Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Statthalter machte, um sich die Herren zu reicherem Tribute zu verpflichten, Grenzboten II. 1362. > 9
Statthalter machte, um sich die Herren zu reicherem Tribute zu verpflichten, Grenzboten II. 1362. > 9
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Statthalter machte, um sich die Herren zu reicherem Tribute zu verpflichten,
einen zweiten schrecklichen Krieg, der erst nach fünfjährigem Kampfe im Blut
erstickt werden konnte. Endlich brachen auch im Jahre 72 v. Ch. die italischen
Sklaven ihre Ketten, nachdem 64 Fechtersklaven, aus einer Kaserne in Capua
entwischt, die Fahne der Empörung ausgepflanzt hatten. Der kühne Thraker
Spartacus stellte sich an ihre Spitze, schlug alle Heere der Römer, die sich ihm
entgegenstellten, und faßte endlich, wie es scheint, die kühne Hoffnung, durch Er¬
oberung und Zerstörung der Hauptstadt Rache zu nehmen an den Eroberern
des Erdbodens. Die stolze Noma zitterte, als -er vom Wege nach Gallien, wo
er sich Anfangs niederlassen wollte, umkehrend mit 120,000 Sklaven ihre Mauern
bedrohte, als Brand, Mord und Verwüstung die ganze Halbinsel verödete. Nur
Mangel an Eintracht und Zucht führte die endliche Besiegung und Vernichtung
der Aufrührer herbei. Spartacus selbst und seine besten Leute starben in der
mörderischen Schlacht am Silarus den Tod freier Männer und ehrlicher Sol¬
daten; die unglücklichen Gefangenen aber wurden unter ausgesuchten Martern
getödtet und allein 6000 auf der appischen Straße zwischen Rom und Capua
gekreuzigt. — Zuweilen kam es aber auch vor, daß das Sklavengesinde des
Hauses gewaltsam seiner Erbitterung gegen ungerechte Herren Lust machte, und
dann hatten diese das Aeußerste zu fürchten. Ein schreckliches Beispiel solcher
Rache erzählt der jüngere Plinius aus seiner Zeit. Largius Mazedo, ein stolzer
und gestrenger Herr (obwohl sein Vater selbst Sklave gewesen war), befand sich
eben auf seiner Villa im Bade, als die Sklaven über ihn herfielen und ihm
durch Würgen, Stoßen und Schlagen die Besinnung raubten. Dann warfen
sie ihn auf den heißen Estrich der Dampfbadstube, um zu versuchen, ob er
wirklich todt wäre. Aber der Gemißhandelte erholte sich wieder und lebte noch
so lange, um wenigstens, wie Plinius sagt, „den Trost der Rache" zu genießen.
Das volle Maaß dieser Rache war schon von alter Zeit her vom Gesetze bestimmt
und bestand in der barbarischen Maßregel, daß alle Sklaven, welche sich zur
Zeit des Mordes mit dem Herrn unter einem Dache befunden hatten, ohne
Ausnahme getödtet wurden. Man nahm eben an, daß es Pflicht der anwe¬
senden Sklaven gewesen sei, den Mord zu verhindern, und wollte zugleich alle
Sklaven durch die Furcht vor dem eigenen Schicksale veranlassen, Alles aufzu¬
bieten, um eine solche That zu verhindern. So blieb denn die Ansicht Ulpians,
daß kein Haus anders sicher sein könne, als wenn die Sklaven mit ihrem
Kopfe für die Sicherheit des Herrn bürgten, bis in die spätesten Zeiten in
Geltung. Auch Plinius fügt ängstlich seiner grausigen Erzählung zum Schlüsse
die Worte bei: „Du siehst, wie vielen Gefahren, Mißhandlungen, Verhöhnungen
Wir ausgesetzt sind. Und es kann sich Niemand deshalb für sicher dünken,
weil er Milde und Nachsicht übt. Denn die Herren fallen nicht einem Urtheils¬
spruche, sondern dem Verbrechen zum Opfer." Augustus erneuerte die frühern
Grenzboten II. 1362. > 9
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