Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.welche ihr durch Verantwortlichkeit und Gefahren einer entschiedenen Kammer¬ Nicht ganz ist diese Perspective erfüllt worden. Die beiden Fractionen Nun ist allerdings anzunehmen, daß der große Körper der Fortschrittspar¬ Denn immer muß wiederholt werden, daß diese Bereinigung eine unab¬ Es war ein glänzender Sieg, den das Volk durch seine Wahlen über die welche ihr durch Verantwortlichkeit und Gefahren einer entschiedenen Kammer¬ Nicht ganz ist diese Perspective erfüllt worden. Die beiden Fractionen Nun ist allerdings anzunehmen, daß der große Körper der Fortschrittspar¬ Denn immer muß wiederholt werden, daß diese Bereinigung eine unab¬ Es war ein glänzender Sieg, den das Volk durch seine Wahlen über die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0359" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114139"/> <p xml:id="ID_1144" prev="#ID_1143"> welche ihr durch Verantwortlichkeit und Gefahren einer entschiedenen Kammer¬<lb/> majorität entstehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1145"> Nicht ganz ist diese Perspective erfüllt worden. Die beiden Fractionen<lb/> der Fortschrittspartei umschließen fast, aber nicht ganz die Mehrzahl des Hau¬<lb/> ses, sie erhalten dieselbe sicher erst durch Zutritt der Fraction Bockum-Dolffs.<lb/> Indeß da sich voraussetzen läßt, daß diese Fraction, welche diesmal das kleine<lb/> entscheidende Gewicht der Kammer geworden ist, wenigstens in einigen Haupt¬<lb/> fragen sich der Linken anschließen wird, so wird der Umstand wahrscheinlich nicht<lb/> verhängnißvoll werden, daß die Fortschrittspartei immer noch um einige Stim¬<lb/> men zu schwach ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1146"> Nun ist allerdings anzunehmen, daß der große Körper der Fortschrittspar¬<lb/> tei nicht auf die Länge als sestgeschlossene Einheit bestehen wird. Wie gut<lb/> auch der Wille der Gewählten und die Parteidiscipiin ist, die Partei vereinigt<lb/> sehr verschiedenartige, in innerlichem Gegensatz stehende Elemente; und was man<lb/> schon in der letzten Sitzung voraussagen durfte, wird voraussichtlich in dieser<lb/> oder der nächsten eintreten: eine äußerste.Linke wird sich etwa unter Waldeck in<lb/> einer kleinen Zahl von Häuptern ablösen, und die große Mehrzahl der Partei<lb/> wird durch den auftauchenden Gegensatz den gemäßigteren liberalen Fractionen<lb/> ein wenig näher gerückt werden. Das aber wird ein dauernder Gewinn für<lb/> das Verfassungsleben Preußens werden, weil es die Bildung einer großen ein¬<lb/> heitlichen Partei vollenden hilft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1147"> Denn immer muß wiederholt werden, daß diese Bereinigung eine unab¬<lb/> wendbare Nothwendigkeit ist, daß die gegenwärtige Trennung nicht mehr hohe<lb/> Politische Berechtigung hat, und daß keine der jetzt bestehenden Fractionen,<lb/> weder Altliberale, noch die Mittelfraction, noch die Fortschrittsmänner in ihrer<lb/> jetzigen Zusammenstellung die Bürgschaft langer Dauer in sich trägt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1148"> Es war ein glänzender Sieg, den das Volk durch seine Wahlen über die<lb/> Negierung davongetragen hat. Wie sehr er dem Ministerium imponirt hat, be¬<lb/> weist die Thronrede, weiche jede Art von Concessionen macht, um einen Con¬<lb/> flict mit der neuen unbequemen und für die Regierung unberechenbaren Ver¬<lb/> sammlung zu vermeiden. Aber auch die Volkspartei muß empfinden, daß ihr<lb/> Sieg doch kein unbedingter ist. Die Concessionen sind abgerungen, dahinter steht<lb/> ein letzter, durchaus noch nicht gebrochener Wille, welcher über einen gewissen<lb/> Punkt sich schwerlich wird hinaustreiben lassen, ohne neue starke Conflicte. Es<lb/> ist anzunehmen, daß die Führer der Fortschrittspartei, die vielleicht von der<lb/> Größe ihres Erfolges selbst überrascht waren, sich zunächst ernsthaft bemühen<lb/> werden, einen solchen Conflict zu vermeiden. S'e können kaum n v es g co innen,<lb/> Wohl aber viel verlieren. Brennt aber ein unvermeidlicher Zwist mit der<lb/> Regierung auf, so werden sie sorglich darauf sehen, daß er in einer Frage ent¬<lb/> stehe, wo sie des Volkes, welches hinter ihnen steht, ganz sicher sind.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0359]
welche ihr durch Verantwortlichkeit und Gefahren einer entschiedenen Kammer¬
majorität entstehen.
Nicht ganz ist diese Perspective erfüllt worden. Die beiden Fractionen
der Fortschrittspartei umschließen fast, aber nicht ganz die Mehrzahl des Hau¬
ses, sie erhalten dieselbe sicher erst durch Zutritt der Fraction Bockum-Dolffs.
Indeß da sich voraussetzen läßt, daß diese Fraction, welche diesmal das kleine
entscheidende Gewicht der Kammer geworden ist, wenigstens in einigen Haupt¬
fragen sich der Linken anschließen wird, so wird der Umstand wahrscheinlich nicht
verhängnißvoll werden, daß die Fortschrittspartei immer noch um einige Stim¬
men zu schwach ist.
Nun ist allerdings anzunehmen, daß der große Körper der Fortschrittspar¬
tei nicht auf die Länge als sestgeschlossene Einheit bestehen wird. Wie gut
auch der Wille der Gewählten und die Parteidiscipiin ist, die Partei vereinigt
sehr verschiedenartige, in innerlichem Gegensatz stehende Elemente; und was man
schon in der letzten Sitzung voraussagen durfte, wird voraussichtlich in dieser
oder der nächsten eintreten: eine äußerste.Linke wird sich etwa unter Waldeck in
einer kleinen Zahl von Häuptern ablösen, und die große Mehrzahl der Partei
wird durch den auftauchenden Gegensatz den gemäßigteren liberalen Fractionen
ein wenig näher gerückt werden. Das aber wird ein dauernder Gewinn für
das Verfassungsleben Preußens werden, weil es die Bildung einer großen ein¬
heitlichen Partei vollenden hilft.
Denn immer muß wiederholt werden, daß diese Bereinigung eine unab¬
wendbare Nothwendigkeit ist, daß die gegenwärtige Trennung nicht mehr hohe
Politische Berechtigung hat, und daß keine der jetzt bestehenden Fractionen,
weder Altliberale, noch die Mittelfraction, noch die Fortschrittsmänner in ihrer
jetzigen Zusammenstellung die Bürgschaft langer Dauer in sich trägt.
Es war ein glänzender Sieg, den das Volk durch seine Wahlen über die
Negierung davongetragen hat. Wie sehr er dem Ministerium imponirt hat, be¬
weist die Thronrede, weiche jede Art von Concessionen macht, um einen Con¬
flict mit der neuen unbequemen und für die Regierung unberechenbaren Ver¬
sammlung zu vermeiden. Aber auch die Volkspartei muß empfinden, daß ihr
Sieg doch kein unbedingter ist. Die Concessionen sind abgerungen, dahinter steht
ein letzter, durchaus noch nicht gebrochener Wille, welcher über einen gewissen
Punkt sich schwerlich wird hinaustreiben lassen, ohne neue starke Conflicte. Es
ist anzunehmen, daß die Führer der Fortschrittspartei, die vielleicht von der
Größe ihres Erfolges selbst überrascht waren, sich zunächst ernsthaft bemühen
werden, einen solchen Conflict zu vermeiden. S'e können kaum n v es g co innen,
Wohl aber viel verlieren. Brennt aber ein unvermeidlicher Zwist mit der
Regierung auf, so werden sie sorglich darauf sehen, daß er in einer Frage ent¬
stehe, wo sie des Volkes, welches hinter ihnen steht, ganz sicher sind.
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