Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.schiedenen Zeichen der Zeit, den neuen Wahlen in Preußen, der durch den Man hat bis in die letzten Jahre der öffentlichen Meinung Manches ge¬ "Noch schärfer und verletzender" -- wir haben hier die seltne Freude, einmal Grenzboten II, IL62. 40
schiedenen Zeichen der Zeit, den neuen Wahlen in Preußen, der durch den Man hat bis in die letzten Jahre der öffentlichen Meinung Manches ge¬ „Noch schärfer und verletzender" — wir haben hier die seltne Freude, einmal Grenzboten II, IL62. 40
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0321" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114101"/> <p xml:id="ID_979" prev="#ID_978"> schiedenen Zeichen der Zeit, den neuen Wahlen in Preußen, der durch den<lb/> Nationalverein allenthalben angeregten Stimmung gegenüber, ist dies nicht<lb/> Wohl möglich.</p><lb/> <p xml:id="ID_980"> Man hat bis in die letzten Jahre der öffentlichen Meinung Manches ge¬<lb/> boten, was unmöglich schien und doch möglich war. Hier aber müssen selbst<lb/> die Regierungen, welche das Ministerium Ab6e-Vilmar bisher unterstützten, sich<lb/> bloßgestellt sehen, wenn sie bemerken, daß dasselbe einerseits sogar eine der wichtig¬<lb/> sten Bestimmungen der octroyirten von ihnen protegirten Verfassung, die über<lb/> Ausübung des Wahlrechts, umstößt und dieses Recht an eine noch nie erhörte<lb/> Bedingung knüpft, andererseits gegen die am Bunde schwebenden Verhandlungen<lb/> eine so wenig verhüllte Rücksichtslosigkeit bekundet, daß es einem ihr ungün¬<lb/> stigen Beschlusse durch ein Mittel entgegenarbeitet, welches sehr mild bezeichnet<lb/> wird, wenn man es ein abnormes nennt.</p><lb/> <p xml:id="ID_981" next="#ID_982"> „Noch schärfer und verletzender" — wir haben hier die seltne Freude, einmal<lb/> das Organ des jetzigen preußischen Ministeriums, die „Sternzeitung" als Ausdruck<lb/> unserer Ansichten citiren zu können — „richtet sich der Schritt der kurhessischen Re-<lb/> gierung natürlich gegen die beiden deutschen Großmächte, die den gemeinsamen<lb/> Antrag eingebracht haben. Ihre speciellen Bestrebungen sind es, die noch im letz¬<lb/> ten Moment durch Zwangsmittel von ganz abnormer Art durchkreuzt werden sollen.<lb/> Es ist aber schon von andern Seiten wiederholt ausgesprochen worden, und es<lb/> kann hierüber auch unmöglich ein Zweifel bestehen, daß die kurfürstliche Ver¬<lb/> ordnung der preußischen Negierung in noch viel größerem Maß ass der östrei¬<lb/> chischen feindselig entgegentritt; denn es ist offenkundig, daß Preußen den ge¬<lb/> meinsamen Antrag angeregt hat, daß Preußen auf die Durchführung desselben<lb/> den höchsten Werth legt, daß es somit ein vorzugsweise preußisches Werk ist,<lb/> dem die kurfürstliche Regierung noch in der zwölften Stunde den Boden zu<lb/> verderben sucht. Die hierdurch kundgegebene besondere Feindseligkeit gegen<lb/> Preußen wird durch den Charakter der Mittel, welche die kurfürstliche Regie¬<lb/> rung anzuwenden keinen Anstand nimmt, in ein noch grelleres Licht gestellt.<lb/> Wenn wirklich, um der Animosität gegen Preußen freien Lauf zu lassen, kein<lb/> andrer Weg offen stand, als der Entschluß, die Mehrzahl der hessischen Wähler<lb/> durch einen Federstrich von der Ausübung des ihnen zustehenden Wahlrechts<lb/> auszuschließen, so hätte eine gewissenhafte Regierung sich schon durch die Rück¬<lb/> sicht auf ihre Pflichten gegen das eigne Land und auf die eigne Ehre (ein<lb/> starker Ausdruck bei einem Regierungsblatt) von einem Verfahren abhalten<lb/> lassen, welches durch eine flagrante Beeinträchtigung der eignen Unterthanen<lb/> das von ihr selbst octroyirte Verfassungsrecht in einer seiner wichtigsten Bestim¬<lb/> mungen über den Haufen wirft und die Formen des verfassungsmäßigen Lebens<lb/> auf den Kopf stellt. Selbst Rücksichten von solchem Gewicht waren nicht im<lb/> Stande, die kurfürstliche Regierung von einem gehässigen Act zurückzuhalten, der</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II, IL62. 40</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0321]
schiedenen Zeichen der Zeit, den neuen Wahlen in Preußen, der durch den
Nationalverein allenthalben angeregten Stimmung gegenüber, ist dies nicht
Wohl möglich.
Man hat bis in die letzten Jahre der öffentlichen Meinung Manches ge¬
boten, was unmöglich schien und doch möglich war. Hier aber müssen selbst
die Regierungen, welche das Ministerium Ab6e-Vilmar bisher unterstützten, sich
bloßgestellt sehen, wenn sie bemerken, daß dasselbe einerseits sogar eine der wichtig¬
sten Bestimmungen der octroyirten von ihnen protegirten Verfassung, die über
Ausübung des Wahlrechts, umstößt und dieses Recht an eine noch nie erhörte
Bedingung knüpft, andererseits gegen die am Bunde schwebenden Verhandlungen
eine so wenig verhüllte Rücksichtslosigkeit bekundet, daß es einem ihr ungün¬
stigen Beschlusse durch ein Mittel entgegenarbeitet, welches sehr mild bezeichnet
wird, wenn man es ein abnormes nennt.
„Noch schärfer und verletzender" — wir haben hier die seltne Freude, einmal
das Organ des jetzigen preußischen Ministeriums, die „Sternzeitung" als Ausdruck
unserer Ansichten citiren zu können — „richtet sich der Schritt der kurhessischen Re-
gierung natürlich gegen die beiden deutschen Großmächte, die den gemeinsamen
Antrag eingebracht haben. Ihre speciellen Bestrebungen sind es, die noch im letz¬
ten Moment durch Zwangsmittel von ganz abnormer Art durchkreuzt werden sollen.
Es ist aber schon von andern Seiten wiederholt ausgesprochen worden, und es
kann hierüber auch unmöglich ein Zweifel bestehen, daß die kurfürstliche Ver¬
ordnung der preußischen Negierung in noch viel größerem Maß ass der östrei¬
chischen feindselig entgegentritt; denn es ist offenkundig, daß Preußen den ge¬
meinsamen Antrag angeregt hat, daß Preußen auf die Durchführung desselben
den höchsten Werth legt, daß es somit ein vorzugsweise preußisches Werk ist,
dem die kurfürstliche Regierung noch in der zwölften Stunde den Boden zu
verderben sucht. Die hierdurch kundgegebene besondere Feindseligkeit gegen
Preußen wird durch den Charakter der Mittel, welche die kurfürstliche Regie¬
rung anzuwenden keinen Anstand nimmt, in ein noch grelleres Licht gestellt.
Wenn wirklich, um der Animosität gegen Preußen freien Lauf zu lassen, kein
andrer Weg offen stand, als der Entschluß, die Mehrzahl der hessischen Wähler
durch einen Federstrich von der Ausübung des ihnen zustehenden Wahlrechts
auszuschließen, so hätte eine gewissenhafte Regierung sich schon durch die Rück¬
sicht auf ihre Pflichten gegen das eigne Land und auf die eigne Ehre (ein
starker Ausdruck bei einem Regierungsblatt) von einem Verfahren abhalten
lassen, welches durch eine flagrante Beeinträchtigung der eignen Unterthanen
das von ihr selbst octroyirte Verfassungsrecht in einer seiner wichtigsten Bestim¬
mungen über den Haufen wirft und die Formen des verfassungsmäßigen Lebens
auf den Kopf stellt. Selbst Rücksichten von solchem Gewicht waren nicht im
Stande, die kurfürstliche Regierung von einem gehässigen Act zurückzuhalten, der
Grenzboten II, IL62. 40
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