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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Megara, der aus zwei Trompeten zugleich das Trommelfell ergötzte und sechzehn¬
mal in allen vier Nationalspielen siegte; .freilich war der Mann auch sieben
Fuß hoch und nahm nach Athenäus keine Kleinigkeit von Wein. Brod' und
Fleisch zu sich. Wie Lucian sagt, ließ der Maler Astion ein Gemälde, die
Hochzeit Alexanders und der schönen Roxane vorstellend, in Olympia sehen und
wurde dadurch der Schwiegersohn eines Hellanodiken, der, wie gewöhnlich, ein
reicher Mann war; und zur Zeit des Perikles hatte ebendaselbst der Astronom
Oenopides aus Chios eine astronomisch-chronologische Tafel aus Erz aufgestellt,
die einen Zeitraum Von neunundfünfzig Jahren umfaßte. ' Auch ganze Staaten
und Gemeinden benutzten die Gelegenheit, hier vor ganz Griechenland Bünd¬
nisse und Verträge zu schließen oder wenigstens öffentlich bekannt zu machen
und die Festgesandtschaften waren deshalb wohl oft mit politischen Misstonen
betraut. So ließen die Byzantiner an allen vier Nationalfesten durch Herolde
Verkünden, daß sie dem athenischen Volke aus Dankbarkeit einen goldenen
Kranz gewidmet hatten, und die Bedingungen des durch Niklas zu Stande ge¬
kommenen Friedens standen auf Säulen gegraben in Olympia, Delphi und
auf dem Isthmus.

Zu allen diesen Unterhaltungen, zu welchen die bereits erwähnten Opfer¬
feierlichkeiten kamen, hatten die Theilnehmer Zeit, da zwischen den Spielen und
der Bekränzung der Sieger, dem eigentlichen Ende des Festes, immer ein paar
Tage lagen. In dieser Zeit entschied auch der olympische Senat in letzter In¬
stanz über Beschwerden, die über die Urtheile der Hellanodiken an ihn gelangten.
Bei den ersten olympischen Spielen sollen die Sieger noch Werthpreise erhalten
haben. Dann wurde aber auf den Rath des delphischen Orakels der Kranz
eingeführt; sogar den wilden Oelbaum im Haine Attis hatte der Gott bezeich¬
net, von dem die Zweige genommen werden sollten, und der bis in die späteste
Zeit mit einer Einhegung umfriedigt war. Ein elischer Knabe, der beide Eltern
noch'besitzen mußte, schnitt mit goldenem Messer die Zweige, von denen jeder
einen Kranz gab. Mit Bändern geschmückt wurden die Kränze, bevor sie ver¬
theilt wurden, auf einem ehernen Dreifuße, später auf einem aus Gold und
Elfenbein gearbeiteten Tische in der Vorhalle des Zeustempels ausgestellt.
Einer der Hellanodiken hatte das Amt, der Sieger Häupter mit wollener Binde
zu umwinden und darüber den Kranz zu setzen. Zugleich wurde nochmals
durch den Herold Name und Vaterland der Sieger den Anwesenden kund ge¬
than. Unter die allgemeinen Ausbrüche der Freude und Bewunderung mischte
sich zuweilen das Zischen der Bürger von solchen Staaten, die mit dem Hei-
matyslande der Gekrönten in Feindschaft lebten. Zuweilen ist es auch vor¬
gekommen, daß sich Athleten als aus einer fremden Stadt gebürtig angaben,
von der sie Geschenke bekommen hatten. Dionys soll öfter in Olympia Be¬
stechungsversuche gemacht haben, um seiner Hauptstadt das Glück und den


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Megara, der aus zwei Trompeten zugleich das Trommelfell ergötzte und sechzehn¬
mal in allen vier Nationalspielen siegte; .freilich war der Mann auch sieben
Fuß hoch und nahm nach Athenäus keine Kleinigkeit von Wein. Brod' und
Fleisch zu sich. Wie Lucian sagt, ließ der Maler Astion ein Gemälde, die
Hochzeit Alexanders und der schönen Roxane vorstellend, in Olympia sehen und
wurde dadurch der Schwiegersohn eines Hellanodiken, der, wie gewöhnlich, ein
reicher Mann war; und zur Zeit des Perikles hatte ebendaselbst der Astronom
Oenopides aus Chios eine astronomisch-chronologische Tafel aus Erz aufgestellt,
die einen Zeitraum Von neunundfünfzig Jahren umfaßte. ' Auch ganze Staaten
und Gemeinden benutzten die Gelegenheit, hier vor ganz Griechenland Bünd¬
nisse und Verträge zu schließen oder wenigstens öffentlich bekannt zu machen
und die Festgesandtschaften waren deshalb wohl oft mit politischen Misstonen
betraut. So ließen die Byzantiner an allen vier Nationalfesten durch Herolde
Verkünden, daß sie dem athenischen Volke aus Dankbarkeit einen goldenen
Kranz gewidmet hatten, und die Bedingungen des durch Niklas zu Stande ge¬
kommenen Friedens standen auf Säulen gegraben in Olympia, Delphi und
auf dem Isthmus.

Zu allen diesen Unterhaltungen, zu welchen die bereits erwähnten Opfer¬
feierlichkeiten kamen, hatten die Theilnehmer Zeit, da zwischen den Spielen und
der Bekränzung der Sieger, dem eigentlichen Ende des Festes, immer ein paar
Tage lagen. In dieser Zeit entschied auch der olympische Senat in letzter In¬
stanz über Beschwerden, die über die Urtheile der Hellanodiken an ihn gelangten.
Bei den ersten olympischen Spielen sollen die Sieger noch Werthpreise erhalten
haben. Dann wurde aber auf den Rath des delphischen Orakels der Kranz
eingeführt; sogar den wilden Oelbaum im Haine Attis hatte der Gott bezeich¬
net, von dem die Zweige genommen werden sollten, und der bis in die späteste
Zeit mit einer Einhegung umfriedigt war. Ein elischer Knabe, der beide Eltern
noch'besitzen mußte, schnitt mit goldenem Messer die Zweige, von denen jeder
einen Kranz gab. Mit Bändern geschmückt wurden die Kränze, bevor sie ver¬
theilt wurden, auf einem ehernen Dreifuße, später auf einem aus Gold und
Elfenbein gearbeiteten Tische in der Vorhalle des Zeustempels ausgestellt.
Einer der Hellanodiken hatte das Amt, der Sieger Häupter mit wollener Binde
zu umwinden und darüber den Kranz zu setzen. Zugleich wurde nochmals
durch den Herold Name und Vaterland der Sieger den Anwesenden kund ge¬
than. Unter die allgemeinen Ausbrüche der Freude und Bewunderung mischte
sich zuweilen das Zischen der Bürger von solchen Staaten, die mit dem Hei-
matyslande der Gekrönten in Feindschaft lebten. Zuweilen ist es auch vor¬
gekommen, daß sich Athleten als aus einer fremden Stadt gebürtig angaben,
von der sie Geschenke bekommen hatten. Dionys soll öfter in Olympia Be¬
stechungsversuche gemacht haben, um seiner Hauptstadt das Glück und den


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[0147] Megara, der aus zwei Trompeten zugleich das Trommelfell ergötzte und sechzehn¬ mal in allen vier Nationalspielen siegte; .freilich war der Mann auch sieben Fuß hoch und nahm nach Athenäus keine Kleinigkeit von Wein. Brod' und Fleisch zu sich. Wie Lucian sagt, ließ der Maler Astion ein Gemälde, die Hochzeit Alexanders und der schönen Roxane vorstellend, in Olympia sehen und wurde dadurch der Schwiegersohn eines Hellanodiken, der, wie gewöhnlich, ein reicher Mann war; und zur Zeit des Perikles hatte ebendaselbst der Astronom Oenopides aus Chios eine astronomisch-chronologische Tafel aus Erz aufgestellt, die einen Zeitraum Von neunundfünfzig Jahren umfaßte. ' Auch ganze Staaten und Gemeinden benutzten die Gelegenheit, hier vor ganz Griechenland Bünd¬ nisse und Verträge zu schließen oder wenigstens öffentlich bekannt zu machen und die Festgesandtschaften waren deshalb wohl oft mit politischen Misstonen betraut. So ließen die Byzantiner an allen vier Nationalfesten durch Herolde Verkünden, daß sie dem athenischen Volke aus Dankbarkeit einen goldenen Kranz gewidmet hatten, und die Bedingungen des durch Niklas zu Stande ge¬ kommenen Friedens standen auf Säulen gegraben in Olympia, Delphi und auf dem Isthmus. Zu allen diesen Unterhaltungen, zu welchen die bereits erwähnten Opfer¬ feierlichkeiten kamen, hatten die Theilnehmer Zeit, da zwischen den Spielen und der Bekränzung der Sieger, dem eigentlichen Ende des Festes, immer ein paar Tage lagen. In dieser Zeit entschied auch der olympische Senat in letzter In¬ stanz über Beschwerden, die über die Urtheile der Hellanodiken an ihn gelangten. Bei den ersten olympischen Spielen sollen die Sieger noch Werthpreise erhalten haben. Dann wurde aber auf den Rath des delphischen Orakels der Kranz eingeführt; sogar den wilden Oelbaum im Haine Attis hatte der Gott bezeich¬ net, von dem die Zweige genommen werden sollten, und der bis in die späteste Zeit mit einer Einhegung umfriedigt war. Ein elischer Knabe, der beide Eltern noch'besitzen mußte, schnitt mit goldenem Messer die Zweige, von denen jeder einen Kranz gab. Mit Bändern geschmückt wurden die Kränze, bevor sie ver¬ theilt wurden, auf einem ehernen Dreifuße, später auf einem aus Gold und Elfenbein gearbeiteten Tische in der Vorhalle des Zeustempels ausgestellt. Einer der Hellanodiken hatte das Amt, der Sieger Häupter mit wollener Binde zu umwinden und darüber den Kranz zu setzen. Zugleich wurde nochmals durch den Herold Name und Vaterland der Sieger den Anwesenden kund ge¬ than. Unter die allgemeinen Ausbrüche der Freude und Bewunderung mischte sich zuweilen das Zischen der Bürger von solchen Staaten, die mit dem Hei- matyslande der Gekrönten in Feindschaft lebten. Zuweilen ist es auch vor¬ gekommen, daß sich Athleten als aus einer fremden Stadt gebürtig angaben, von der sie Geschenke bekommen hatten. Dionys soll öfter in Olympia Be¬ stechungsversuche gemacht haben, um seiner Hauptstadt das Glück und den 18*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/147>, abgerufen am 28.07.2024.