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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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haben. Der Segen, den sie verbreiten, dürfte unsern Erfahrungen nach ma.
ßig sein.

In Algerien befindet sich eine sehr beträchtliche Anzahl von deutschen Pro¬
testanten, von denen die meisten zu Gemeinden gesammelt sind. Solche Ge¬
meinden bestehen in Algier, in Oran, Blidah, Bona, Mostagancm, Konstantine,
Ghe,ima und Douera. Die Pfarrer derselben wirken unter großen Beschwerden,
namentlich auch für die an den genannten Orten begründeten Schulen, die an¬
gelegentlich der Unterstützung durch die Glaubensgenossen in Europa empfohlen
werden. Gleichfalls der Empfehlung werth schien dem Centralvvrstand 1861
die evangelische Waisen-, Rettungs- und Erziehungsanstalt in Dely Ibrahim,
die damals von einer Schuldenlast von 16,000 Franken fast erdrückt wurde
und dadurch in Gefahr gerieth, von der Negierung aufgehoben zu werden.

Wir schließen unsre Uebersicht mit einem Blick auf die deutschen protestan¬
tischen Gemeinden, die sich in Kanada gebildet haben. Es gibt deren in
Montreal und Toronto, von denen die letztere vielfach von den Intriguen der
katholischen Seelenfischer gefährdet und überdies in Folge eines Kirchenbaues
in pecuniäre Bedrängniß gerathen ist, Wichtiger ist die große Gemeinde Se.
Anna. Im französisch redenden Theil Kanada's ist durch den frühern Mäßig¬
keitsapostel Chiniquy eine mächtige Bewegung innerhalb der katholischen Kirche
entstanden, welche dem Protestantismus in kurzer Zeit mehr Convertiten zu¬
geführt hat, als irgend eine andere in den letzten Jahrzehnten. Tausende ver¬
ließen mit jenem frühern katholischen Priester die Kirche Roms und Hilden jetzt
eine große evangelische Gemeinde, die in Se- Anna ihren Mittelpunkt hat.
Trotz feierlicher Excommunication durch den Bischof und unablässiger Anfeindung
der Einzelnen wie der Gesammtheit der Uebergetretenen, trotz großer leiblicher
Noth beharrten sie mit zäher Ausdauer bei der erkannten Wahrheit. Der
Gottesdienst in der noch unvollendeten Kirche zu Se. Anna wird regelmäßig
von mindestens 800 Personen besucht, die Zahl der Gemeindeglieder betrug
hier und in den Filiale" im Jahre 1861 mindestens 5000.

Nach diesem Ueberblick über das, was dem Gustav-Adolf-Verein noch zu
geben und zu schaffen übrig bleibt, bedarf es elfter Empfehlung desselben für
den überhaupt Willigen nicht mehr. Die Sache spricht für sich selbst. Möge
sie bei Vielen ein offenes Ohr finden, die hülfreiche Hand wird dann nicht
fehlen.




haben. Der Segen, den sie verbreiten, dürfte unsern Erfahrungen nach ma.
ßig sein.

In Algerien befindet sich eine sehr beträchtliche Anzahl von deutschen Pro¬
testanten, von denen die meisten zu Gemeinden gesammelt sind. Solche Ge¬
meinden bestehen in Algier, in Oran, Blidah, Bona, Mostagancm, Konstantine,
Ghe,ima und Douera. Die Pfarrer derselben wirken unter großen Beschwerden,
namentlich auch für die an den genannten Orten begründeten Schulen, die an¬
gelegentlich der Unterstützung durch die Glaubensgenossen in Europa empfohlen
werden. Gleichfalls der Empfehlung werth schien dem Centralvvrstand 1861
die evangelische Waisen-, Rettungs- und Erziehungsanstalt in Dely Ibrahim,
die damals von einer Schuldenlast von 16,000 Franken fast erdrückt wurde
und dadurch in Gefahr gerieth, von der Negierung aufgehoben zu werden.

Wir schließen unsre Uebersicht mit einem Blick auf die deutschen protestan¬
tischen Gemeinden, die sich in Kanada gebildet haben. Es gibt deren in
Montreal und Toronto, von denen die letztere vielfach von den Intriguen der
katholischen Seelenfischer gefährdet und überdies in Folge eines Kirchenbaues
in pecuniäre Bedrängniß gerathen ist, Wichtiger ist die große Gemeinde Se.
Anna. Im französisch redenden Theil Kanada's ist durch den frühern Mäßig¬
keitsapostel Chiniquy eine mächtige Bewegung innerhalb der katholischen Kirche
entstanden, welche dem Protestantismus in kurzer Zeit mehr Convertiten zu¬
geführt hat, als irgend eine andere in den letzten Jahrzehnten. Tausende ver¬
ließen mit jenem frühern katholischen Priester die Kirche Roms und Hilden jetzt
eine große evangelische Gemeinde, die in Se- Anna ihren Mittelpunkt hat.
Trotz feierlicher Excommunication durch den Bischof und unablässiger Anfeindung
der Einzelnen wie der Gesammtheit der Uebergetretenen, trotz großer leiblicher
Noth beharrten sie mit zäher Ausdauer bei der erkannten Wahrheit. Der
Gottesdienst in der noch unvollendeten Kirche zu Se. Anna wird regelmäßig
von mindestens 800 Personen besucht, die Zahl der Gemeindeglieder betrug
hier und in den Filiale» im Jahre 1861 mindestens 5000.

Nach diesem Ueberblick über das, was dem Gustav-Adolf-Verein noch zu
geben und zu schaffen übrig bleibt, bedarf es elfter Empfehlung desselben für
den überhaupt Willigen nicht mehr. Die Sache spricht für sich selbst. Möge
sie bei Vielen ein offenes Ohr finden, die hülfreiche Hand wird dann nicht
fehlen.




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[0119] haben. Der Segen, den sie verbreiten, dürfte unsern Erfahrungen nach ma. ßig sein. In Algerien befindet sich eine sehr beträchtliche Anzahl von deutschen Pro¬ testanten, von denen die meisten zu Gemeinden gesammelt sind. Solche Ge¬ meinden bestehen in Algier, in Oran, Blidah, Bona, Mostagancm, Konstantine, Ghe,ima und Douera. Die Pfarrer derselben wirken unter großen Beschwerden, namentlich auch für die an den genannten Orten begründeten Schulen, die an¬ gelegentlich der Unterstützung durch die Glaubensgenossen in Europa empfohlen werden. Gleichfalls der Empfehlung werth schien dem Centralvvrstand 1861 die evangelische Waisen-, Rettungs- und Erziehungsanstalt in Dely Ibrahim, die damals von einer Schuldenlast von 16,000 Franken fast erdrückt wurde und dadurch in Gefahr gerieth, von der Negierung aufgehoben zu werden. Wir schließen unsre Uebersicht mit einem Blick auf die deutschen protestan¬ tischen Gemeinden, die sich in Kanada gebildet haben. Es gibt deren in Montreal und Toronto, von denen die letztere vielfach von den Intriguen der katholischen Seelenfischer gefährdet und überdies in Folge eines Kirchenbaues in pecuniäre Bedrängniß gerathen ist, Wichtiger ist die große Gemeinde Se. Anna. Im französisch redenden Theil Kanada's ist durch den frühern Mäßig¬ keitsapostel Chiniquy eine mächtige Bewegung innerhalb der katholischen Kirche entstanden, welche dem Protestantismus in kurzer Zeit mehr Convertiten zu¬ geführt hat, als irgend eine andere in den letzten Jahrzehnten. Tausende ver¬ ließen mit jenem frühern katholischen Priester die Kirche Roms und Hilden jetzt eine große evangelische Gemeinde, die in Se- Anna ihren Mittelpunkt hat. Trotz feierlicher Excommunication durch den Bischof und unablässiger Anfeindung der Einzelnen wie der Gesammtheit der Uebergetretenen, trotz großer leiblicher Noth beharrten sie mit zäher Ausdauer bei der erkannten Wahrheit. Der Gottesdienst in der noch unvollendeten Kirche zu Se. Anna wird regelmäßig von mindestens 800 Personen besucht, die Zahl der Gemeindeglieder betrug hier und in den Filiale» im Jahre 1861 mindestens 5000. Nach diesem Ueberblick über das, was dem Gustav-Adolf-Verein noch zu geben und zu schaffen übrig bleibt, bedarf es elfter Empfehlung desselben für den überhaupt Willigen nicht mehr. Die Sache spricht für sich selbst. Möge sie bei Vielen ein offenes Ohr finden, die hülfreiche Hand wird dann nicht fehlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/119>, abgerufen am 24.08.2024.