Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.kömmling Trimalchio persistirt. Da antwortet ein Sklave auf Befragen, daß Grenzboten II. 1862. L
kömmling Trimalchio persistirt. Da antwortet ein Sklave auf Befragen, daß Grenzboten II. 1862. L
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kömmling Trimalchio persistirt. Da antwortet ein Sklave auf Befragen, daß
er zur vierzigsten Dccurie gehöre; ein anderer behauptet, daß nicht der zehnte
Theil der Sklaven Trimalchio's ihren Herrn kennten, und in einem statistischen
Tagesbericht, den sich Trimalchio von seinem Buchhalter vorlesen läßt, heißt es
gar: „Am 27. Juni sind auf dem Landgute bei Cumci 30 Knaben und 40
Mädchen geboren worden." Die Einteilung in Decurien wurde durch die
große Menge nöthig, und Columella empfiehlt sie beim Ackerbau besonders der
leichteren Beaufsichtigung wegen. Es waren aber auch in größeren Häusern
besondere Stillegebieter (silvirti^ii) angestellt und Namenncnner (lwmcznclÄtoi'of)
deren Gedächtniß alle Sklavennamen festhalten mußte. Trotz der ungeheuren
Menge war aber doch das Verhältniß der Freien zu den Unfreien in der Haupt¬
stadt selbst ein viel günstigeres als in Athen. Es herrschte in Rom unter der
niederen städtischen Bevölkerung eine viel größere Armuth als in Athen, und
man kann getrost behaupten, daß 700.000 Freie gar nicht an Sklavenhalter
denken konnten. Nun überwog aber allerdings die Zahl die Sklaven, so daß
man vielleicht aus ungefähr 2 Millionen Einwohner 1,100,000 Sklaven rech¬
nen kann. Man wird sich deshalb nicht wundern, daß der schon vor Seneca's
Zeit im Senate gemachte Vorschlag, die Sklaven durch eine besondere Kleidung
zu kennzeichnen, nicht durchging. „Man sah ein," sagt der Philosoph, „welche
Gefahr drohte, wenn unsere Sklaven ansingen, uns zu zählen." Alexander Se-
verus, der überhaupt für das Uniformirungswesen schwärmte, kam auf den Ge¬
danken zurück, ließ sich aber durch die Vorstellungen der Rechtsgelehrten Ulpian
und Paulus, die mehr auf die wahrscheinliche Vermehrung der Zänkereien und
thätlichen Beleidigungen hinwiesen, davon abbringen. Die römischen Sklaven
trugen wie die griechischen nicht das die Arme am Arbeiten hindernde Ober¬
gewand, sondern einen groben, kurzen, ärmellosen Leibrock. Was die Namen
der Sklaven betrifft, so entlehnten die Römer dieselben ebenfalls zum Theil
von der Heimath oder mit grausamer Ironie von alten Königen und Helden.
Lieblingssklaven benannte man zarter nach Edelsteinen und Blumen, z. B. Sma¬
ragd, Beryll, Hyazinth, Narciß. Mit römischen Namen, die überhaupt nicht
wie in Hellas etwas Zufälliges, Wechselndes, sondern Zeichen des feinen Man¬
nes waren, blieb man sehr zurückhaltend, und am häufigsten erscheint darunter
der Name „Statius". Domitian ließ einst einen vornehmen Mann deshalb
hinrichten, weil er zweien seiner Sklaven die Namen Mago und Hannibal ge¬
geben hatte! Es scheint also damals eine Art von Namencensur bestanden zu
haben. — Nachdem die Dienerschaft vom Tische der Herren verstoßen worden-
war. erhielt sie monatlich, in manchen Häusern auch täglich, ein Deputat an
Weizen, Oliven, Oel, Essig, Wein, Fischlake und Salz. Man rechnete jährlich
ungefähr 9 preußische Scheffel Weizen auf die Person, was einen Werth von
etwa 13 Thalern ausmacht. Der Wein, dessen Portionen Cato genau nach den
Grenzboten II. 1862. L
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