Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.Damit nähert sich diese Partei gegenwärtig wieder mehr jenem rein demokrati¬ Doch ist von diesen eine kleine Fraction der Demokratie immerhin noch Sie reichen dann die Hand den conservativen Großdeutschen, welche der Es liegen der staatsrechtlichen Commission drei Anträge in der deutschen Grenzboten III. 1S62. 47
Damit nähert sich diese Partei gegenwärtig wieder mehr jenem rein demokrati¬ Doch ist von diesen eine kleine Fraction der Demokratie immerhin noch Sie reichen dann die Hand den conservativen Großdeutschen, welche der Es liegen der staatsrechtlichen Commission drei Anträge in der deutschen Grenzboten III. 1S62. 47
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Damit nähert sich diese Partei gegenwärtig wieder mehr jenem rein demokrati¬
schen Lager, das von Anfang an das Bündnis; mit dem Nationalverein zurück¬
gewiesen hat und im Grund nur das Schlagwort: Centralgewalt und Parlament
wiederholt, ohne sich viel um das Wie zu kümmern. Die demokratische Idee
überwiegt hier über die nationale, das Rumpfparlament spukt noch in den
Köpfen, und am liebsten speculiren sie auf die Zertrümmerung der beiden deut¬
schen Großstaaten, um aus ihren Trümmern das eine Gesammtdeutschland auf,
demokratischer Basis aufzubauen. Die praktische Wirkung dieser Stellung ist
natürlich keine andere, als ein particularistisches Sichzurückziehen von den
wirklichen Einigungsversuchen, das schließlich nur der Bundestagspvlitik, Oest¬
reich und den Würzburgern zu gut kommen kann.
Doch ist von diesen eine kleine Fraction der Demokratie immerhin noch
zu unterscheiden, die theils aus confessionellen, theils aus volkswirtschaftlichen
Motiven, theils aus bloßem überschwänglichen Haß gegen Preußen mit Be¬
wußtsein zur Fahne Oestreichs hält und selbst das Zwanzigmillionenreich mit
in Kauf nähme, wenn nur die verhaßte preußische Hegemonie abgewendet würde.
Sie reichen dann die Hand den conservativen Großdeutschen, welche der
Allgemeinen Zeitung ihre Politik entnehmen oder auch ertheilen. Im Volke
hat dies conservative Großdeutschthum, an welches sich doch zugleich alle die¬
jenigen hängen, denen es mit der Reform überhaupt nicht Ernst ist, keinen Boden,
was sich am deutlichsten herausstellen wird, wenn es, wie verlautet, in der
schwäbischen Hauptstadt mit einem eigenen Organ hervortreten wird. Aber
obwohl erst mit dem gegenwärtigen Landtag aufgetaucht, ist es vielleicht die
disciplinirteste, thätigste Partei, deren Verbindungen bis in die obersten Re¬
gierungskreise reichen. Gewandte, ehrgeizige Agitatoren stehen an der Spitze,
und es ist keine Frage, daß durch sie im Gegensatz zu den alten Parteien ein
ganz neues Element in die Kammer gekommen ist, dessen Gewicht sich in mehr
als einer Frage geltend machen wird. Es ist bezeichnend, daß diese Partei in
kluger Taktik sich nicht dem sogenannten großdeutschen Verein angeschlossen
hat, der sich in Oberschwaben unter klerikalen Auspicien gebildet hat, übrigens
kaum der Rede werth ist. Hinter ihm steht die ultramontane Partei, die aus
den Concordatskämpfen im vorigen Jahr, wenn auch empfindlich geschlagen,
doch mit erneuter Rührigkeit hervorgegangen ist. Auch in der Kammer ge¬
hören ihr eine Anzahl Sitze an. Fügen wir nun noch bei, daß die Regierung
in ihren Beamten ein Häuflein unbedingt Ergebener besitzt, so find damit alle
Nuancen erschöpft, die in dieser Beziehung in Betracht kommen, und nach dem
Wiederzusammentritt der Kammern im Herbste bei der Berathung der Anträge
in der deutschen Frage zum Wort kommen werden.
Es liegen der staatsrechtlichen Commission drei Anträge in der deutschen
Frage zur Berichterstattung vor, einer von der demokratischen, einer von der
Grenzboten III. 1S62. 47
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