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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Zweifel dabei u. s. s. Dabei sey -- darum beschwöre ich Dich um . Deines
eigenen Besten Willen, -- offen und freimüthig gegen mich. Wenn Du dann
auch etwas ungeschicktes schreibst und ich es Dir widerlege, -- was ist denn
das weiter? Das bleibt unter uns. Es ist beßer, daß ich Dir es verweise,
denn daß es bei Dir bleibe. Ich will nie ein anderes Verhältniß zu Dir
haben, als das eines ältern, weisern Freundes.

Ich bestimme Dir, --wenn alles gut geht -- ein Jahr in Meisen. Könn¬
test Du in einem halben Jahre leisten, was zu leisten ist; so ersparst Du mir
freilich keine kleine Summe. -- Doch ist eigentlich hiervon nicht die Rede.
Werde nur, was Du werden sollst.

Das von der Probst-Stelle zu W. ist nicht klug ausgesonnen. Ich bin
zuförderst kein Theolog. Ich kann Prvfcßor der Philosophie mit Ehren seyn:
wäre es nicht thörigt von mir, wenn ich etwas nehmen wollte, dem ich nur
nothdürftig vorstehen könnte. -- Dann glaubt man denn, daß ich mich in
Wittenberg verbessern würde? Man hat doch drollige Begriffe, scheint es, von
einem Jenaischen Prvfcßor! -- So auch dem, was die Fr. v. Kleist, der ich
übrigens für ihr Andenken sehr verbunden bin, gesagt hat. -- "Ich würde
nicht lange in Jena seyn, sondern bald weiter gerufen werden." Ich möchte
Wohl wißen, wer mir etwas anbieten könnte, wodurch ich mich verveßerte. Wer
in Jena arbeiten will, der kann es so hoch dringen, als auf irgend einer
teutschen Universität. Arbeitlosere Stellen giebt es freilich; aber ich habe noch
nicht Zeit, mich zur Ruhe zu sezen. -- Doch wünschte ich wohl, daß ich geru¬
fen würde; um es ausschlagen zu können. Das unter uns wie sich versteht.
-- Ueberhaupt sey in Meißen vorsichtig in Deinen Aeußerungen über mich.
Du weißt nichts; damit ist es zu Ende.


Grüße herzlich meine Eltern, und Geschwister.
Der Deinige F- -l'!.' ' ^

Daß die "Probst-Stelle zu Wittenberg" für Fichte geeignet sein könnte,
war wohl nur ein Gedanke der Seinigen; von einem wirklichen Anerbieten ist
nichts bekannt. -- Zu dem Namen v. Kleist vgl. den 45. Brief.


Ill.

Jena. d. 13. Fbr. 94.


Mein lieber Bruder,

Dein Lehrer hatte mir schon vor einigen Wochen Deincthalben geschrieben.
Ich bin so überhäuft mit Arbeiten gewesen, daß ich ihm nicht eher, als bis
jetzt antworten konnte; ich hoffe aber, daß dadurch für Dich kein Nachtheil ent¬
standen seyn soll.

Die Methode, die der Herr Korrektor mit dem Dccliniren, und Conjugiren
einschlägt ist die einzige für Dich zwetmäßige. Mag es immer Kopfbrechens


Grenzboten III. ^

Zweifel dabei u. s. s. Dabei sey — darum beschwöre ich Dich um . Deines
eigenen Besten Willen, — offen und freimüthig gegen mich. Wenn Du dann
auch etwas ungeschicktes schreibst und ich es Dir widerlege, — was ist denn
das weiter? Das bleibt unter uns. Es ist beßer, daß ich Dir es verweise,
denn daß es bei Dir bleibe. Ich will nie ein anderes Verhältniß zu Dir
haben, als das eines ältern, weisern Freundes.

Ich bestimme Dir, —wenn alles gut geht — ein Jahr in Meisen. Könn¬
test Du in einem halben Jahre leisten, was zu leisten ist; so ersparst Du mir
freilich keine kleine Summe. — Doch ist eigentlich hiervon nicht die Rede.
Werde nur, was Du werden sollst.

Das von der Probst-Stelle zu W. ist nicht klug ausgesonnen. Ich bin
zuförderst kein Theolog. Ich kann Prvfcßor der Philosophie mit Ehren seyn:
wäre es nicht thörigt von mir, wenn ich etwas nehmen wollte, dem ich nur
nothdürftig vorstehen könnte. — Dann glaubt man denn, daß ich mich in
Wittenberg verbessern würde? Man hat doch drollige Begriffe, scheint es, von
einem Jenaischen Prvfcßor! — So auch dem, was die Fr. v. Kleist, der ich
übrigens für ihr Andenken sehr verbunden bin, gesagt hat. — „Ich würde
nicht lange in Jena seyn, sondern bald weiter gerufen werden." Ich möchte
Wohl wißen, wer mir etwas anbieten könnte, wodurch ich mich verveßerte. Wer
in Jena arbeiten will, der kann es so hoch dringen, als auf irgend einer
teutschen Universität. Arbeitlosere Stellen giebt es freilich; aber ich habe noch
nicht Zeit, mich zur Ruhe zu sezen. — Doch wünschte ich wohl, daß ich geru¬
fen würde; um es ausschlagen zu können. Das unter uns wie sich versteht.
— Ueberhaupt sey in Meißen vorsichtig in Deinen Aeußerungen über mich.
Du weißt nichts; damit ist es zu Ende.


Grüße herzlich meine Eltern, und Geschwister.
Der Deinige F- -l'!.' ' ^

Daß die „Probst-Stelle zu Wittenberg" für Fichte geeignet sein könnte,
war wohl nur ein Gedanke der Seinigen; von einem wirklichen Anerbieten ist
nichts bekannt. — Zu dem Namen v. Kleist vgl. den 45. Brief.


Ill.

Jena. d. 13. Fbr. 94.


Mein lieber Bruder,

Dein Lehrer hatte mir schon vor einigen Wochen Deincthalben geschrieben.
Ich bin so überhäuft mit Arbeiten gewesen, daß ich ihm nicht eher, als bis
jetzt antworten konnte; ich hoffe aber, daß dadurch für Dich kein Nachtheil ent¬
standen seyn soll.

Die Methode, die der Herr Korrektor mit dem Dccliniren, und Conjugiren
einschlägt ist die einzige für Dich zwetmäßige. Mag es immer Kopfbrechens


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[0137] Zweifel dabei u. s. s. Dabei sey — darum beschwöre ich Dich um . Deines eigenen Besten Willen, — offen und freimüthig gegen mich. Wenn Du dann auch etwas ungeschicktes schreibst und ich es Dir widerlege, — was ist denn das weiter? Das bleibt unter uns. Es ist beßer, daß ich Dir es verweise, denn daß es bei Dir bleibe. Ich will nie ein anderes Verhältniß zu Dir haben, als das eines ältern, weisern Freundes. Ich bestimme Dir, —wenn alles gut geht — ein Jahr in Meisen. Könn¬ test Du in einem halben Jahre leisten, was zu leisten ist; so ersparst Du mir freilich keine kleine Summe. — Doch ist eigentlich hiervon nicht die Rede. Werde nur, was Du werden sollst. Das von der Probst-Stelle zu W. ist nicht klug ausgesonnen. Ich bin zuförderst kein Theolog. Ich kann Prvfcßor der Philosophie mit Ehren seyn: wäre es nicht thörigt von mir, wenn ich etwas nehmen wollte, dem ich nur nothdürftig vorstehen könnte. — Dann glaubt man denn, daß ich mich in Wittenberg verbessern würde? Man hat doch drollige Begriffe, scheint es, von einem Jenaischen Prvfcßor! — So auch dem, was die Fr. v. Kleist, der ich übrigens für ihr Andenken sehr verbunden bin, gesagt hat. — „Ich würde nicht lange in Jena seyn, sondern bald weiter gerufen werden." Ich möchte Wohl wißen, wer mir etwas anbieten könnte, wodurch ich mich verveßerte. Wer in Jena arbeiten will, der kann es so hoch dringen, als auf irgend einer teutschen Universität. Arbeitlosere Stellen giebt es freilich; aber ich habe noch nicht Zeit, mich zur Ruhe zu sezen. — Doch wünschte ich wohl, daß ich geru¬ fen würde; um es ausschlagen zu können. Das unter uns wie sich versteht. — Ueberhaupt sey in Meißen vorsichtig in Deinen Aeußerungen über mich. Du weißt nichts; damit ist es zu Ende. Grüße herzlich meine Eltern, und Geschwister. Der Deinige F- -l'!.' ' ^ Daß die „Probst-Stelle zu Wittenberg" für Fichte geeignet sein könnte, war wohl nur ein Gedanke der Seinigen; von einem wirklichen Anerbieten ist nichts bekannt. — Zu dem Namen v. Kleist vgl. den 45. Brief. Ill. Jena. d. 13. Fbr. 94. Mein lieber Bruder, Dein Lehrer hatte mir schon vor einigen Wochen Deincthalben geschrieben. Ich bin so überhäuft mit Arbeiten gewesen, daß ich ihm nicht eher, als bis jetzt antworten konnte; ich hoffe aber, daß dadurch für Dich kein Nachtheil ent¬ standen seyn soll. Die Methode, die der Herr Korrektor mit dem Dccliniren, und Conjugiren einschlägt ist die einzige für Dich zwetmäßige. Mag es immer Kopfbrechens Grenzboten III. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/137>, abgerufen am 24.08.2024.