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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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zeichnen, haben die beiden letzten in der Hauptsache dem Publicum in frühern
Jahrgängen d. Bl. vorgelegen.

Im Folgenden geben wir den Lesern einen ausführlichen Auszug aus dem
ersten Abschnitt des Buches, welches damit den Freunden des Alterthums warm
empfohlen sein möge.

Bis zu der Neronischen Feuersbrunst ist Rom keine schöne Stadt im mo¬
dernen Sinne gewesen. Es waren schon vor Augustus mancherlei verschwen¬
derisch ausgestattete öffentliche Bauten entstanden, und die Augusteische Zeit
schuf zu diesen so viel Prächtiges hinzu, daß die Backstcinstadt sich in eine
Marmorstadt umgewandelt zu haben schien. Aber die große Masse der Privat¬
gebäude wurde davon nicht betroffen, die Straßen blieben eng, krumm und
uneben, die Häuser unverhältnißmäßig hoch und durch häßliche Anbauten ent¬
stellt, und das Ganze zeigte das Bild einer ohne Plan und Regel entstan¬
denen Stadt.

Der große Brand des Jahres 64, der von den vierzehn Quartieren Roms
drei vollständig und sieben größtentheils in Schutt und Asche legte, hatte einen
Neubau im Gefolge, bei welchem die Häuser bis zu einer gewissen Höhe feuer¬
fest und minder hoch aufgeführt, die Straßen breiter und gerader angelegt und
die Quartiere planmäßig vertheilt wurden. Indeß blieben die Häuser, da das
ohne Zweifel sehr theure Areal zum Aufsetzen zahlreicher Stockwerke nöthigte, noch
immer ziemlich hoch. Augustus hatte ihre Höhe auf der Seile, wo sie die Straßen
einfaßten, auf 70 römische Fuß (circa 66 preußische) beschränkt, Nero und spä¬
ter Trajan setzten dies noch beträchtlich herab. Indeß kam damit das alte
Rom, dessen höchste Häuser nach dem angegebenen Maß kaum mehr als vier
Stockwerke gehabt haben können, modernen Städten, wie Genua, wo acht bis
neun, und Edinburg, wo selbst zehn Geschosse vorkommen, nicht gleich. Im
Ganzen wird die verhältnißmäßige Schmalheit der Straßen bewirkt haben, daß
die Gebäude höher zu sein schienen, als sie waren. Sehr lange, breite und
zugleich gerade Straßen waren auch in der Zeit nach Nero selten, da die stete
Abwechslung von Thal und Hügel auf dem Stadtareal solche nur an einigen
Stellen gestattete. Großartige Prospecte. wie sie Alexandria und Antiochia
mit ihren fast meilenlangen, rechtwinkelig durchschnittenen Prachtstraßen boten,
hat Rom nie gehabt. Häufig wichen die Häuserfronten von der geraden Linie
ab. Die verschiedenen Theile der einzelnen Gebäude waren von ungleicher
Höhe, die Fenster soie noch heute im Orient) unregelmäßig und vereinzelt, die
lebhafteren Gassen durch An- und Vorhanden, Buden, Verkaufsladen, Schenk¬
stuben und Werkstätten (etwa wie heute in Kairo und Damaskus) verengt.
Ganz Rom, sagt Martial, war eine große Taberne geworden, alle Straßen von
Krämern und Händlern, Fleischern, Schenkwirthen und Barbieren in Beschlag
genommen. Man sah keine Hausschwelle mehr. Dampfende rußgeschwärzte


zeichnen, haben die beiden letzten in der Hauptsache dem Publicum in frühern
Jahrgängen d. Bl. vorgelegen.

Im Folgenden geben wir den Lesern einen ausführlichen Auszug aus dem
ersten Abschnitt des Buches, welches damit den Freunden des Alterthums warm
empfohlen sein möge.

Bis zu der Neronischen Feuersbrunst ist Rom keine schöne Stadt im mo¬
dernen Sinne gewesen. Es waren schon vor Augustus mancherlei verschwen¬
derisch ausgestattete öffentliche Bauten entstanden, und die Augusteische Zeit
schuf zu diesen so viel Prächtiges hinzu, daß die Backstcinstadt sich in eine
Marmorstadt umgewandelt zu haben schien. Aber die große Masse der Privat¬
gebäude wurde davon nicht betroffen, die Straßen blieben eng, krumm und
uneben, die Häuser unverhältnißmäßig hoch und durch häßliche Anbauten ent¬
stellt, und das Ganze zeigte das Bild einer ohne Plan und Regel entstan¬
denen Stadt.

Der große Brand des Jahres 64, der von den vierzehn Quartieren Roms
drei vollständig und sieben größtentheils in Schutt und Asche legte, hatte einen
Neubau im Gefolge, bei welchem die Häuser bis zu einer gewissen Höhe feuer¬
fest und minder hoch aufgeführt, die Straßen breiter und gerader angelegt und
die Quartiere planmäßig vertheilt wurden. Indeß blieben die Häuser, da das
ohne Zweifel sehr theure Areal zum Aufsetzen zahlreicher Stockwerke nöthigte, noch
immer ziemlich hoch. Augustus hatte ihre Höhe auf der Seile, wo sie die Straßen
einfaßten, auf 70 römische Fuß (circa 66 preußische) beschränkt, Nero und spä¬
ter Trajan setzten dies noch beträchtlich herab. Indeß kam damit das alte
Rom, dessen höchste Häuser nach dem angegebenen Maß kaum mehr als vier
Stockwerke gehabt haben können, modernen Städten, wie Genua, wo acht bis
neun, und Edinburg, wo selbst zehn Geschosse vorkommen, nicht gleich. Im
Ganzen wird die verhältnißmäßige Schmalheit der Straßen bewirkt haben, daß
die Gebäude höher zu sein schienen, als sie waren. Sehr lange, breite und
zugleich gerade Straßen waren auch in der Zeit nach Nero selten, da die stete
Abwechslung von Thal und Hügel auf dem Stadtareal solche nur an einigen
Stellen gestattete. Großartige Prospecte. wie sie Alexandria und Antiochia
mit ihren fast meilenlangen, rechtwinkelig durchschnittenen Prachtstraßen boten,
hat Rom nie gehabt. Häufig wichen die Häuserfronten von der geraden Linie
ab. Die verschiedenen Theile der einzelnen Gebäude waren von ungleicher
Höhe, die Fenster soie noch heute im Orient) unregelmäßig und vereinzelt, die
lebhafteren Gassen durch An- und Vorhanden, Buden, Verkaufsladen, Schenk¬
stuben und Werkstätten (etwa wie heute in Kairo und Damaskus) verengt.
Ganz Rom, sagt Martial, war eine große Taberne geworden, alle Straßen von
Krämern und Händlern, Fleischern, Schenkwirthen und Barbieren in Beschlag
genommen. Man sah keine Hausschwelle mehr. Dampfende rußgeschwärzte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/370>, abgerufen am 06.01.2025.