersenz hinaus.
Wie oberhalb der Stadt der Eichwald an der Warthe, so sind auch unterhalb
derselben die Ufer des Flusses nicht ohne Schönheit; sie bilden zum Theil
schroffe Lehmabstürze; der Schilling und der Annaberg bei Ovinsk gehören zu
den wenigen ländlichen Vergnügungsorten in Posen.

Von unserem hoben Standpunkte aus gewahren wir, wie vollständig die
Stadt vom Fort Winiary beherrscht wird und wie sie von dem gewaltigen Gür¬
tel des Forts und der Werke im weiten Kreise von IV2 Meilen umschlossen ist.
Fort Se. Adalbert vermittelt rechts unten im Thale den Anschluß der Stadt-
bcfestiguug an Winiary. Dann folgen das berliner Fort, der Raum zwischen
letzterem und Se. Adalbert ausgefüllt durch eine große Anzahl von Militär-
etablisscmcnts, Magazinen und durch die Husarenkaserne mit ihren Ställen und
ihrer Reitbahn, das Wilda-Fort, das Carmeliter-Fort, endlich das Wasser-Fort,
womit die Warthe oberhalb ihres Eintritts in die Stadt erreicht wird. Alle
diese Forts sind durch den vastionirten Hauptwall mit einander verbunden und
bestehen meist nur aus einem thurmartigen Rundbau, welcher einen kleinen
Hof umschließt und aus niedrigen vorliegenden Werken. Auf dem anderen
Wartheufer, gegenüber dem Wasserfort, erhebt sich das Fort Se. Rochus, wei¬
ter das Neformatcn-Fort und endlich, wieder zur Wartheniederung herabsteigend,
folgen die Befestigungen der kleinen und großen Schleuse, welche bestimmt sind,
die Überschwemmung der Niederung zu bewirken, wodurch Fort Winiary nach
der Stadt hin vollständig abgesperrt und letztere in zwei Theile getrennt wird.
Das ist die äußere Enceinte der Stadt; doch auch im Inneren hat man den


von den Schuhmacher- und Schneiderhandwerksstätten geräumt worden ist.
eine unfreiwillige Gesellschaft — die gefangenen Polen und die Untersuchungs-
commission. Zu den Leiden rechnen wir vor allen anderen Fieber und Typhus,
weiche im Sommer in erschrecklichem Grade die Garnison des Forts heim¬
suchen, Folgen der kellerartigen dumpfigen Luft in den Wohnungsräumen. Es
bat Jahre gegeben, wo mehr als ein Drittel des Activbestandes der Truppe
auf der Krankeniiste stand, und wo man genöthigt war. auf dem Lande Re-
convalescentenstationen einzurichten,

Nichten wir unseren Blick vom Fort ab nach der Stadt zu, so schauen
wir zunächst über die Wipfel der grünen Bäume hinweg auf eine weite Wiesen-
fläche. welche von der aus den Häusermassen der Stadt hervortretenden Warlhe
durchströmt wird. Jenseit der Wiesenfläche breitet sich die Stadt in ihrer gan¬
zen Ausdehnung vom berliner bis zum warschauer Thor vor uns aus. Rechts
un Mittelgrunde tritt der Hügel von Se. Adalbert hervor, links und entfernter
der Dom mit dem erzbischöflichen Palast; dazwischen sind es nur einzelne
Thürme, das Rathhaus und die Häuser auf dein Hügel des alten Schlosses,
welche die monotone Stadtlinie unterbrechen. Jenseits der Stadt schweift das
Auge in die unermeßliche Ebene nach Moschin, Kurnik und Schwersenz hinaus.
Wie oberhalb der Stadt der Eichwald an der Warthe, so sind auch unterhalb
derselben die Ufer des Flusses nicht ohne Schönheit; sie bilden zum Theil
schroffe Lehmabstürze; der Schilling und der Annaberg bei Ovinsk gehören zu
den wenigen ländlichen Vergnügungsorten in Posen.

Von unserem hoben Standpunkte aus gewahren wir, wie vollständig die
Stadt vom Fort Winiary beherrscht wird und wie sie von dem gewaltigen Gür¬
tel des Forts und der Werke im weiten Kreise von IV2 Meilen umschlossen ist.
Fort Se. Adalbert vermittelt rechts unten im Thale den Anschluß der Stadt-
bcfestiguug an Winiary. Dann folgen das berliner Fort, der Raum zwischen
letzterem und Se. Adalbert ausgefüllt durch eine große Anzahl von Militär-
etablisscmcnts, Magazinen und durch die Husarenkaserne mit ihren Ställen und
ihrer Reitbahn, das Wilda-Fort, das Carmeliter-Fort, endlich das Wasser-Fort,
womit die Warthe oberhalb ihres Eintritts in die Stadt erreicht wird. Alle
diese Forts sind durch den vastionirten Hauptwall mit einander verbunden und
bestehen meist nur aus einem thurmartigen Rundbau, welcher einen kleinen
Hof umschließt und aus niedrigen vorliegenden Werken. Auf dem anderen
Wartheufer, gegenüber dem Wasserfort, erhebt sich das Fort Se. Rochus, wei¬
ter das Neformatcn-Fort und endlich, wieder zur Wartheniederung herabsteigend,
folgen die Befestigungen der kleinen und großen Schleuse, welche bestimmt sind,
die Überschwemmung der Niederung zu bewirken, wodurch Fort Winiary nach
der Stadt hin vollständig abgesperrt und letztere in zwei Theile getrennt wird.
Das ist die äußere Enceinte der Stadt; doch auch im Inneren hat man den


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115660"/>
          <p xml:id="ID_733" prev="#ID_732"> von den Schuhmacher- und Schneiderhandwerksstätten geräumt worden ist.<lb/>
eine unfreiwillige Gesellschaft &#x2014; die gefangenen Polen und die Untersuchungs-<lb/>
commission. Zu den Leiden rechnen wir vor allen anderen Fieber und Typhus,<lb/>
weiche im Sommer in erschrecklichem Grade die Garnison des Forts heim¬<lb/>
suchen, Folgen der kellerartigen dumpfigen Luft in den Wohnungsräumen. Es<lb/>
bat Jahre gegeben, wo mehr als ein Drittel des Activbestandes der Truppe<lb/>
auf der Krankeniiste stand, und wo man genöthigt war. auf dem Lande Re-<lb/>
convalescentenstationen einzurichten,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_734"> Nichten wir unseren Blick vom Fort ab nach der Stadt zu, so schauen<lb/>
wir zunächst über die Wipfel der grünen Bäume hinweg auf eine weite Wiesen-<lb/>
fläche. welche von der aus den Häusermassen der Stadt hervortretenden Warlhe<lb/>
durchströmt wird. Jenseit der Wiesenfläche breitet sich die Stadt in ihrer gan¬<lb/>
zen Ausdehnung vom berliner bis zum warschauer Thor vor uns aus. Rechts<lb/>
un Mittelgrunde tritt der Hügel von Se. Adalbert hervor, links und entfernter<lb/>
der Dom mit dem erzbischöflichen Palast; dazwischen sind es nur einzelne<lb/>
Thürme, das Rathhaus und die Häuser auf dein Hügel des alten Schlosses,<lb/>
welche die monotone Stadtlinie unterbrechen. Jenseits der Stadt schweift das<lb/>
Auge in die unermeßliche Ebene nach Moschin, Kurnik und Schwersenz hinaus.<lb/>
Wie oberhalb der Stadt der Eichwald an der Warthe, so sind auch unterhalb<lb/>
derselben die Ufer des Flusses nicht ohne Schönheit; sie bilden zum Theil<lb/>
schroffe Lehmabstürze; der Schilling und der Annaberg bei Ovinsk gehören zu<lb/>
den wenigen ländlichen Vergnügungsorten in Posen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_735" next="#ID_736"> Von unserem hoben Standpunkte aus gewahren wir, wie vollständig die<lb/>
Stadt vom Fort Winiary beherrscht wird und wie sie von dem gewaltigen Gür¬<lb/>
tel des Forts und der Werke im weiten Kreise von IV2 Meilen umschlossen ist.<lb/>
Fort Se. Adalbert vermittelt rechts unten im Thale den Anschluß der Stadt-<lb/>
bcfestiguug an Winiary. Dann folgen das berliner Fort, der Raum zwischen<lb/>
letzterem und Se. Adalbert ausgefüllt durch eine große Anzahl von Militär-<lb/>
etablisscmcnts, Magazinen und durch die Husarenkaserne mit ihren Ställen und<lb/>
ihrer Reitbahn, das Wilda-Fort, das Carmeliter-Fort, endlich das Wasser-Fort,<lb/>
womit die Warthe oberhalb ihres Eintritts in die Stadt erreicht wird. Alle<lb/>
diese Forts sind durch den vastionirten Hauptwall mit einander verbunden und<lb/>
bestehen meist nur aus einem thurmartigen Rundbau, welcher einen kleinen<lb/>
Hof umschließt und aus niedrigen vorliegenden Werken. Auf dem anderen<lb/>
Wartheufer, gegenüber dem Wasserfort, erhebt sich das Fort Se. Rochus, wei¬<lb/>
ter das Neformatcn-Fort und endlich, wieder zur Wartheniederung herabsteigend,<lb/>
folgen die Befestigungen der kleinen und großen Schleuse, welche bestimmt sind,<lb/>
die Überschwemmung der Niederung zu bewirken, wodurch Fort Winiary nach<lb/>
der Stadt hin vollständig abgesperrt und letztere in zwei Theile getrennt wird.<lb/>
Das ist die äußere Enceinte der Stadt; doch auch im Inneren hat man den</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0268] von den Schuhmacher- und Schneiderhandwerksstätten geräumt worden ist. eine unfreiwillige Gesellschaft — die gefangenen Polen und die Untersuchungs- commission. Zu den Leiden rechnen wir vor allen anderen Fieber und Typhus, weiche im Sommer in erschrecklichem Grade die Garnison des Forts heim¬ suchen, Folgen der kellerartigen dumpfigen Luft in den Wohnungsräumen. Es bat Jahre gegeben, wo mehr als ein Drittel des Activbestandes der Truppe auf der Krankeniiste stand, und wo man genöthigt war. auf dem Lande Re- convalescentenstationen einzurichten, Nichten wir unseren Blick vom Fort ab nach der Stadt zu, so schauen wir zunächst über die Wipfel der grünen Bäume hinweg auf eine weite Wiesen- fläche. welche von der aus den Häusermassen der Stadt hervortretenden Warlhe durchströmt wird. Jenseit der Wiesenfläche breitet sich die Stadt in ihrer gan¬ zen Ausdehnung vom berliner bis zum warschauer Thor vor uns aus. Rechts un Mittelgrunde tritt der Hügel von Se. Adalbert hervor, links und entfernter der Dom mit dem erzbischöflichen Palast; dazwischen sind es nur einzelne Thürme, das Rathhaus und die Häuser auf dein Hügel des alten Schlosses, welche die monotone Stadtlinie unterbrechen. Jenseits der Stadt schweift das Auge in die unermeßliche Ebene nach Moschin, Kurnik und Schwersenz hinaus. Wie oberhalb der Stadt der Eichwald an der Warthe, so sind auch unterhalb derselben die Ufer des Flusses nicht ohne Schönheit; sie bilden zum Theil schroffe Lehmabstürze; der Schilling und der Annaberg bei Ovinsk gehören zu den wenigen ländlichen Vergnügungsorten in Posen. Von unserem hoben Standpunkte aus gewahren wir, wie vollständig die Stadt vom Fort Winiary beherrscht wird und wie sie von dem gewaltigen Gür¬ tel des Forts und der Werke im weiten Kreise von IV2 Meilen umschlossen ist. Fort Se. Adalbert vermittelt rechts unten im Thale den Anschluß der Stadt- bcfestiguug an Winiary. Dann folgen das berliner Fort, der Raum zwischen letzterem und Se. Adalbert ausgefüllt durch eine große Anzahl von Militär- etablisscmcnts, Magazinen und durch die Husarenkaserne mit ihren Ställen und ihrer Reitbahn, das Wilda-Fort, das Carmeliter-Fort, endlich das Wasser-Fort, womit die Warthe oberhalb ihres Eintritts in die Stadt erreicht wird. Alle diese Forts sind durch den vastionirten Hauptwall mit einander verbunden und bestehen meist nur aus einem thurmartigen Rundbau, welcher einen kleinen Hof umschließt und aus niedrigen vorliegenden Werken. Auf dem anderen Wartheufer, gegenüber dem Wasserfort, erhebt sich das Fort Se. Rochus, wei¬ ter das Neformatcn-Fort und endlich, wieder zur Wartheniederung herabsteigend, folgen die Befestigungen der kleinen und großen Schleuse, welche bestimmt sind, die Überschwemmung der Niederung zu bewirken, wodurch Fort Winiary nach der Stadt hin vollständig abgesperrt und letztere in zwei Theile getrennt wird. Das ist die äußere Enceinte der Stadt; doch auch im Inneren hat man den

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/268
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/268>, abgerufen am 28.07.2024.