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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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eine bemerkenswerthe Stelle über Venedig findet und zugleich die Mission Pas-
saglia's erwähnt ist, lautet-.

"Herr Bvzino! Dinge von der größter Wichtigkeit in der bewußten An¬
gelegenheit sind mir gestern von unserem Advocaten mitgetheilt worden. Ich
bin sehr erfreut über.den guten Beginn: ein guter Anfang ist die Hälfte der
Arbeit. Ich unterlasse nicht Sie zu benachrichtigen, daß unser Professor Pas-
saglia. ein Freund der italienischen Einheit, obwohl er sich vielleicht nicht offen
als solcher bekennen wird, sich nach Turin begeben hat; es scheint, daß er
vom Grafen Cavour berufen ist und vom heiligen Vater die Ermächtigung
zu unterhandeln erhalten hat. Ich glaube, es wird für die Zukunft gut sein,
sich des Zwischenhändlers des Consuls zu bedienen. Sagen Sie dem Grafen,
daß er Rom betreffend keine Opfer scheuen soll, da sie ihm durch die friedliche
Erwerbung Venetiens reichlich aufgewogen werden ze. Rom den 9. Febr. Don
Jscna."

Nachdem Graf Cavour von der Geneigtheit Antonelli's in Verhandlungen
einzutreten in Kenntniß gesetzt war, wobei er bereits nicht undeutlich erfahren
hatte, daß es hauptsächlich gewisser "Opfer" bedürfe, um den Cardinal gün¬
stig zu stimmen, richtete er am 12. Febr. folgendes Schreiben an Bvzino:

"Turin den 12. Febr. 1861. Ich bitte Sie an Ihren römischen Corre-
spondenten einen Brief folgenden Inhalts zu richten:

""Nachdem ich mit Graf Cavour gesprochen, habe ich mich überzeugt,
daß derselbe geneigt ist. in ernstliche Unterhandlungen mit dem römischen
Hof einzugehen, zu dem Zweck, auf ausgedehnten und sicheren Grundlage"
ein dauerndes Uebereinkommen zwischen der Kirche und dem Staat zu
treffen. Der Herr Graf hält ungemein viel auf die Gewandtheit und
den Verstand Seiner Eminenz, und ich glaube daher, daß derselbe leicht
zu bewegen ist, Alles, was möglich ist, zu Gunsten des Cardinals selbst
wie seiner Familie zu thun, um ihn für das projectirte Friedenswerk
günstig zu stimmen. Ich hoffe, daß Sie in Folge dieser meiner Mittheilung
mir bestimmtere Berichte über die Entschließungen der Personen geben
können, von welchen der Ausgang der Verhandlungen abhängt. Wenn
Sie mir zu diesem Zweck schreiben, bitte ich Sie, Ihren Brief dem Pater
Molinari zu übergeben, welcher Ihnen auch diesen Brief einhändigen
wird.""

Dieser Brief sollte dann am nächsten Montag an mich unter meiner Adresse
gerichtet werden mit der Aufschrift "Vertraulich." Molinari reist am Dienstag
nach Rom ab. Indem ich meinen Dank für Ihre Mitwirkung bei dieser hoch¬
wichtigen Angelegenheit wiederhole, bin ich hochachtungsvoll


Graf Cavour." .

Inzwischen war Gaeta gefallen (am 13. Febr.). eine gewaltsame Ent-


eine bemerkenswerthe Stelle über Venedig findet und zugleich die Mission Pas-
saglia's erwähnt ist, lautet-.

„Herr Bvzino! Dinge von der größter Wichtigkeit in der bewußten An¬
gelegenheit sind mir gestern von unserem Advocaten mitgetheilt worden. Ich
bin sehr erfreut über.den guten Beginn: ein guter Anfang ist die Hälfte der
Arbeit. Ich unterlasse nicht Sie zu benachrichtigen, daß unser Professor Pas-
saglia. ein Freund der italienischen Einheit, obwohl er sich vielleicht nicht offen
als solcher bekennen wird, sich nach Turin begeben hat; es scheint, daß er
vom Grafen Cavour berufen ist und vom heiligen Vater die Ermächtigung
zu unterhandeln erhalten hat. Ich glaube, es wird für die Zukunft gut sein,
sich des Zwischenhändlers des Consuls zu bedienen. Sagen Sie dem Grafen,
daß er Rom betreffend keine Opfer scheuen soll, da sie ihm durch die friedliche
Erwerbung Venetiens reichlich aufgewogen werden ze. Rom den 9. Febr. Don
Jscna."

Nachdem Graf Cavour von der Geneigtheit Antonelli's in Verhandlungen
einzutreten in Kenntniß gesetzt war, wobei er bereits nicht undeutlich erfahren
hatte, daß es hauptsächlich gewisser „Opfer" bedürfe, um den Cardinal gün¬
stig zu stimmen, richtete er am 12. Febr. folgendes Schreiben an Bvzino:

„Turin den 12. Febr. 1861. Ich bitte Sie an Ihren römischen Corre-
spondenten einen Brief folgenden Inhalts zu richten:

„„Nachdem ich mit Graf Cavour gesprochen, habe ich mich überzeugt,
daß derselbe geneigt ist. in ernstliche Unterhandlungen mit dem römischen
Hof einzugehen, zu dem Zweck, auf ausgedehnten und sicheren Grundlage»
ein dauerndes Uebereinkommen zwischen der Kirche und dem Staat zu
treffen. Der Herr Graf hält ungemein viel auf die Gewandtheit und
den Verstand Seiner Eminenz, und ich glaube daher, daß derselbe leicht
zu bewegen ist, Alles, was möglich ist, zu Gunsten des Cardinals selbst
wie seiner Familie zu thun, um ihn für das projectirte Friedenswerk
günstig zu stimmen. Ich hoffe, daß Sie in Folge dieser meiner Mittheilung
mir bestimmtere Berichte über die Entschließungen der Personen geben
können, von welchen der Ausgang der Verhandlungen abhängt. Wenn
Sie mir zu diesem Zweck schreiben, bitte ich Sie, Ihren Brief dem Pater
Molinari zu übergeben, welcher Ihnen auch diesen Brief einhändigen
wird.""

Dieser Brief sollte dann am nächsten Montag an mich unter meiner Adresse
gerichtet werden mit der Aufschrift „Vertraulich." Molinari reist am Dienstag
nach Rom ab. Indem ich meinen Dank für Ihre Mitwirkung bei dieser hoch¬
wichtigen Angelegenheit wiederhole, bin ich hochachtungsvoll


Graf Cavour." .

Inzwischen war Gaeta gefallen (am 13. Febr.). eine gewaltsame Ent-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/53>, abgerufen am 08.01.2025.