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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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noch schreiben können, verhält sich in einzelnen Staaten zur gestimmten Meißen
Bevölkerung wie folgt. In den freien Staaten ist das Verhältniß am günstigsten.
Connecticut 1 zu 568. Nur Jndiana ('l zu 18) und Illinois (1 zu 17)
stehen den besten der Sklavenstaaten nach. Diese beginnen mit Louisiana (1 zu
38'/-) und enden mit North-Carolina (1 zu 7). Im Jahre 1858 sandten 30
Senatoren der Sklavenstaaten 176,500 Documente über senatorische Verhand¬
lungen, also durchschnittlich jeder einzelne 5,883 Exemplare, in die Heimath,
während 32 Senatoren aus den freien Staaten 1,017,800 Exemplare, durch¬
schnittlich jeder einzelne 31,869 an ihre Constituenten vertheilten. Wir müssen
daraus schließen, daß die Prosklavereibeamtcn des Südens die Unwissenheit
ihrer Wähler zu erhalten suchten, indem sie ihnen die Mittel der Selbstbelehrung
vorenthielten.

Aus dem Census von 1850 ergab sich, daß die GesammtzÄhl der Zeitschriften
von den täglichen bis zu den vierteljährlichen, welche in den Sklavenstaaten,
incl. Distnct Columbia, herausgegeben wurden, sich auf 722 mit einer jährlichen
Verbreitung von 92,167,129 Exemplaren belief, während die Gesammtzahl der
in den freien Staaten herausgegebenen Zeitschriften. Californien nicht mitge¬
rechnet, 1893 mit einer jährlichen Verbreitung von 333,386,031 Exemplaren
betrug. Die Zeitungen des Nordens haben sich während dieser Zeit auf eine
überraschende Weise in jeder Beziehung gehoben, während die Journale des
Südens sich genau auf demselben Standpunkte befinden, auf welchem sie vor
zwölf Jahren standen. Die Unwissenheit und Stagnation, welche Alles, was
mit der Sklaverei in Berührung kommt, charakteristrt. klebt auch jetzt noch
ebenso hartnäckig an ihnen, als zu der Zeit, da Henry A. Wise Gott dankte
für die geringe Anzahl von Zeitungen im "alten Lande". Eine freie Presse
existirt im Süden eigentlich nicht. Alles was zur Vertheidigung der menschlichen
Knechtschaft vorgebracht werden kann, darf frei ausgesprochen werden; doch so¬
bald man ihren moralischen und politischen Werth im Geringsten in Zweifel
zieht, ist man sofort der Gefahr ausgesetzt, der Justiz eines aufgeregten Pöbels
zum Opfer zu fallen. Ebenso wenig dürften die Beamten, welche jetzt das
Gouvernement der südlichen Conföderation bilden, selbst wenn sie die An¬
forderungen der Zeit erkannt hätten und nach bestem Wissen und Gewissen
die Wohlfahrt ihrer Staaten befördern wollten, eine Idee laut werden lassen,
welche dem heiligen Institute der Sklaverei im Geringsten zuwider wäre.

Dasselbe Armuthszeugniß für den Bildungsstand der südlichen Bevölkerung
liefern die Bibliotheken, öffentliche wie private. Mit letzteren scheint es in
Südcarolina übel bestellt zu sein; denn ich habe in Beaufort, dem aristokratischesten
Platze des aristokratischesten Staates der südlichen Conföderation nichts gefunden,
was nur einigermaßen auf diesen Namen hätte Anspruch machen können. In
einem der ersten Häuser sah ich auf einem bestaubten Bücherbret in harmlosen


noch schreiben können, verhält sich in einzelnen Staaten zur gestimmten Meißen
Bevölkerung wie folgt. In den freien Staaten ist das Verhältniß am günstigsten.
Connecticut 1 zu 568. Nur Jndiana ('l zu 18) und Illinois (1 zu 17)
stehen den besten der Sklavenstaaten nach. Diese beginnen mit Louisiana (1 zu
38'/-) und enden mit North-Carolina (1 zu 7). Im Jahre 1858 sandten 30
Senatoren der Sklavenstaaten 176,500 Documente über senatorische Verhand¬
lungen, also durchschnittlich jeder einzelne 5,883 Exemplare, in die Heimath,
während 32 Senatoren aus den freien Staaten 1,017,800 Exemplare, durch¬
schnittlich jeder einzelne 31,869 an ihre Constituenten vertheilten. Wir müssen
daraus schließen, daß die Prosklavereibeamtcn des Südens die Unwissenheit
ihrer Wähler zu erhalten suchten, indem sie ihnen die Mittel der Selbstbelehrung
vorenthielten.

Aus dem Census von 1850 ergab sich, daß die GesammtzÄhl der Zeitschriften
von den täglichen bis zu den vierteljährlichen, welche in den Sklavenstaaten,
incl. Distnct Columbia, herausgegeben wurden, sich auf 722 mit einer jährlichen
Verbreitung von 92,167,129 Exemplaren belief, während die Gesammtzahl der
in den freien Staaten herausgegebenen Zeitschriften. Californien nicht mitge¬
rechnet, 1893 mit einer jährlichen Verbreitung von 333,386,031 Exemplaren
betrug. Die Zeitungen des Nordens haben sich während dieser Zeit auf eine
überraschende Weise in jeder Beziehung gehoben, während die Journale des
Südens sich genau auf demselben Standpunkte befinden, auf welchem sie vor
zwölf Jahren standen. Die Unwissenheit und Stagnation, welche Alles, was
mit der Sklaverei in Berührung kommt, charakteristrt. klebt auch jetzt noch
ebenso hartnäckig an ihnen, als zu der Zeit, da Henry A. Wise Gott dankte
für die geringe Anzahl von Zeitungen im „alten Lande". Eine freie Presse
existirt im Süden eigentlich nicht. Alles was zur Vertheidigung der menschlichen
Knechtschaft vorgebracht werden kann, darf frei ausgesprochen werden; doch so¬
bald man ihren moralischen und politischen Werth im Geringsten in Zweifel
zieht, ist man sofort der Gefahr ausgesetzt, der Justiz eines aufgeregten Pöbels
zum Opfer zu fallen. Ebenso wenig dürften die Beamten, welche jetzt das
Gouvernement der südlichen Conföderation bilden, selbst wenn sie die An¬
forderungen der Zeit erkannt hätten und nach bestem Wissen und Gewissen
die Wohlfahrt ihrer Staaten befördern wollten, eine Idee laut werden lassen,
welche dem heiligen Institute der Sklaverei im Geringsten zuwider wäre.

Dasselbe Armuthszeugniß für den Bildungsstand der südlichen Bevölkerung
liefern die Bibliotheken, öffentliche wie private. Mit letzteren scheint es in
Südcarolina übel bestellt zu sein; denn ich habe in Beaufort, dem aristokratischesten
Platze des aristokratischesten Staates der südlichen Conföderation nichts gefunden,
was nur einigermaßen auf diesen Namen hätte Anspruch machen können. In
einem der ersten Häuser sah ich auf einem bestaubten Bücherbret in harmlosen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/274>, abgerufen am 20.10.2024.