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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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regeln lassen will und dadurch unsere Gewissen auf die entehrendste Weise knechtet;
wir Protestiren gegen einen Entwurf, der heuchlerisch die Gewissensfreiheit als
Grundsatz ausstellt und in der Durchführung selbe nur denen, die keinen Glau¬
ben und kein Gewissen haben, mit ängstlicher Sorgfalt wahrt, während die
Kirche als Versammlung der Gläubigen in Ketten zu liegen bestimmt wird.
Wir Protestiren gegen einen Entwurf, der mit derselben Heuchelei die Gleich¬
berechtigung ausspricht und sie nur den akatholischen Confessionen in Wirklich¬
keit zuwendet, altes wahrhaft Katholische aber einschränkt und bürdet. Ist da
noch selbständiges Ordnen und Verwalter der eigenen Angelegenheiten, wo die
Polrzei in der Sacristei und am Altare commandirt, wo man das Ordensleben
von dem Gutdünken der Staatsdiener, die dazu auch noch Atathvlit'en und Ju¬
den sein können, abhängig macht! Wir erklären, daß wir in religiösen und
kirchlichen Dingen nur den Nachfolgern der Apostel gehorchen, nun und nimmer
aber in jenen Dingen ein Gesetz annehmen und halten wollen, wobei unsere
geistlichen Obern den Rechten und der Verfassung der Kirche gemäß nicht we¬
nigstens mitgewirkt haben.

2. Wir protestiren gegen einen Gesetzentwurf, der in der ehrwürdigsten An¬
gelegenheit der gläubigen Bürger eine so ungeheuerliche Staatsallmacht durch¬
blicken läßt, die uns am heiligsten Orte schaudern macht, -- gegen einen Ent¬
wurf, der, während man auf allen Gebieten des Lcbenv nach freien Ein¬
richtungen ringt, das Kctlcngerasscl der Knechtschaft in jenen Ort hinein-
fühtt, der uns und unsern Väter stets der liebste und theuerste, war, in die
Kirche.

ö. Wir protestiren gegen einen Entwurf, der durch das höchste Mißtrauen
gegen unsere Kirche, durch die Entweihung der Heiligkeit des Ehebundes, durch
die Entchristlichung der Schule unser Gewissen verletzt, in Reich und Vaterland
namenlose Verwirrung, die Zersetzung der gesellschaftlichen Verhältnisse herein¬
führt und dadurch unsägliches moralisches Elcno überall verbreiten muß.

4. Wir Gemeinden und Männer Tirols protestiren um so lauter und kräf¬
tiger gegen jenen Entwurf, weil unser Land durch die bittersten Erfahrungen
unter einer fremden irre geleiteten Regierung jene unselige Religionsrührerei
und Knechtcrei kennen gelernt hat und wir den tiefsten Abscheu gegen derlei
Dinge von unseren ruhmvollen Vätern ererbt haben.

Indem wir diesen Protest in redlichster Ueberzeugung und gerechtester Ent¬
rüstung vor aller Welt erheben, wollen wir unsere Vertreter an jene ewig bin¬
dende sittliche Verantwortlichkeit, von der kein menschliches Gesetz befreien kann,
mahnen, und wir hoffen und verlangen, daß ein hohes Haus zur Ehre der Re¬
ligion seinen oben gerügten Gesetzentwurf verwerfe.

"Gott segne den Kaiser, das Volk und das Reich!"

Wie wenig die Negierung die Freiheit der Ultramontanen zu beschränken


regeln lassen will und dadurch unsere Gewissen auf die entehrendste Weise knechtet;
wir Protestiren gegen einen Entwurf, der heuchlerisch die Gewissensfreiheit als
Grundsatz ausstellt und in der Durchführung selbe nur denen, die keinen Glau¬
ben und kein Gewissen haben, mit ängstlicher Sorgfalt wahrt, während die
Kirche als Versammlung der Gläubigen in Ketten zu liegen bestimmt wird.
Wir Protestiren gegen einen Entwurf, der mit derselben Heuchelei die Gleich¬
berechtigung ausspricht und sie nur den akatholischen Confessionen in Wirklich¬
keit zuwendet, altes wahrhaft Katholische aber einschränkt und bürdet. Ist da
noch selbständiges Ordnen und Verwalter der eigenen Angelegenheiten, wo die
Polrzei in der Sacristei und am Altare commandirt, wo man das Ordensleben
von dem Gutdünken der Staatsdiener, die dazu auch noch Atathvlit'en und Ju¬
den sein können, abhängig macht! Wir erklären, daß wir in religiösen und
kirchlichen Dingen nur den Nachfolgern der Apostel gehorchen, nun und nimmer
aber in jenen Dingen ein Gesetz annehmen und halten wollen, wobei unsere
geistlichen Obern den Rechten und der Verfassung der Kirche gemäß nicht we¬
nigstens mitgewirkt haben.

2. Wir protestiren gegen einen Gesetzentwurf, der in der ehrwürdigsten An¬
gelegenheit der gläubigen Bürger eine so ungeheuerliche Staatsallmacht durch¬
blicken läßt, die uns am heiligsten Orte schaudern macht, — gegen einen Ent¬
wurf, der, während man auf allen Gebieten des Lcbenv nach freien Ein¬
richtungen ringt, das Kctlcngerasscl der Knechtschaft in jenen Ort hinein-
fühtt, der uns und unsern Väter stets der liebste und theuerste, war, in die
Kirche.

ö. Wir protestiren gegen einen Entwurf, der durch das höchste Mißtrauen
gegen unsere Kirche, durch die Entweihung der Heiligkeit des Ehebundes, durch
die Entchristlichung der Schule unser Gewissen verletzt, in Reich und Vaterland
namenlose Verwirrung, die Zersetzung der gesellschaftlichen Verhältnisse herein¬
führt und dadurch unsägliches moralisches Elcno überall verbreiten muß.

4. Wir Gemeinden und Männer Tirols protestiren um so lauter und kräf¬
tiger gegen jenen Entwurf, weil unser Land durch die bittersten Erfahrungen
unter einer fremden irre geleiteten Regierung jene unselige Religionsrührerei
und Knechtcrei kennen gelernt hat und wir den tiefsten Abscheu gegen derlei
Dinge von unseren ruhmvollen Vätern ererbt haben.

Indem wir diesen Protest in redlichster Ueberzeugung und gerechtester Ent¬
rüstung vor aller Welt erheben, wollen wir unsere Vertreter an jene ewig bin¬
dende sittliche Verantwortlichkeit, von der kein menschliches Gesetz befreien kann,
mahnen, und wir hoffen und verlangen, daß ein hohes Haus zur Ehre der Re¬
ligion seinen oben gerügten Gesetzentwurf verwerfe.

„Gott segne den Kaiser, das Volk und das Reich!"

Wie wenig die Negierung die Freiheit der Ultramontanen zu beschränken


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/200>, abgerufen am 06.01.2025.