Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.tragscntschädigungen gewesen. Ob nun diese allerdings sehr particuläre Ein¬ Freilich darf man sich durch diese Entschließung nicht zu der Annahme 10*
tragscntschädigungen gewesen. Ob nun diese allerdings sehr particuläre Ein¬ Freilich darf man sich durch diese Entschließung nicht zu der Annahme 10*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0083" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114939"/> <p xml:id="ID_255" prev="#ID_254"> tragscntschädigungen gewesen. Ob nun diese allerdings sehr particuläre Ein¬<lb/> wendung gegen die Institution des Bundesgerichts begründet ist oder nicht, genug<lb/> das Mißtrauen ward jedenfalls dadurch noch befestigt, und es blieb somit außer<lb/> den unbestimmten und vieldeutigen auf die Beibehaltung Oestreichs gerichteten<lb/> Wünschen und Bestrebungen nichts Gemeinschaftliches übrig, als etwa noch der<lb/> Widerspruch gegen den deutsch-französischen Handelsvertrag. Allein dieser<lb/> Punkt, über den die Fortschrittspartei Schwabens selbst keineswegs einig ist,<lb/> ^ar am wenigsten geeignet, für den Anschluß an die Großdeutschen den Aus¬<lb/> schlag zu geben. Im Gegentheil wurde das Trennende so sehr als im Vor¬<lb/> dergrund stehend empfunden, daß selbst sehr entschiedene Gegner des Handels¬<lb/> vertrags doch keinen Augenblick sich besannen, wie die Einladung zu einer<lb/> großdeutschen Parteivcrsammlung zu beantworten sei. So konnte denn das<lb/> Resultat der häusigen Besprechungen, die in dieser Frage in Stuttgart gehalten<lb/> wurden, nach allen Seiten hin kein anderes sein, als die Entscheidung für<lb/> Weimar, gegen Frankfurt.</p><lb/> <p xml:id="ID_256"> Freilich darf man sich durch diese Entschließung nicht zu der Annahme<lb/> verleiten lassen, als ob die Schwaben nun ihre Vorbehalte und Bedenken, die<lb/> sie bisher in gewisser Entfernung von der Bundesstaatspartei hielten, gänzlich<lb/> aufgegeben hätten. Eben in jenen Vorbesprechungen war besonders das Be¬<lb/> streben sichtbar, als geschlossene Fraction in Weimar aufzutreten. Man gab<lb/> sich alle Mühe, einstimmige Beschlüsse zu erzielen, für die dann die ganze<lb/> Landsmannschaft einzutreten hätte. Dieser Zug muß als besonders charakte¬<lb/> ristisch hervorgehoben werden. Obwohl gerade hierdurch verhindert wurde, daß<lb/> einzelne Mitglieder sich für die andere Seite gewinnen ließen, so ist doch<lb/> nicht zu läugnen, daß in diesem landsmannschaftlichen Zusammenhalten ein<lb/> Nest von provinciellen Sondcrgeist steckt; andrerseits konnte jene Einstimmig¬<lb/> keit in einzelnen Fragen nur durch unbestimmte, den Kern der Sache unberührt<lb/> lassende Resolutionen erzielt werden, wie das namentlich bei der die Zollfrage<lb/> betreffenden Resolutionsfrage hervortrat. Allein jener Rest von Particularismus<lb/> läßt sich nur in der Berührung mit anders nüancirten Meinungen ausweichen,<lb/> in freier Discussion — in persönlicher Reibung, in selbstloser Hingabe an das<lb/> Ganze. Und ebendeshalb, weil die Schwaben — ungleich ihren großdeutschen<lb/> Gesinnungsgenossen — einem Meinungsaustausch nicht aus dem Wege gingen,<lb/> in welchem jede individuelle und jede provincielle Anschauung auf ihren wahren<lb/> Werth zurückgeführt wird, ist die Bedeutung ihres Entschlusses nicht zu unter¬<lb/> schätzen. Der Anschluß der Schwaben an die Nationalpartei, die dadurch offen¬<lb/> kundig gewordene Spaltung innerhalb des großdeutschen Lagers ist ein Resul¬<lb/> tat, das schon die Einleitungen zur Weimarer Versammlung herbeigeführt<lb/> haben, und das als ein weiterer Schritt auf dem langsamen Weg der deutschen<lb/> R<note type="byline"> /.</note> eform freudig begrüßt werden darf. </p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 10*</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0083]
tragscntschädigungen gewesen. Ob nun diese allerdings sehr particuläre Ein¬
wendung gegen die Institution des Bundesgerichts begründet ist oder nicht, genug
das Mißtrauen ward jedenfalls dadurch noch befestigt, und es blieb somit außer
den unbestimmten und vieldeutigen auf die Beibehaltung Oestreichs gerichteten
Wünschen und Bestrebungen nichts Gemeinschaftliches übrig, als etwa noch der
Widerspruch gegen den deutsch-französischen Handelsvertrag. Allein dieser
Punkt, über den die Fortschrittspartei Schwabens selbst keineswegs einig ist,
^ar am wenigsten geeignet, für den Anschluß an die Großdeutschen den Aus¬
schlag zu geben. Im Gegentheil wurde das Trennende so sehr als im Vor¬
dergrund stehend empfunden, daß selbst sehr entschiedene Gegner des Handels¬
vertrags doch keinen Augenblick sich besannen, wie die Einladung zu einer
großdeutschen Parteivcrsammlung zu beantworten sei. So konnte denn das
Resultat der häusigen Besprechungen, die in dieser Frage in Stuttgart gehalten
wurden, nach allen Seiten hin kein anderes sein, als die Entscheidung für
Weimar, gegen Frankfurt.
Freilich darf man sich durch diese Entschließung nicht zu der Annahme
verleiten lassen, als ob die Schwaben nun ihre Vorbehalte und Bedenken, die
sie bisher in gewisser Entfernung von der Bundesstaatspartei hielten, gänzlich
aufgegeben hätten. Eben in jenen Vorbesprechungen war besonders das Be¬
streben sichtbar, als geschlossene Fraction in Weimar aufzutreten. Man gab
sich alle Mühe, einstimmige Beschlüsse zu erzielen, für die dann die ganze
Landsmannschaft einzutreten hätte. Dieser Zug muß als besonders charakte¬
ristisch hervorgehoben werden. Obwohl gerade hierdurch verhindert wurde, daß
einzelne Mitglieder sich für die andere Seite gewinnen ließen, so ist doch
nicht zu läugnen, daß in diesem landsmannschaftlichen Zusammenhalten ein
Nest von provinciellen Sondcrgeist steckt; andrerseits konnte jene Einstimmig¬
keit in einzelnen Fragen nur durch unbestimmte, den Kern der Sache unberührt
lassende Resolutionen erzielt werden, wie das namentlich bei der die Zollfrage
betreffenden Resolutionsfrage hervortrat. Allein jener Rest von Particularismus
läßt sich nur in der Berührung mit anders nüancirten Meinungen ausweichen,
in freier Discussion — in persönlicher Reibung, in selbstloser Hingabe an das
Ganze. Und ebendeshalb, weil die Schwaben — ungleich ihren großdeutschen
Gesinnungsgenossen — einem Meinungsaustausch nicht aus dem Wege gingen,
in welchem jede individuelle und jede provincielle Anschauung auf ihren wahren
Werth zurückgeführt wird, ist die Bedeutung ihres Entschlusses nicht zu unter¬
schätzen. Der Anschluß der Schwaben an die Nationalpartei, die dadurch offen¬
kundig gewordene Spaltung innerhalb des großdeutschen Lagers ist ein Resul¬
tat, das schon die Einleitungen zur Weimarer Versammlung herbeigeführt
haben, und das als ein weiterer Schritt auf dem langsamen Weg der deutschen
R /. eform freudig begrüßt werden darf.
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