Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.und Sineo, opponirten diesen Beschlüssen und erklärten, sich der Mehrheit nicht Der König war inzwischen bereits am Morgen des 8. von der Versamm¬ Allein die Ereignisse folgten sich jetzt Schlag auf Schlag. Am 2. Februar Am 31. Januar hatte auf den Antrag des Advocaten Sineo die Congre- und Sineo, opponirten diesen Beschlüssen und erklärten, sich der Mehrheit nicht Der König war inzwischen bereits am Morgen des 8. von der Versamm¬ Allein die Ereignisse folgten sich jetzt Schlag auf Schlag. Am 2. Februar Am 31. Januar hatte auf den Antrag des Advocaten Sineo die Congre- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0317" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114631"/> <p xml:id="ID_1286" prev="#ID_1285"> und Sineo, opponirten diesen Beschlüssen und erklärten, sich der Mehrheit nicht<lb/> unterwerfen zu wollen. Ihre Anwesenheit in der bisher einmüthigen Versamm¬<lb/> lung erregte einen solchen Tumult, daß der Präsident die Sitzung aufHeden<lb/> mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1287"> Der König war inzwischen bereits am Morgen des 8. von der Versamm¬<lb/> lung am vorhergehenden Abend in Kenntniß gesetzt worden, aber in völlig<lb/> übertreibender und verläumderischer Weise. Man hatte ihm hinterbracht, es<lb/> handle sich um einen Nebcllionsversuch, unier Androhung eines Volksaufstandes,<lb/> der zugleich in allen Provinzen ausbrechen solle, wolle man ihm eine Verfassung<lb/> abnöthigen u. f. w. Der König war durch diesen Bericht aufs äußerste auf¬<lb/> gebracht und schien außerdem, daß er den Empfang der Genuesen ablehnte, zu<lb/> den strengsten Maßregeln entschlossen. Promis setzte hiervon sofort Cavvur in<lb/> Kenntniß, und dieser trat mit Durandv, Brofserio und Predari zusammen, um<lb/> einen wahrheitsgetreuer Bericht üoer den ganzen Hergang der Versammlung<lb/> aufzusetzen. Da die Censur die Veröffentlichung dieses Berichts nicht gestattete,<lb/> wurde beschlossen, ihn direct an den König einzusenden, nebst der von Durando<lb/> verfaßten Adresse, und begleitet von einem von Cavour verfaßten Briefe, der<lb/> wie der Bericht selbst, von den Vieren als den Vertretern der Turiner Presse<lb/> unterzeichnet wurde. Da sich niemand getraute die Schriftstücke dem König<lb/> einzuhändigen, wurden sie durch die Post abgesandt. Man weiß nicht, welche<lb/> Wirkung sie auf den König hervorbrachten. Thatsache ist nur, daß auch nachher<lb/> die Veröffentlichung in den Turiner Blättern nicht gestattet wurde, und man sich<lb/> zu diesem Zweck an'die Blätter Toscana's und der Romagna wenden mußte.<lb/> Am 24. Januar wurde endlich der neuvcrstärkte Staatsrath einberufen — dies<lb/> war Alles.</p><lb/> <p xml:id="ID_1288"> Allein die Ereignisse folgten sich jetzt Schlag auf Schlag. Am 2. Februar<lb/> langte in Turin die Nachricht an, daß der König von Neapel eine Verfassung<lb/> gegeben. Dem »röter Eindruck des Erstaunens folgte unbändiger Jubel. Schnell<lb/> wurde eine Beleuchtung der Stadt improvisirt, und zum ersten Mal sah man die<lb/> nationale Tricolore wehen. Eine ungeheure Volksmenge, geführt von Robert<lb/> d'Azeglio, zog vor den Palast des neapolitanischen Gesandten, Fürsten Palazzolo,<lb/> um ihn für die liberale That seines Souverains zu beglückwünschen. Ein un¬<lb/> ablässiges Geschrei rief den Gesandten auf die Straße herab, und nachdem er<lb/> gedankt und inständig gebeten, ihn in Ruhe zu lassen, erklärte er, wenn er es<lb/> früher sich zur Ehre rechnete den König zu vertreten, so sei er nunmehr stolz<lb/> darauf, Vertreter des Königs und des Volks zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1289" next="#ID_1290"> Am 31. Januar hatte auf den Antrag des Advocaten Sineo die Congre-<lb/> gation der Stadt Turin beschlossen, den großen Municipalrath auf den 5. Fe¬<lb/> bruar einzuberufen, um über eine Adresse an den König mit der Bitte um Ge¬<lb/> währung einer Bürgergarde zu berathen. In dieser Sitzung erhob sich, nachdem</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0317]
und Sineo, opponirten diesen Beschlüssen und erklärten, sich der Mehrheit nicht
unterwerfen zu wollen. Ihre Anwesenheit in der bisher einmüthigen Versamm¬
lung erregte einen solchen Tumult, daß der Präsident die Sitzung aufHeden
mußte.
Der König war inzwischen bereits am Morgen des 8. von der Versamm¬
lung am vorhergehenden Abend in Kenntniß gesetzt worden, aber in völlig
übertreibender und verläumderischer Weise. Man hatte ihm hinterbracht, es
handle sich um einen Nebcllionsversuch, unier Androhung eines Volksaufstandes,
der zugleich in allen Provinzen ausbrechen solle, wolle man ihm eine Verfassung
abnöthigen u. f. w. Der König war durch diesen Bericht aufs äußerste auf¬
gebracht und schien außerdem, daß er den Empfang der Genuesen ablehnte, zu
den strengsten Maßregeln entschlossen. Promis setzte hiervon sofort Cavvur in
Kenntniß, und dieser trat mit Durandv, Brofserio und Predari zusammen, um
einen wahrheitsgetreuer Bericht üoer den ganzen Hergang der Versammlung
aufzusetzen. Da die Censur die Veröffentlichung dieses Berichts nicht gestattete,
wurde beschlossen, ihn direct an den König einzusenden, nebst der von Durando
verfaßten Adresse, und begleitet von einem von Cavour verfaßten Briefe, der
wie der Bericht selbst, von den Vieren als den Vertretern der Turiner Presse
unterzeichnet wurde. Da sich niemand getraute die Schriftstücke dem König
einzuhändigen, wurden sie durch die Post abgesandt. Man weiß nicht, welche
Wirkung sie auf den König hervorbrachten. Thatsache ist nur, daß auch nachher
die Veröffentlichung in den Turiner Blättern nicht gestattet wurde, und man sich
zu diesem Zweck an'die Blätter Toscana's und der Romagna wenden mußte.
Am 24. Januar wurde endlich der neuvcrstärkte Staatsrath einberufen — dies
war Alles.
Allein die Ereignisse folgten sich jetzt Schlag auf Schlag. Am 2. Februar
langte in Turin die Nachricht an, daß der König von Neapel eine Verfassung
gegeben. Dem »röter Eindruck des Erstaunens folgte unbändiger Jubel. Schnell
wurde eine Beleuchtung der Stadt improvisirt, und zum ersten Mal sah man die
nationale Tricolore wehen. Eine ungeheure Volksmenge, geführt von Robert
d'Azeglio, zog vor den Palast des neapolitanischen Gesandten, Fürsten Palazzolo,
um ihn für die liberale That seines Souverains zu beglückwünschen. Ein un¬
ablässiges Geschrei rief den Gesandten auf die Straße herab, und nachdem er
gedankt und inständig gebeten, ihn in Ruhe zu lassen, erklärte er, wenn er es
früher sich zur Ehre rechnete den König zu vertreten, so sei er nunmehr stolz
darauf, Vertreter des Königs und des Volks zu sein.
Am 31. Januar hatte auf den Antrag des Advocaten Sineo die Congre-
gation der Stadt Turin beschlossen, den großen Municipalrath auf den 5. Fe¬
bruar einzuberufen, um über eine Adresse an den König mit der Bitte um Ge¬
währung einer Bürgergarde zu berathen. In dieser Sitzung erhob sich, nachdem
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