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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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fere Schwarzröcke nicht schlafen. Vor einigen Wochen ließ Greuter in den
Tirvlcrstimmen den ersten Böller krachen, die Polizei confiscirte jedoch die be¬
treffende Nummer. Lieber wie Daniel in den siebenfach geheizten Marterofeu
d'es Liberalismus geworfen werden, als bezüglich des Reiigionsedictes nach¬
geben! "Nie und nimmer!/' ruft er aus und streicht dabei behaglich den Bauch,
welchen ihm die östreichische Regierung gewiß mit keinem Schwefelhölzchen ver¬
sengen wird, weil man es mit den hochwürdigen Herren doch nicht ganz ver¬
derben will. Gleichzeitig wurde ein Protest aufgesetzt, der von Gemeinde zu
Gemeinde wandern und mit den Unterschriften der Bauern dem Reichsrath zu¬
gesendet werden sollte. Die Polizei nahm ihn aber den Druckern unter der
Presse weg, die Polizei und immer wieder die Polizei! Diese bildet in Oest¬
reich, wie vielleicht bald wieder in Preußen? (d. R.) noch immer einen großen Theil
des gesetzlichen Bodens und auch Schmerling, scheint es, kann diesem gebrech¬
lichen Hilfsmittel, welches die Regierung ersetzen soll, noch immer nicht ent¬
sagen. Die Polizei also, wie gesagt, confiscirte obigen Protest, sie vermochte je¬
doch den Ultrcunontancn die Feder nicht aus der Hand zu schlagen, und so ge¬
langten auch wir in den Besitz einer Abschrift. Dieses Wert eines wüthenden
Fanatismus verdient volle Beachtung, vielleicht nehmen es auch die lutherischen
Pfaffen der neuesten preußischen Aera zum Muster. Es lautet:

Protest an den Reichsrath.

Die Mehrheit des Ausschusses für confessionelle Verhältnisse hat ein Ge¬
setz in Betreff der ReligivnsverlMtnisse überhaupt und der Kirchen- und Reli¬
gionsgesellschaften insbesondere für die durch den engern Reichsrath vertretenen
Königreiche und Länder entworfen und stellt den Antrag: das hohe Haus
wolle beschließen, es sei dieses Gesetz anzunehmen.

Dieser Entwurf muß seiner widerchristlichen Grundsätze wegen das Gemüth
jedes Gläubigen empören und das Gewissen zum nachdrücklichsten Protest
wach rufen.

Die Männer in Tirol möchten gerne im Hinblick auf die höchst achtbare
Minderheit des Ausschusses und die vielen ausgezeichneten Abgeordneten glau¬
ben, ein hohes Haus werde jenem ungeheuerlichen Entwurf entgegentreten.
Da aber die Mehrzahl derselben Männer in den Ausschuß wählte," die mit
einem solchen Gesetze hervorzutreten wagen, so können die Gefertigten die Be¬
sorgnisse keineswegs unterdrücken, es könnte die Mehrheit des hohen Hauses
demselben beitreten, daher halten es dieselben für ihre heiligste Pflicht im In¬
teresse der Religion, der Freiheit und des Vaterlandes laut und öffentlich Pro¬
test wegen jenes Entwurfes zu erheben.

1. Wir Protestiren gegen einen Gesetzentwurf, der unsere heilige katholische
Kirche aufs Tiefste herabwürdigt und sie jedem neu entstehenden Conventikel
gleichstellt; -- der durch Polizeigewalt den Gottesdienst und die religiösen Uebungen


fere Schwarzröcke nicht schlafen. Vor einigen Wochen ließ Greuter in den
Tirvlcrstimmen den ersten Böller krachen, die Polizei confiscirte jedoch die be¬
treffende Nummer. Lieber wie Daniel in den siebenfach geheizten Marterofeu
d'es Liberalismus geworfen werden, als bezüglich des Reiigionsedictes nach¬
geben! „Nie und nimmer!/' ruft er aus und streicht dabei behaglich den Bauch,
welchen ihm die östreichische Regierung gewiß mit keinem Schwefelhölzchen ver¬
sengen wird, weil man es mit den hochwürdigen Herren doch nicht ganz ver¬
derben will. Gleichzeitig wurde ein Protest aufgesetzt, der von Gemeinde zu
Gemeinde wandern und mit den Unterschriften der Bauern dem Reichsrath zu¬
gesendet werden sollte. Die Polizei nahm ihn aber den Druckern unter der
Presse weg, die Polizei und immer wieder die Polizei! Diese bildet in Oest¬
reich, wie vielleicht bald wieder in Preußen? (d. R.) noch immer einen großen Theil
des gesetzlichen Bodens und auch Schmerling, scheint es, kann diesem gebrech¬
lichen Hilfsmittel, welches die Regierung ersetzen soll, noch immer nicht ent¬
sagen. Die Polizei also, wie gesagt, confiscirte obigen Protest, sie vermochte je¬
doch den Ultrcunontancn die Feder nicht aus der Hand zu schlagen, und so ge¬
langten auch wir in den Besitz einer Abschrift. Dieses Wert eines wüthenden
Fanatismus verdient volle Beachtung, vielleicht nehmen es auch die lutherischen
Pfaffen der neuesten preußischen Aera zum Muster. Es lautet:

Protest an den Reichsrath.

Die Mehrheit des Ausschusses für confessionelle Verhältnisse hat ein Ge¬
setz in Betreff der ReligivnsverlMtnisse überhaupt und der Kirchen- und Reli¬
gionsgesellschaften insbesondere für die durch den engern Reichsrath vertretenen
Königreiche und Länder entworfen und stellt den Antrag: das hohe Haus
wolle beschließen, es sei dieses Gesetz anzunehmen.

Dieser Entwurf muß seiner widerchristlichen Grundsätze wegen das Gemüth
jedes Gläubigen empören und das Gewissen zum nachdrücklichsten Protest
wach rufen.

Die Männer in Tirol möchten gerne im Hinblick auf die höchst achtbare
Minderheit des Ausschusses und die vielen ausgezeichneten Abgeordneten glau¬
ben, ein hohes Haus werde jenem ungeheuerlichen Entwurf entgegentreten.
Da aber die Mehrzahl derselben Männer in den Ausschuß wählte,» die mit
einem solchen Gesetze hervorzutreten wagen, so können die Gefertigten die Be¬
sorgnisse keineswegs unterdrücken, es könnte die Mehrheit des hohen Hauses
demselben beitreten, daher halten es dieselben für ihre heiligste Pflicht im In¬
teresse der Religion, der Freiheit und des Vaterlandes laut und öffentlich Pro¬
test wegen jenes Entwurfes zu erheben.

1. Wir Protestiren gegen einen Gesetzentwurf, der unsere heilige katholische
Kirche aufs Tiefste herabwürdigt und sie jedem neu entstehenden Conventikel
gleichstellt; — der durch Polizeigewalt den Gottesdienst und die religiösen Uebungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/199>, abgerufen am 06.01.2025.