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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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sie vom Staate als Pfand und diejenigen, welche sie als Eigenthum besitzt,
versilbern könnte. Aber der Staat hat keinen Credit, seine Papiere stehen
schlecht und fallen noch tiefer im Preise, sobald sie in größerer Menge an den
Markt kommen, -- Eine fatale Lage. Es ist dringend nöthig, die Banknoten
einzulösen, um dann den Finanzen zu helfen-, aber die Bank kann ihre Noten
nicht einlösen, weil die Finanzen zerrüttet sind. Was ist da zu machen?

Das sind die Finanz-Probleme, welche Herr von Brück gelöst haben würde,
wenn nicht der Krimkrieg, die Krisis von 1857, der italienische Krieg, die unga¬
rischen Wirren, die Willkür und Verschwendung in den Staatsausgaben seine
Plane vereitelt und ihm den Tod gebracht hätten. Es sind die nämlichen Pro¬
bleme, welche Herr von Pierer mit Bedächtigkeit und nüchternem Verstände hin
und her wendet und dreht. Beide Minister, Herr von Brück und Herr von
Pierer, kamen zu dem Resultate: Es geht nicht ohne constiiutionelle Garantien!

So kam das October-Diplom, die Februar-Verfassung, der Reichsrath und
sein Finanz-Ausschuß, Der Minister verhandelt mit der Bank, der Ausschuß
sitzt und arbeitet. Es will immer noch nicht gehen, -- da fühlt Herr Doctor
Gustav Höslen sich verpflichtet, schnell die vorliegende Schrift zu schreiben und
drucken zu lassen. Seine größte Sorge ist die Nachgiebigkeit des Finanzmini¬
sters gegen die Anforderungen der Bank, richtiger gegen ihre Weigerung,
den Anforderungen der Regierung sich zu fügen. Der Ausschuß der Actio¬
näre will für die Erneuerung des Privilegiums so wenig als möglich geben.
Herr Dr. Höslen begreift nickt, wie der Finanzminister sich dies gefallen lassen
mag, statt dem Ausschusse zu erklären: entweder ihr thut was ich haben will,
oder -- ich gebe Bantfrciheit! luir boni'Kk, on Ilr vie;! So naiv ist der Herr
Doctor, nachdem er zehn Jahre im Handelsministerium zu Wien gesessen. Daher
wundert es uns auch nicht, wenn er, des Staatsdienstes müde, sich einer er¬
giebigem Thätigkeit in den Verwaltungen einiger Actien-Unternehmungen aus¬
schließlich zu widmen gedenkt. Seine Schrift ist ein letztes Wort an den Finanz¬
minister, der Bank das erforderliche Maß von Opfern zur Herstellung der Va¬
luta abzudrängen.

Vier Abschnitte von den fünfen. welche die Schrift enthält, sind diesem
Anliegen gewidmet. Der erste bringt einen flüchtigen Abriß der Geschichte der
Nationalbank von 1816 bis ans die neueste Zeit. Man sieht daraus, daß das
Institut damit anfing, das Staatspapiergeld einzuziehen, und damit aufhörte,
seine eigenen Noten nicht mehr einzuwechseln. Der Staat melkte die Bank,
die Bank melkte den Staat, die Actionäre standen sich gut dabei, aber der Ver¬
kehr und die Steuerpflichtigen um so schlechter.

Im zweiten Abschnitte folgen "Studien und Vorverhandlungen über Bank
und Valuta", eine theoretische Abhandlung über den Notenumlauf und die
Bedingungen seiner Gesundheit, dann aber Mittheilungen aus den Gutachten


sie vom Staate als Pfand und diejenigen, welche sie als Eigenthum besitzt,
versilbern könnte. Aber der Staat hat keinen Credit, seine Papiere stehen
schlecht und fallen noch tiefer im Preise, sobald sie in größerer Menge an den
Markt kommen, — Eine fatale Lage. Es ist dringend nöthig, die Banknoten
einzulösen, um dann den Finanzen zu helfen-, aber die Bank kann ihre Noten
nicht einlösen, weil die Finanzen zerrüttet sind. Was ist da zu machen?

Das sind die Finanz-Probleme, welche Herr von Brück gelöst haben würde,
wenn nicht der Krimkrieg, die Krisis von 1857, der italienische Krieg, die unga¬
rischen Wirren, die Willkür und Verschwendung in den Staatsausgaben seine
Plane vereitelt und ihm den Tod gebracht hätten. Es sind die nämlichen Pro¬
bleme, welche Herr von Pierer mit Bedächtigkeit und nüchternem Verstände hin
und her wendet und dreht. Beide Minister, Herr von Brück und Herr von
Pierer, kamen zu dem Resultate: Es geht nicht ohne constiiutionelle Garantien!

So kam das October-Diplom, die Februar-Verfassung, der Reichsrath und
sein Finanz-Ausschuß, Der Minister verhandelt mit der Bank, der Ausschuß
sitzt und arbeitet. Es will immer noch nicht gehen, — da fühlt Herr Doctor
Gustav Höslen sich verpflichtet, schnell die vorliegende Schrift zu schreiben und
drucken zu lassen. Seine größte Sorge ist die Nachgiebigkeit des Finanzmini¬
sters gegen die Anforderungen der Bank, richtiger gegen ihre Weigerung,
den Anforderungen der Regierung sich zu fügen. Der Ausschuß der Actio¬
näre will für die Erneuerung des Privilegiums so wenig als möglich geben.
Herr Dr. Höslen begreift nickt, wie der Finanzminister sich dies gefallen lassen
mag, statt dem Ausschusse zu erklären: entweder ihr thut was ich haben will,
oder — ich gebe Bantfrciheit! luir boni'Kk, on Ilr vie;! So naiv ist der Herr
Doctor, nachdem er zehn Jahre im Handelsministerium zu Wien gesessen. Daher
wundert es uns auch nicht, wenn er, des Staatsdienstes müde, sich einer er¬
giebigem Thätigkeit in den Verwaltungen einiger Actien-Unternehmungen aus¬
schließlich zu widmen gedenkt. Seine Schrift ist ein letztes Wort an den Finanz¬
minister, der Bank das erforderliche Maß von Opfern zur Herstellung der Va¬
luta abzudrängen.

Vier Abschnitte von den fünfen. welche die Schrift enthält, sind diesem
Anliegen gewidmet. Der erste bringt einen flüchtigen Abriß der Geschichte der
Nationalbank von 1816 bis ans die neueste Zeit. Man sieht daraus, daß das
Institut damit anfing, das Staatspapiergeld einzuziehen, und damit aufhörte,
seine eigenen Noten nicht mehr einzuwechseln. Der Staat melkte die Bank,
die Bank melkte den Staat, die Actionäre standen sich gut dabei, aber der Ver¬
kehr und die Steuerpflichtigen um so schlechter.

Im zweiten Abschnitte folgen „Studien und Vorverhandlungen über Bank
und Valuta", eine theoretische Abhandlung über den Notenumlauf und die
Bedingungen seiner Gesundheit, dann aber Mittheilungen aus den Gutachten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/278>, abgerufen am 06.01.2025.