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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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innerung sein werden. Oestreich erklärt in der Note, daß der Handelsvertrag
mit Frankreich den Zweck des Zoll- ^und Handelsvertrags mit Oestreich vom
19. Februar l853 vereiteln, und zwischen Oestreich und seinen deutschen Bun¬
desgenossen eine Scheidewand errfchten würde. Die kaiserliche Regierung ent¬
schließt sich daher, um dies zu verhindern, große Opfer zu bringen, und selbst
in den Zollverein einzutreten, den Tarif und die Einrichtungen desselben an¬
zunehmen, und in dieser Weise sowohl dem allgemeinen wirthschaftlichen Fort-
!chrilte, welchen der Vertrag mit Frankreich bezweckt, als auch den natio¬
nalen deutschen Interessen zu entsprechen. Die Zollvereinsregierungen werden
eingeladen, in Unterhandlungen über diesen Vorschlag einzutreten.

Durch diesen Schritt hofft Oestreich, die Zollvereinsregierungen, welche
dem Handelsvertrage mit Frankreich noch nicht beigetreten sind, zur Ablehnung
zu bestimmen. Hat der Schritt diesen Dienst geleistet, dann hat er ausgedient.
Es ist nicht schwer, den wahren Sinn der Bereitwilligkeit Oestreichs, den natio¬
nalen Interessen Deutschlands das Opfer seines Eintritts in den Zollverein zu
bringen, sich klar zu machen.

Der Vertrag mit Frankreich würde den Zweck des Handels- und Zoll¬
vertrags mit Oestreich von 1853 vereiteln, zwischen Oestreich und seinen deut¬
schen Bundesgenossen eine Scheidewand aufrichten, sagt die östreichische Note.
Der Vertrag von 1853 hat den Zweck, "gegenseitige Verkehrserleichterungen
auf Grundlage des freien Eingangs roher Naturerzeugnisse und des gegen er¬
mäßigte Zollsätze zu gestaltenden Eingangs gewerblicher Erzeugnisse ihrer Län¬
der eintreten zu lassen." Der Handelsvertrag mit Frankreich befördert diesen
Zweck, indem der Tarif allgemein, also auch auf Oestreich angewendet wird,
und die gegenwärtigen Zollsätze auf östreichische Erzeugnisse für mehre erheb¬
liche Artikel, z. B. für Wein, ermäßigt. Der französische Vertrag bringt mit¬
hin dem Verkehre Oestreichs mit dem Zollverein Erleichterungen, über welche
es nicht mehr zu unterhandeln braucht. Wenn Oestreich in der That beabsich¬
tigte, die Erleichterungen des gegenseitigen Verkehrs bei den Verhandlungen
über die Erneuerung seines Vertrags von 1853 -- welcher gleichzeitig mir den
Zvllvereinsverträgen abläuft, -- zu fördern, so mußte ihm der Abschluß des
Handelsvertrags mit Frankreich willkommen sein, der ohne Oestreichs Zuthun
den internationalen Verkehr überhaupt erleichtert; es mußte mit eintreten in
die Neugestaltung des Völkerverkehrs, und zu diesem Zwecke zunächst auf den¬
selben Grundlagen wie der Zollverein, mit Frankreich verhandeln. Das null
aber Oestreich nicht. Es will sein Schutzzollsystem conserviren, und zu diefem
Zwecke den unhaltbar gewordenen Zollvereinstarif noch für eine Reihe von
Jahren aufrecht halten. Oestreich erbietet sich, den Tarif und die Einrichtun¬
gen des Zollvereins anzunehmen, welche bekanntlich zu jeder Abänderung des
Tarifs Einstimmigkeit erfordern; seine Stimme würde also jede Reform ver-


innerung sein werden. Oestreich erklärt in der Note, daß der Handelsvertrag
mit Frankreich den Zweck des Zoll- ^und Handelsvertrags mit Oestreich vom
19. Februar l853 vereiteln, und zwischen Oestreich und seinen deutschen Bun¬
desgenossen eine Scheidewand errfchten würde. Die kaiserliche Regierung ent¬
schließt sich daher, um dies zu verhindern, große Opfer zu bringen, und selbst
in den Zollverein einzutreten, den Tarif und die Einrichtungen desselben an¬
zunehmen, und in dieser Weise sowohl dem allgemeinen wirthschaftlichen Fort-
!chrilte, welchen der Vertrag mit Frankreich bezweckt, als auch den natio¬
nalen deutschen Interessen zu entsprechen. Die Zollvereinsregierungen werden
eingeladen, in Unterhandlungen über diesen Vorschlag einzutreten.

Durch diesen Schritt hofft Oestreich, die Zollvereinsregierungen, welche
dem Handelsvertrage mit Frankreich noch nicht beigetreten sind, zur Ablehnung
zu bestimmen. Hat der Schritt diesen Dienst geleistet, dann hat er ausgedient.
Es ist nicht schwer, den wahren Sinn der Bereitwilligkeit Oestreichs, den natio¬
nalen Interessen Deutschlands das Opfer seines Eintritts in den Zollverein zu
bringen, sich klar zu machen.

Der Vertrag mit Frankreich würde den Zweck des Handels- und Zoll¬
vertrags mit Oestreich von 1853 vereiteln, zwischen Oestreich und seinen deut¬
schen Bundesgenossen eine Scheidewand aufrichten, sagt die östreichische Note.
Der Vertrag von 1853 hat den Zweck, „gegenseitige Verkehrserleichterungen
auf Grundlage des freien Eingangs roher Naturerzeugnisse und des gegen er¬
mäßigte Zollsätze zu gestaltenden Eingangs gewerblicher Erzeugnisse ihrer Län¬
der eintreten zu lassen." Der Handelsvertrag mit Frankreich befördert diesen
Zweck, indem der Tarif allgemein, also auch auf Oestreich angewendet wird,
und die gegenwärtigen Zollsätze auf östreichische Erzeugnisse für mehre erheb¬
liche Artikel, z. B. für Wein, ermäßigt. Der französische Vertrag bringt mit¬
hin dem Verkehre Oestreichs mit dem Zollverein Erleichterungen, über welche
es nicht mehr zu unterhandeln braucht. Wenn Oestreich in der That beabsich¬
tigte, die Erleichterungen des gegenseitigen Verkehrs bei den Verhandlungen
über die Erneuerung seines Vertrags von 1853 — welcher gleichzeitig mir den
Zvllvereinsverträgen abläuft, — zu fördern, so mußte ihm der Abschluß des
Handelsvertrags mit Frankreich willkommen sein, der ohne Oestreichs Zuthun
den internationalen Verkehr überhaupt erleichtert; es mußte mit eintreten in
die Neugestaltung des Völkerverkehrs, und zu diesem Zwecke zunächst auf den¬
selben Grundlagen wie der Zollverein, mit Frankreich verhandeln. Das null
aber Oestreich nicht. Es will sein Schutzzollsystem conserviren, und zu diefem
Zwecke den unhaltbar gewordenen Zollvereinstarif noch für eine Reihe von
Jahren aufrecht halten. Oestreich erbietet sich, den Tarif und die Einrichtun¬
gen des Zollvereins anzunehmen, welche bekanntlich zu jeder Abänderung des
Tarifs Einstimmigkeit erfordern; seine Stimme würde also jede Reform ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/223>, abgerufen am 25.08.2024.