Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.treffliches Land ist, darin^zu leben, wenn man nur die Regierung ungeschoren "Kaiser Nikolaus war ein guter Regent", sagte eines Tages zu mir ein Edwards citirt unmittelbar nach dieser Mittheilung eine Stelle aus Die Antwort auf den letzten Satz haben d. Bl. in den Aufsatz "Rußland Zum Schluß dieses Abschnitts noch einige Andeutungen über die Position, treffliches Land ist, darin^zu leben, wenn man nur die Regierung ungeschoren »Kaiser Nikolaus war ein guter Regent", sagte eines Tages zu mir ein Edwards citirt unmittelbar nach dieser Mittheilung eine Stelle aus Die Antwort auf den letzten Satz haben d. Bl. in den Aufsatz „Rußland Zum Schluß dieses Abschnitts noch einige Andeutungen über die Position, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114098"/> <p xml:id="ID_967" prev="#ID_966"> treffliches Land ist, darin^zu leben, wenn man nur die Regierung ungeschoren<lb/> läßt, und warum sollte man sie nicht ungeschoren lassen?" u. s. w.</p><lb/> <p xml:id="ID_968"> »Kaiser Nikolaus war ein guter Regent", sagte eines Tages zu mir ein<lb/> wohlmeinender Engländer, welcher zwanzig Jahre in Rußland gelebt hatte.<lb/> Dann versicherte er mir, w>e zum Beweis für die Trefflichkeit der hiesigen Ein¬<lb/> richtungen, daß er in dieser ganzen Zeit niemals auch nur die geringste Schere¬<lb/> rei mit seinem Paß gehabt. „Er war ein guter Regent", schloß er, „er ver¬<lb/> stand es, Ordnung im Lande zu erhalten".</p><lb/> <p xml:id="ID_969"> Edwards citirt unmittelbar nach dieser Mittheilung eine Stelle aus<lb/> Cyprien Roberts „nouae Lif-ve", gleichsam als Schlußsatz seiner Erörterung.<lb/> Es heißt da- „Fälschlich behauptet man, daß der Liberalismus in Rußland<lb/> durch Hilfe der Ausländer, welche hier Beschäftigung finden, Fortschritte macht.<lb/> Die Mehrheit dieser Fremden besteht aus Deutschen. Anbetern des goldenen<lb/> Kalbes, welche in das Slavenland nur gekommen sind, um sich so rasch als<lb/> möglich die Tasche zu füllen und dann an ihren heimischen Herd zurückzukehren.<lb/> Solche Söldlinge, indifferent gegen alle politischen Systeme, sind gewöhnlich<lb/> die gelehrigsten Werkzeuge des Despotismus. In Folge dessen blicken die<lb/> russischen Freisinnigen auf sie mit der tiefsten Verachtung herab. In Rußland<lb/> ist es nur das eingeborne oder slavische Element, welches die Befreiung Aller<lb/> herbeiführen kann".</p><lb/> <p xml:id="ID_970"> Die Antwort auf den letzten Satz haben d. Bl. in den Aufsatz „Rußland<lb/> und der Liberalismus" (Ur. 10 d. Jahrg.) gegeben. Ueber die vorhergehenden<lb/> aber nur wenige Worte. Daß viele Deutsche in Nußland sich zu Stützen des<lb/> Despotismus hergeben, dürfen wir leider nicht in Abrede stellen, indeß wirft<lb/> das auf die Nation so wenig, oder, wenn man will, nur so viel übles Licht,<lb/> als die Unterdrückung und Niederhaltung Neapels durch die Miethtruppen, die<lb/> Ferdinand, der königliche Bombardier, unter den „freien" Schweizern recrutirte,<lb/> und Edwards selbst zeigt, daß auch der großherzige Brite sich für gutes Geld<lb/> auf guten Fuß mit dem russischen Regierungssystem stellen kann. Geschieht<lb/> dies von Deutschen in größerer Zahl, so liegt die Erklärung nahe. Nußland<lb/> hat eben deutsche Provinzen, aber keine, die von Engländern und Franzosen<lb/> bewohnt sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_971" next="#ID_972"> Zum Schluß dieses Abschnitts noch einige Andeutungen über die Position,<lb/> in welche sich die in Rußland weilenden Engländer durch den Krieg versetzt<lb/> sahen. Man that ihnen zunächst zu wissen, daß sie russische Unterthanen wer¬<lb/> den müßten, falls sie in Rußland zu bleiben wünschten. Als sie dies ablehn¬<lb/> ten, forderte man blos die Unterzeichnung eines Documents, in welchem sie<lb/> sich als dem russischen Gesetz unterworfen erklärten, was ihre Stellung nur<lb/> in so weit veränderte, als sie dann für gewisse Verbrechen über die östliche<lb/> Grenze, nach Sibirien, statt wie bisher über die westliche, in's Ausland trans-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
treffliches Land ist, darin^zu leben, wenn man nur die Regierung ungeschoren
läßt, und warum sollte man sie nicht ungeschoren lassen?" u. s. w.
»Kaiser Nikolaus war ein guter Regent", sagte eines Tages zu mir ein
wohlmeinender Engländer, welcher zwanzig Jahre in Rußland gelebt hatte.
Dann versicherte er mir, w>e zum Beweis für die Trefflichkeit der hiesigen Ein¬
richtungen, daß er in dieser ganzen Zeit niemals auch nur die geringste Schere¬
rei mit seinem Paß gehabt. „Er war ein guter Regent", schloß er, „er ver¬
stand es, Ordnung im Lande zu erhalten".
Edwards citirt unmittelbar nach dieser Mittheilung eine Stelle aus
Cyprien Roberts „nouae Lif-ve", gleichsam als Schlußsatz seiner Erörterung.
Es heißt da- „Fälschlich behauptet man, daß der Liberalismus in Rußland
durch Hilfe der Ausländer, welche hier Beschäftigung finden, Fortschritte macht.
Die Mehrheit dieser Fremden besteht aus Deutschen. Anbetern des goldenen
Kalbes, welche in das Slavenland nur gekommen sind, um sich so rasch als
möglich die Tasche zu füllen und dann an ihren heimischen Herd zurückzukehren.
Solche Söldlinge, indifferent gegen alle politischen Systeme, sind gewöhnlich
die gelehrigsten Werkzeuge des Despotismus. In Folge dessen blicken die
russischen Freisinnigen auf sie mit der tiefsten Verachtung herab. In Rußland
ist es nur das eingeborne oder slavische Element, welches die Befreiung Aller
herbeiführen kann".
Die Antwort auf den letzten Satz haben d. Bl. in den Aufsatz „Rußland
und der Liberalismus" (Ur. 10 d. Jahrg.) gegeben. Ueber die vorhergehenden
aber nur wenige Worte. Daß viele Deutsche in Nußland sich zu Stützen des
Despotismus hergeben, dürfen wir leider nicht in Abrede stellen, indeß wirft
das auf die Nation so wenig, oder, wenn man will, nur so viel übles Licht,
als die Unterdrückung und Niederhaltung Neapels durch die Miethtruppen, die
Ferdinand, der königliche Bombardier, unter den „freien" Schweizern recrutirte,
und Edwards selbst zeigt, daß auch der großherzige Brite sich für gutes Geld
auf guten Fuß mit dem russischen Regierungssystem stellen kann. Geschieht
dies von Deutschen in größerer Zahl, so liegt die Erklärung nahe. Nußland
hat eben deutsche Provinzen, aber keine, die von Engländern und Franzosen
bewohnt sind.
Zum Schluß dieses Abschnitts noch einige Andeutungen über die Position,
in welche sich die in Rußland weilenden Engländer durch den Krieg versetzt
sahen. Man that ihnen zunächst zu wissen, daß sie russische Unterthanen wer¬
den müßten, falls sie in Rußland zu bleiben wünschten. Als sie dies ablehn¬
ten, forderte man blos die Unterzeichnung eines Documents, in welchem sie
sich als dem russischen Gesetz unterworfen erklärten, was ihre Stellung nur
in so weit veränderte, als sie dann für gewisse Verbrechen über die östliche
Grenze, nach Sibirien, statt wie bisher über die westliche, in's Ausland trans-
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