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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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brüllend, da wir so gerne zu Ihnen eilten, und Wenns möglich wäre Ihnen
halfen; die Hülfe steht allein bey Gott, mög er sich doch erbarmen und Ihnen
helfen; das ist unser innigstes Gebets. Mein Mann grüßt Sie auch von
ganzem Herzen, er ist Gott sey Dank gesund, so wie auch Nsririiurn und
Hannchen; alle verlangen aus glükliche Nachricht von Ihnen.

Diesen Brief überbringt Ihnen Herr Eysener, den ich bitten werde uns
zu schreiben, wie es Ihnen geht.

Gottes Güte ist groß, vielleicht hilft er Ihnen bald, und denn sehn wir
uns in diesem Leben noch wieder, wo nicht, in einer beßern Welt, wo kein
Leiden, kein Schmerz mehr trennt, wo wir Gott inniger anbethen können.


Leben Sie wohl, theurer geliebter Greis; Gottes Gnade sey mit Ihnen.
Von ganzen Herzen
Johanna Fichte:
g: ki^Ku Ihre

Aufschrift:


Hsrrll dickte'
durch Güte.

Den am 13. September erfolgten Tod des am 7. August 1737 gebornen,
also über 75 Jahre alten Vaters meldet ein Brief Gottlob's, dessen Schluß
fehlt. -


44.

Elstra, d. 14 Sept. 12.


Lieber Bruder

Unser guter Vater hat nun alle seine Leiden überstanden, er beschloß sein
Leben gestern Abends halb 7 Uhr. Seine Krankheit war sehr hart, die Angst
und Schmertz Gefühle verfolgten ihn bis an die letzte Minute des Todtes,
er mußte alle fchmertzhafte Zufälle empfinden, welche der Gewöhnliche Gang
der Geschwulst mit sich bringt; noch 4 Tage vor seinem Ende zeigte sich durch
Blut und Materie Auswurf, daß er ein LungenGeschwüre gehabt hatte, welche
den sehr schweren und kurtzer Athem (von welchen ich Dir schon geschrieben)
verursacht hatte; denn außer diesen würde er diese Angst nicht empfunden
haben. Zu Deiner und der Deinigen Beruhigung muß ich Dich damit trösten,
daß wir zu seiner Erquitung und Erleichterung alle nur mögliche Mühe an¬
gewendet und keine Kosten gcsparet haben, wir haben v. Bentsche in Bischofs-
wcrda, den in unserer Gegend berühmtesten Arzt gebraucht, der hat ihn von
Zeit zu Zeit selbst besuchet und ihn unter der Menge seiner übrigen Patienten
am vorzüglichsten behandelt. Ich habe seit 6 Wochen, anfänglich die mehresten
Nächte, späterhin die mehresten Tage und Nächte und seit 8 Tagen alle Tage
und Nächte bei ihm zugebracht, und Verrichtungen wo nur Liebe und Pflicht


brüllend, da wir so gerne zu Ihnen eilten, und Wenns möglich wäre Ihnen
halfen; die Hülfe steht allein bey Gott, mög er sich doch erbarmen und Ihnen
helfen; das ist unser innigstes Gebets. Mein Mann grüßt Sie auch von
ganzem Herzen, er ist Gott sey Dank gesund, so wie auch Nsririiurn und
Hannchen; alle verlangen aus glükliche Nachricht von Ihnen.

Diesen Brief überbringt Ihnen Herr Eysener, den ich bitten werde uns
zu schreiben, wie es Ihnen geht.

Gottes Güte ist groß, vielleicht hilft er Ihnen bald, und denn sehn wir
uns in diesem Leben noch wieder, wo nicht, in einer beßern Welt, wo kein
Leiden, kein Schmerz mehr trennt, wo wir Gott inniger anbethen können.


Leben Sie wohl, theurer geliebter Greis; Gottes Gnade sey mit Ihnen.
Von ganzen Herzen
Johanna Fichte:
g: ki^Ku Ihre

Aufschrift:


Hsrrll dickte'
durch Güte.

Den am 13. September erfolgten Tod des am 7. August 1737 gebornen,
also über 75 Jahre alten Vaters meldet ein Brief Gottlob's, dessen Schluß
fehlt. -


44.

Elstra, d. 14 Sept. 12.


Lieber Bruder

Unser guter Vater hat nun alle seine Leiden überstanden, er beschloß sein
Leben gestern Abends halb 7 Uhr. Seine Krankheit war sehr hart, die Angst
und Schmertz Gefühle verfolgten ihn bis an die letzte Minute des Todtes,
er mußte alle fchmertzhafte Zufälle empfinden, welche der Gewöhnliche Gang
der Geschwulst mit sich bringt; noch 4 Tage vor seinem Ende zeigte sich durch
Blut und Materie Auswurf, daß er ein LungenGeschwüre gehabt hatte, welche
den sehr schweren und kurtzer Athem (von welchen ich Dir schon geschrieben)
verursacht hatte; denn außer diesen würde er diese Angst nicht empfunden
haben. Zu Deiner und der Deinigen Beruhigung muß ich Dich damit trösten,
daß wir zu seiner Erquitung und Erleichterung alle nur mögliche Mühe an¬
gewendet und keine Kosten gcsparet haben, wir haben v. Bentsche in Bischofs-
wcrda, den in unserer Gegend berühmtesten Arzt gebraucht, der hat ihn von
Zeit zu Zeit selbst besuchet und ihn unter der Menge seiner übrigen Patienten
am vorzüglichsten behandelt. Ich habe seit 6 Wochen, anfänglich die mehresten
Nächte, späterhin die mehresten Tage und Nächte und seit 8 Tagen alle Tage
und Nächte bei ihm zugebracht, und Verrichtungen wo nur Liebe und Pflicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/230>, abgerufen am 25.08.2024.