Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band."Iisn za Czarya" (das Leben für den Czar) geschrieben, die 1843 zuerst auf¬ Werstoffski, jetzt Director der Moskaner Oper und Componist vieler Lieder, Baron v. Haxthausen hat in seinem sonst vielfach werthvollen Buch über Bekannt als Komponist ist auch Lwoff, dessen Lobgesang auf den Czar) Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von C. E, Elbert in Leipzig, ') Beiläufig aus Reminiscenzen an das alte Jakobitenlicd "ille tius Kens ok Lcotlauä
D. R, entstanden. „Iisn za Czarya" (das Leben für den Czar) geschrieben, die 1843 zuerst auf¬ Werstoffski, jetzt Director der Moskaner Oper und Componist vieler Lieder, Baron v. Haxthausen hat in seinem sonst vielfach werthvollen Buch über Bekannt als Komponist ist auch Lwoff, dessen Lobgesang auf den Czar) Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E, Elbert in Leipzig, ') Beiläufig aus Reminiscenzen an das alte Jakobitenlicd „ille tius Kens ok Lcotlauä
D. R, entstanden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0408" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114188"/> <p xml:id="ID_1323" prev="#ID_1322"> „Iisn za Czarya" (das Leben für den Czar) geschrieben, die 1843 zuerst auf¬<lb/> geführt wurde und jedenfalls viel Nationales enthält, gegenwärtig aber selten<lb/> mehr auf die Bühne kommt und auch von ihren Arien nichts an das Volk ab¬<lb/> gegeben zu haben scheint,</p><lb/> <p xml:id="ID_1324"> Werstoffski, jetzt Director der Moskaner Oper und Componist vieler Lieder,<lb/> hat sich vorzüglich durch die Opern „Askoldowa Mogila" (das Grab Askolds)<lb/> und „Gramvb'ol" bekannt gemacht. Die erstgenannte Oper will vom künstle¬<lb/> rischen Standpunkt nicht viel bedeuten. Die Ouvertüre ist von kläglicher Ar¬<lb/> muth, kein einziger Act hat ein wohlgefügtes Finale. Ein Musiker von Fach<lb/> würde daher „das Grab Askolds" ohne Weiteres links liegen lassen, wenn es<lb/> nickt der Bausteine wegen interessant wäre, aus denen es zusammengesetzt ist.<lb/> Der Komponist hat eine Anzahl Nativnalmelodien eingefügt und den'selbst er¬<lb/> fundenen eine nationale Färbung gegeben, was dem Ganzen ein nicht gerade<lb/> schönes, aber interessantes Gepräge verleiht. So singt der Held eine Arie im<lb/> Maß der Polatka, die den Bootsknechten der Wolga abgelauscht ist, und so<lb/> trägt die Primadonna eine andere Arie mit Chor vor, die gleichfalls unverkenn¬<lb/> bar" volkstümlich ist. Die Mehrzahl der Melodien dieser Oper bewegen sich,<lb/> wie fast alle slavischen Weisen, in Moll, andere Arien heben Refrains oder<lb/> Nesponsen im Chor, die ein anderer charakteristischer Zug russischer Volksmusik<lb/> sind, gleichviel ob sie von Bauern, Zigeunern oder Kosakcngesellschaften execu-<lb/> tire wird. Askoldowa Mogila ist also ein nationales Werk, und wenn wir be¬<lb/> greisen, daß die Habitues der italienischen Oper und der Petersburger philhar¬<lb/> monischen Concerte nickt allzuviel davon halten, so ist es doch von großem In¬<lb/> teresse für den Fremden, der Zwecke der Ethnographie verfolgt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1325"> Baron v. Haxthausen hat in seinem sonst vielfach werthvollen Buch über<lb/> Rußland den Leichtsinn gehabt, zu behaupten, „das Grab Askolds" habe ihn<lb/> an „die Nachtwandlerin" und den „Freischütz" erinnert. Edwards sagt darüber:<lb/> „Ich sollte meinen, daß, wenn es an eine von den beiden Opern mahnte, es<lb/> ruckt wohl an die andere denken lassen konnte, da zwischen beiden keine Aehn-<lb/> lichkeit ist. Auch kann ich nicht begreifen, wie die Musik Werstoffski's irgend<lb/> Jemand entweder an Bellini oder an Weber erinnern kann. Dagegen würde<lb/> Werstoffski's letzte Oper „Gramoboi" dem Baron Haxthausen eher den Frei-<lb/> schütz zurückrufen können, da sich dieselbe auf eine Sage gründet, in welcher<lb/> Jemand seine Seele dem Bösen verkauft." Sonst hat freilich auch diese Oper<lb/> nichts von Webers Schöpfung. Das Werk erschien (1857) prachtvoll ausge¬<lb/> stattet auf der Moskaner Bühne und zog eine Zeit durch Costüme und Decora-<lb/> tionen an, hatte aber als Oper gar keinen Erfolg.*</p><lb/> <p xml:id="ID_1326"> Bekannt als Komponist ist auch Lwoff, dessen Lobgesang auf den Czar)<lb/> Nationallied geworden ist und als solches über die russischen Grenzen hinaus<lb/> Verbreitung gefunden hat. Man hat von ihm noch eine Anzahl Arien,<lb/> Duette, Phantasien und Psalmen, von denen ebenfalls manches im Ausland An¬<lb/> erkennung erlangte. Weniger bekannt wird sein, daß er die russische Kirchen¬<lb/> musik regulirte, vielleicht ebensowenig, daß er bei Gelegenheit verletzten Kaiser¬<lb/> krönung in Moskau statt der großen Trommel ein neues sehr wirkungsvolles<lb/> Instrument in der Musik einführte — die Kanone nämlich.</p><lb/> <note xml:id="FID_35" place="foot"> ') Beiläufig aus Reminiscenzen an das alte Jakobitenlicd „ille tius Kens ok Lcotlauä<lb/><note type="byline"> D. R,</note> entstanden. </note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.<lb/> Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E, Elbert in Leipzig,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0408]
„Iisn za Czarya" (das Leben für den Czar) geschrieben, die 1843 zuerst auf¬
geführt wurde und jedenfalls viel Nationales enthält, gegenwärtig aber selten
mehr auf die Bühne kommt und auch von ihren Arien nichts an das Volk ab¬
gegeben zu haben scheint,
Werstoffski, jetzt Director der Moskaner Oper und Componist vieler Lieder,
hat sich vorzüglich durch die Opern „Askoldowa Mogila" (das Grab Askolds)
und „Gramvb'ol" bekannt gemacht. Die erstgenannte Oper will vom künstle¬
rischen Standpunkt nicht viel bedeuten. Die Ouvertüre ist von kläglicher Ar¬
muth, kein einziger Act hat ein wohlgefügtes Finale. Ein Musiker von Fach
würde daher „das Grab Askolds" ohne Weiteres links liegen lassen, wenn es
nickt der Bausteine wegen interessant wäre, aus denen es zusammengesetzt ist.
Der Komponist hat eine Anzahl Nativnalmelodien eingefügt und den'selbst er¬
fundenen eine nationale Färbung gegeben, was dem Ganzen ein nicht gerade
schönes, aber interessantes Gepräge verleiht. So singt der Held eine Arie im
Maß der Polatka, die den Bootsknechten der Wolga abgelauscht ist, und so
trägt die Primadonna eine andere Arie mit Chor vor, die gleichfalls unverkenn¬
bar" volkstümlich ist. Die Mehrzahl der Melodien dieser Oper bewegen sich,
wie fast alle slavischen Weisen, in Moll, andere Arien heben Refrains oder
Nesponsen im Chor, die ein anderer charakteristischer Zug russischer Volksmusik
sind, gleichviel ob sie von Bauern, Zigeunern oder Kosakcngesellschaften execu-
tire wird. Askoldowa Mogila ist also ein nationales Werk, und wenn wir be¬
greisen, daß die Habitues der italienischen Oper und der Petersburger philhar¬
monischen Concerte nickt allzuviel davon halten, so ist es doch von großem In¬
teresse für den Fremden, der Zwecke der Ethnographie verfolgt.
Baron v. Haxthausen hat in seinem sonst vielfach werthvollen Buch über
Rußland den Leichtsinn gehabt, zu behaupten, „das Grab Askolds" habe ihn
an „die Nachtwandlerin" und den „Freischütz" erinnert. Edwards sagt darüber:
„Ich sollte meinen, daß, wenn es an eine von den beiden Opern mahnte, es
ruckt wohl an die andere denken lassen konnte, da zwischen beiden keine Aehn-
lichkeit ist. Auch kann ich nicht begreifen, wie die Musik Werstoffski's irgend
Jemand entweder an Bellini oder an Weber erinnern kann. Dagegen würde
Werstoffski's letzte Oper „Gramoboi" dem Baron Haxthausen eher den Frei-
schütz zurückrufen können, da sich dieselbe auf eine Sage gründet, in welcher
Jemand seine Seele dem Bösen verkauft." Sonst hat freilich auch diese Oper
nichts von Webers Schöpfung. Das Werk erschien (1857) prachtvoll ausge¬
stattet auf der Moskaner Bühne und zog eine Zeit durch Costüme und Decora-
tionen an, hatte aber als Oper gar keinen Erfolg.*
Bekannt als Komponist ist auch Lwoff, dessen Lobgesang auf den Czar)
Nationallied geworden ist und als solches über die russischen Grenzen hinaus
Verbreitung gefunden hat. Man hat von ihm noch eine Anzahl Arien,
Duette, Phantasien und Psalmen, von denen ebenfalls manches im Ausland An¬
erkennung erlangte. Weniger bekannt wird sein, daß er die russische Kirchen¬
musik regulirte, vielleicht ebensowenig, daß er bei Gelegenheit verletzten Kaiser¬
krönung in Moskau statt der großen Trommel ein neues sehr wirkungsvolles
Instrument in der Musik einführte — die Kanone nämlich.
Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E, Elbert in Leipzig,
') Beiläufig aus Reminiscenzen an das alte Jakobitenlicd „ille tius Kens ok Lcotlauä
D. R, entstanden.
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