Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Freilich stand, wenn es nur auf einen ordonnanzmäßigen Anzug und auf Exer- Dafür durfte man aber auch in dem ungebildeten polnischen oder czcchischen Wenn die Polizei in früherer Zeit den Spott und die Mißachtung des Und weicher komische Anblick war es, wenn ein Polizeimann, mit dem Ge¬ Einen Beweis, daß man die Unzulänglichkeit der Polizei erkannte, gab die So trugen die Polizeitruppen Oestreichs ganz das Gepräge der Schöpfung Die jüngsten Bewegungen in Oestreich bewirkten abermals eine Aenderung^ Freilich stand, wenn es nur auf einen ordonnanzmäßigen Anzug und auf Exer- Dafür durfte man aber auch in dem ungebildeten polnischen oder czcchischen Wenn die Polizei in früherer Zeit den Spott und die Mißachtung des Und weicher komische Anblick war es, wenn ein Polizeimann, mit dem Ge¬ Einen Beweis, daß man die Unzulänglichkeit der Polizei erkannte, gab die So trugen die Polizeitruppen Oestreichs ganz das Gepräge der Schöpfung Die jüngsten Bewegungen in Oestreich bewirkten abermals eine Aenderung^ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114124"/> <p xml:id="ID_1088" prev="#ID_1087"> Freilich stand, wenn es nur auf einen ordonnanzmäßigen Anzug und auf Exer-<lb/> cirgewandtheit ankam, der östreichische Polizeisoldat unübertroffen da, man konnte<lb/> die Leute sogar plänkeln und „das Bayonnetfechten gegen Cavallerie" üben<lb/> sehen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1089"> Dafür durfte man aber auch in dem ungebildeten polnischen oder czcchischen<lb/> Recruten kein eifriges und verständiges Organ der öffentlichen Sicherheit suchen,<lb/> sondern nur einen mittelmäßig dressirten Soldaten, welcher lau und mecha¬<lb/> nisch das verrichtete, wozu man ihn antrieb, oder einen eigenmächtigen und<lb/> unvernünftigen Büttel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1090"> Wenn die Polizei in früherer Zeit den Spott und die Mißachtung des<lb/> Publicums auf sich gezogen hatte, so erregte sie jetzt durch ihr inconsequentes<lb/> und willkürliches Verfahren auch Haß und Verdruß, welche Gefühle sich<lb/> in den letzten Jahren bei verschiedenen Anlässen Luft machten. Und dieses ge¬<lb/> schah nicht etwa bei der Hefe, sondern bei der Mittelklasse der Bevölkerung,<lb/> da nur diese die Begegnung mit der Polizei zu scheuen hatte. Der Dieb, der<lb/> Excedent und der Trunkenbold aber fürchteten den Polizeimann nicht, da sie<lb/> recht gut wußten, daß derselbe nur im äußersten Nothfälle von seinem stumpfen<lb/> Säbel, nie aber von seinem Gewehr Gebrauch machen durfte. Fast wäre also<lb/> die frühere Polizei mit dem Haselstock vorzuziehen gewesen. Wie lächerlich nahm<lb/> es sich z. B. aus, wen» der Wasenmeister mit seinem Karren die Straßen<lb/> durchzog, um herrenlose Hunde anzufangen, begleitet von zwei Polizeisoldaten<lb/> mit geschultertem Gewehr, und wenn die liebe Straßenjugend mit wildem Hal-<lb/> loh den reputirlicher Zug umschwärmte, bald da bald dort einen der gefange¬<lb/> nen Hunde befreiend.</p><lb/> <p xml:id="ID_1091"> Und weicher komische Anblick war es, wenn ein Polizeimann, mit dem Ge¬<lb/> wehr im Arm, vor dem hochgeschwungenen Besen einer Oebstlenn die Flucht<lb/> ergriff.</p><lb/> <p xml:id="ID_1092"> Einen Beweis, daß man die Unzulänglichkeit der Polizei erkannte, gab die<lb/> Einrichtung der Wiener Gewölbewache, welches Institut vorzüglich auf Betreiben<lb/> des Handels- und Gewerbestandes'ins Leben gerufen und aus den Mitteln der<lb/> Gemeinde erhalten wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1093"> So trugen die Polizeitruppen Oestreichs ganz das Gepräge der Schöpfung<lb/> eines nach äußerlichen Effect strebenden, aber wenig innern Werth und Halt<lb/> besitzenden Militärstaates, wie Oestreich es zu dieser Zeit auch wirklich war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1094" next="#ID_1095"> Die jüngsten Bewegungen in Oestreich bewirkten abermals eine Aenderung^<lb/> über deren Umfang und Dauer indeß noch nicht abgeurtheilt werden kann. Zu¬<lb/> erst wurden einige Gendarmerieregimenter gänzlich aufgelöst, die übrigen aber<lb/> in ihrem Stande bedeutend verringert. Auch ihre Bekleidung wurde vereinfacht<lb/> und verbessert. Dann wurde die Mehrzahl der Gendarmerieregimenter nach<lb/> Ungarn und Italien gezogen und in den deutschen Provinzen blos schwache</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0344]
Freilich stand, wenn es nur auf einen ordonnanzmäßigen Anzug und auf Exer-
cirgewandtheit ankam, der östreichische Polizeisoldat unübertroffen da, man konnte
die Leute sogar plänkeln und „das Bayonnetfechten gegen Cavallerie" üben
sehen!
Dafür durfte man aber auch in dem ungebildeten polnischen oder czcchischen
Recruten kein eifriges und verständiges Organ der öffentlichen Sicherheit suchen,
sondern nur einen mittelmäßig dressirten Soldaten, welcher lau und mecha¬
nisch das verrichtete, wozu man ihn antrieb, oder einen eigenmächtigen und
unvernünftigen Büttel.
Wenn die Polizei in früherer Zeit den Spott und die Mißachtung des
Publicums auf sich gezogen hatte, so erregte sie jetzt durch ihr inconsequentes
und willkürliches Verfahren auch Haß und Verdruß, welche Gefühle sich
in den letzten Jahren bei verschiedenen Anlässen Luft machten. Und dieses ge¬
schah nicht etwa bei der Hefe, sondern bei der Mittelklasse der Bevölkerung,
da nur diese die Begegnung mit der Polizei zu scheuen hatte. Der Dieb, der
Excedent und der Trunkenbold aber fürchteten den Polizeimann nicht, da sie
recht gut wußten, daß derselbe nur im äußersten Nothfälle von seinem stumpfen
Säbel, nie aber von seinem Gewehr Gebrauch machen durfte. Fast wäre also
die frühere Polizei mit dem Haselstock vorzuziehen gewesen. Wie lächerlich nahm
es sich z. B. aus, wen» der Wasenmeister mit seinem Karren die Straßen
durchzog, um herrenlose Hunde anzufangen, begleitet von zwei Polizeisoldaten
mit geschultertem Gewehr, und wenn die liebe Straßenjugend mit wildem Hal-
loh den reputirlicher Zug umschwärmte, bald da bald dort einen der gefange¬
nen Hunde befreiend.
Und weicher komische Anblick war es, wenn ein Polizeimann, mit dem Ge¬
wehr im Arm, vor dem hochgeschwungenen Besen einer Oebstlenn die Flucht
ergriff.
Einen Beweis, daß man die Unzulänglichkeit der Polizei erkannte, gab die
Einrichtung der Wiener Gewölbewache, welches Institut vorzüglich auf Betreiben
des Handels- und Gewerbestandes'ins Leben gerufen und aus den Mitteln der
Gemeinde erhalten wurde.
So trugen die Polizeitruppen Oestreichs ganz das Gepräge der Schöpfung
eines nach äußerlichen Effect strebenden, aber wenig innern Werth und Halt
besitzenden Militärstaates, wie Oestreich es zu dieser Zeit auch wirklich war.
Die jüngsten Bewegungen in Oestreich bewirkten abermals eine Aenderung^
über deren Umfang und Dauer indeß noch nicht abgeurtheilt werden kann. Zu¬
erst wurden einige Gendarmerieregimenter gänzlich aufgelöst, die übrigen aber
in ihrem Stande bedeutend verringert. Auch ihre Bekleidung wurde vereinfacht
und verbessert. Dann wurde die Mehrzahl der Gendarmerieregimenter nach
Ungarn und Italien gezogen und in den deutschen Provinzen blos schwache
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