Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.ganz unabhängig von der Pforte ist. Bewohner hat Massna etwa 5000, doch Die Stadt hat eine Anzahl steinerner Waarenspeichcr, die indeß meist klein ganz unabhängig von der Pforte ist. Bewohner hat Massna etwa 5000, doch Die Stadt hat eine Anzahl steinerner Waarenspeichcr, die indeß meist klein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0024" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113804"/> <p xml:id="ID_24" prev="#ID_23"> ganz unabhängig von der Pforte ist. Bewohner hat Massna etwa 5000, doch<lb/> wird diese Zahl durch fortwährend sich ablösende Karawanen aus Habesch<lb/> und dessen Nebeniändcrn im Sommer beinahe verdoppelt. Der Abstammung<lb/> nach ein Gemisch der Nachbarstämme der Schohv und Bednan mit zahlreichen<lb/> Ansiedlern aus seinen, Aegypten, Marokko, Habesch und Indien, sind sie mit<lb/> wenigen Ausnahmen Moslemin. Die Farbe dieses Volkes ist dunkel, die Phy¬<lb/> siognomie aber ganz kaukasisch. Wenig energisch, oft weichlich, sind die Leute<lb/> von maaßvvilcm, ruhigem Temperament, weder im Guten noch im Lösen zu<lb/> Excessen geneigt, von einem vorsichtigen, höflichen Egoismus, der, wo er auf<lb/> das Uebcrvortheilen ausgeht, seine Falschheit durch Schmeichelei verhüllt. Dem¬<lb/> zufolge tritt auch der Islam hier sanfter und liebenswürdiger auf als ander¬<lb/> wärts. Der arabische Fanatismus ist unbekannt. Schimpfen und lautes Ge¬<lb/> zänk verbietet der über alle Klassen der Gesellschaft ausgebreitete gute Ton,<lb/> von dem allein die hier garnisonirendc» türkischen Soldaten — 200 Reguläre —<lb/> nichts wissen. Blos diese lieben geistige Getränke, die übrige Bevölkerung<lb/> lebt nur von Fleisch, Fischen, Reis und Durra, Milch und Kaffee. Die Klei¬<lb/> dung besteht in einem gefärbten Fulda um die Lenden, einer seidenen Weste<lb/> und einem langen weißen Hemde. Den rothen Tarbusch tragen nur die Tür¬<lb/> ken, die Uebngcn bedecken den Kopf mit der Tatkieh, einem gesteppten wei¬<lb/> ßen Läppchen, das mit einem darum gewundenen Musselintuch zum Turban<lb/> vervollständigt wird. Die Füße schützt man mit einer Art Sandalen, die von<lb/> den Schustern der Stadt recht hübsch und dauerhaft gemacht werden. Man fin¬<lb/> det hier überhaupt geschickte Handwerker,- die den Europäern mit Leichtigkeit<lb/> ihre Kunst ablernen, Scholle solide Barten bauen, nette Gefäße aus Büffelhorn und<lb/> Elfenbein drechseln, sich als tüchtige 'Maurer und Zimmerleute auszeichnen,<lb/> aber nie auf eigne Erfindungen denken, sondern sich ein's Hergebrachte halten.<lb/> Hauptbeschäftigung der Stadt ist der Handel, besonders nut den Karawanen,<lb/> für welche die hier ansässigen Kaufleute als Commissionäre dienen. Früher<lb/> soll hier viel Reichthum gewesen sein, aber Habsucht der Paschas und eigne<lb/> Verschwendung hat denselben sehr vermindert, und der Familienstolz der Vor¬<lb/> nehmern, der auch in der jetzigen Armuth rege geblieben, hindert, daß man<lb/> sich wieder emporarbeitet. Das Geld ist fort, aber noch immer werden theure<lb/> Scidcngewändcr getragen, und noch immer wird die Hausfrau als eine Prin¬<lb/> zessin betrachtet, für die eine Sklavin arbeiten muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_25" next="#ID_26"> Die Stadt hat eine Anzahl steinerner Waarenspeichcr, die indeß meist klein<lb/> sind und mit wenigen Ausnahmen aus blos einem Stockwerk bestehen. Als<lb/> Wohnhäuser dienen fast nur Strohhütten, die von denen der benachbarten Ve-<lb/> duan kaum verschieden sind. Um ein solches Haus zu errichten, verbindet man<lb/> vier im Quadrat aufgerichtete Eckbalken mit verticalen Stangen und flicht<lb/> zwischen diese Gras und Rohr ein. Das Dach wird mit einer wasserdichten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
ganz unabhängig von der Pforte ist. Bewohner hat Massna etwa 5000, doch
wird diese Zahl durch fortwährend sich ablösende Karawanen aus Habesch
und dessen Nebeniändcrn im Sommer beinahe verdoppelt. Der Abstammung
nach ein Gemisch der Nachbarstämme der Schohv und Bednan mit zahlreichen
Ansiedlern aus seinen, Aegypten, Marokko, Habesch und Indien, sind sie mit
wenigen Ausnahmen Moslemin. Die Farbe dieses Volkes ist dunkel, die Phy¬
siognomie aber ganz kaukasisch. Wenig energisch, oft weichlich, sind die Leute
von maaßvvilcm, ruhigem Temperament, weder im Guten noch im Lösen zu
Excessen geneigt, von einem vorsichtigen, höflichen Egoismus, der, wo er auf
das Uebcrvortheilen ausgeht, seine Falschheit durch Schmeichelei verhüllt. Dem¬
zufolge tritt auch der Islam hier sanfter und liebenswürdiger auf als ander¬
wärts. Der arabische Fanatismus ist unbekannt. Schimpfen und lautes Ge¬
zänk verbietet der über alle Klassen der Gesellschaft ausgebreitete gute Ton,
von dem allein die hier garnisonirendc» türkischen Soldaten — 200 Reguläre —
nichts wissen. Blos diese lieben geistige Getränke, die übrige Bevölkerung
lebt nur von Fleisch, Fischen, Reis und Durra, Milch und Kaffee. Die Klei¬
dung besteht in einem gefärbten Fulda um die Lenden, einer seidenen Weste
und einem langen weißen Hemde. Den rothen Tarbusch tragen nur die Tür¬
ken, die Uebngcn bedecken den Kopf mit der Tatkieh, einem gesteppten wei¬
ßen Läppchen, das mit einem darum gewundenen Musselintuch zum Turban
vervollständigt wird. Die Füße schützt man mit einer Art Sandalen, die von
den Schustern der Stadt recht hübsch und dauerhaft gemacht werden. Man fin¬
det hier überhaupt geschickte Handwerker,- die den Europäern mit Leichtigkeit
ihre Kunst ablernen, Scholle solide Barten bauen, nette Gefäße aus Büffelhorn und
Elfenbein drechseln, sich als tüchtige 'Maurer und Zimmerleute auszeichnen,
aber nie auf eigne Erfindungen denken, sondern sich ein's Hergebrachte halten.
Hauptbeschäftigung der Stadt ist der Handel, besonders nut den Karawanen,
für welche die hier ansässigen Kaufleute als Commissionäre dienen. Früher
soll hier viel Reichthum gewesen sein, aber Habsucht der Paschas und eigne
Verschwendung hat denselben sehr vermindert, und der Familienstolz der Vor¬
nehmern, der auch in der jetzigen Armuth rege geblieben, hindert, daß man
sich wieder emporarbeitet. Das Geld ist fort, aber noch immer werden theure
Scidcngewändcr getragen, und noch immer wird die Hausfrau als eine Prin¬
zessin betrachtet, für die eine Sklavin arbeiten muß.
Die Stadt hat eine Anzahl steinerner Waarenspeichcr, die indeß meist klein
sind und mit wenigen Ausnahmen aus blos einem Stockwerk bestehen. Als
Wohnhäuser dienen fast nur Strohhütten, die von denen der benachbarten Ve-
duan kaum verschieden sind. Um ein solches Haus zu errichten, verbindet man
vier im Quadrat aufgerichtete Eckbalken mit verticalen Stangen und flicht
zwischen diese Gras und Rohr ein. Das Dach wird mit einer wasserdichten
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |