Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Gebäude ausathmete. mich dieser Atmosphäre erst kurz vor dem Mirakel selbst Es war gegen zwei Uhr Nachmittags, als ich mich geleitet von zwei Ca- Auf Zurufe desselben drängten die Soldaten die Volksmassen, der Mehr¬ Die die Rotunde umgebenden Pfeiler sind nämlich in der Höhe von un¬ Gebäude ausathmete. mich dieser Atmosphäre erst kurz vor dem Mirakel selbst Es war gegen zwei Uhr Nachmittags, als ich mich geleitet von zwei Ca- Auf Zurufe desselben drängten die Soldaten die Volksmassen, der Mehr¬ Die die Rotunde umgebenden Pfeiler sind nämlich in der Höhe von un¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0133" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113913"/> <p xml:id="ID_348" prev="#ID_347"> Gebäude ausathmete. mich dieser Atmosphäre erst kurz vor dem Mirakel selbst<lb/> auszusehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_349"> Es war gegen zwei Uhr Nachmittags, als ich mich geleitet von zwei Ca-<lb/> wasscn nach der Grabeslirchc hinbegab. Die Eingänge des Vorhofs waren mit<lb/> Militärposten besetzt, welche aber weder meinem, noch, so weit ich bemerkte, dem<lb/> Passiren andrer Nachzügler Hindernisse in den Weg legten. Auf dem Vorhofe<lb/> selbst bildete von den der Portalfa^abe parallel laufenden Resten einer zer¬<lb/> störten Säulenreihe bis zu dem Thore der Kirche die Truppe. Gewehr am Fuß.<lb/> ein Spalier, welches den von den Kirchgängern zu nehmenden Weg bezeichnete,<lb/> den Nest des Platzes nahmen zum Theil Pyramiden zusammengestellter Mus¬<lb/> keten ein. in deren Nähe die Reserve der Occupationsmacht, ick schätzte sie auf<lb/> ungefähr 90 Mann, an Schattenstellen niederkauerte und sich mit Rauchen von<lb/> Cigarritos ergötzte. Innerhalb des Portals, dessen muhamedanische Hüter in<lb/> großer Anzahl erschienen waren und sich auf ihrem erhöhten Pvlstersitze im<lb/> Festtagskaftan und blendend weißem Kopfbunde gar stattlich ausnahmen. setzte<lb/> sich die militärische Doppelreihe westlich an dem Salbungsstein vorüberlaufend<lb/> bis in die Rotunde der Grabkapelle und um diese letztere herum fort; eine Ein¬<lb/> richtung,, welche, auch wenn die brüderliche Genossenschaft einer einzigen Secte,<lb/> und nicht verschiedene, eben so sehr durch Sprache und Denkweise, als durch<lb/> bürgerliche und confessionelle Eifersucht getrennte Nationalitäten sich auf dem<lb/> engen Raume zusammengefunden hätten, wegen der durch sie gebotenen leichteren<lb/> Passage ihr Ersprießliches gehabt haben würde. Diesem Zwecke genügte sie frei¬<lb/> lich für den Augenblick nicht ganz. Mit der indolenten Gutmüthigkeit, welche<lb/> den türkischen Soldaten unter gewöhnlichen Umständen auszeichnet, hatten sich<lb/> die Reihen von der hinter ihnen wühlenden und stoßenden Volksmenge zu¬<lb/> sammenschieben lassen und bildeten mit ihr einen dichten Knäuel, den zu durch¬<lb/> dringen ich gern die mir freundlich angebotene Begleitung eines türkischen<lb/> Offiziers annahm.</p><lb/> <p xml:id="ID_350"> Auf Zurufe desselben drängten die Soldaten die Volksmassen, der Mehr¬<lb/> zahl nach Armenier, zurück, so daß ich ohne Beschwerde nach der Rückseite der<lb/> Grabkapelle hingelangte. Daselbst empfing mich der syrische Bischof im Festge-<lb/> wande. einem faltigen schwarzen Oberkleide, purpurseidner Sultane, pmpur-<lb/> sgmmetnen Pantoffeln und einem gewaltigen blauen Turban in der Form eines<lb/> Melonenkaktus. Nach den landesüblichen Begrüßungen, bei denen sogar die<lb/> Pfeife und der Kaffee, wenigstens in dem lebhaft ausgesprochenen Kummer über<lb/> ihr Nichtvorhandensein, nicht fehlte, führte er mich zu dem für mich bereiteten<lb/> Platze, dessen Anblick, ich gestehe es, mich Anfangs mit einigem Grauen erfüllte.</p><lb/> <p xml:id="ID_351" next="#ID_352"> Die die Rotunde umgebenden Pfeiler sind nämlich in der Höhe von un¬<lb/> gefähr 25' durch Arkaden verbunden, unter weleben sich die Eingänge zu ver¬<lb/> schiedenen por ,der Kirche abgetrennten Räumlichkeiten. Sacristeien, Kapellen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0133]
Gebäude ausathmete. mich dieser Atmosphäre erst kurz vor dem Mirakel selbst
auszusehen.
Es war gegen zwei Uhr Nachmittags, als ich mich geleitet von zwei Ca-
wasscn nach der Grabeslirchc hinbegab. Die Eingänge des Vorhofs waren mit
Militärposten besetzt, welche aber weder meinem, noch, so weit ich bemerkte, dem
Passiren andrer Nachzügler Hindernisse in den Weg legten. Auf dem Vorhofe
selbst bildete von den der Portalfa^abe parallel laufenden Resten einer zer¬
störten Säulenreihe bis zu dem Thore der Kirche die Truppe. Gewehr am Fuß.
ein Spalier, welches den von den Kirchgängern zu nehmenden Weg bezeichnete,
den Nest des Platzes nahmen zum Theil Pyramiden zusammengestellter Mus¬
keten ein. in deren Nähe die Reserve der Occupationsmacht, ick schätzte sie auf
ungefähr 90 Mann, an Schattenstellen niederkauerte und sich mit Rauchen von
Cigarritos ergötzte. Innerhalb des Portals, dessen muhamedanische Hüter in
großer Anzahl erschienen waren und sich auf ihrem erhöhten Pvlstersitze im
Festtagskaftan und blendend weißem Kopfbunde gar stattlich ausnahmen. setzte
sich die militärische Doppelreihe westlich an dem Salbungsstein vorüberlaufend
bis in die Rotunde der Grabkapelle und um diese letztere herum fort; eine Ein¬
richtung,, welche, auch wenn die brüderliche Genossenschaft einer einzigen Secte,
und nicht verschiedene, eben so sehr durch Sprache und Denkweise, als durch
bürgerliche und confessionelle Eifersucht getrennte Nationalitäten sich auf dem
engen Raume zusammengefunden hätten, wegen der durch sie gebotenen leichteren
Passage ihr Ersprießliches gehabt haben würde. Diesem Zwecke genügte sie frei¬
lich für den Augenblick nicht ganz. Mit der indolenten Gutmüthigkeit, welche
den türkischen Soldaten unter gewöhnlichen Umständen auszeichnet, hatten sich
die Reihen von der hinter ihnen wühlenden und stoßenden Volksmenge zu¬
sammenschieben lassen und bildeten mit ihr einen dichten Knäuel, den zu durch¬
dringen ich gern die mir freundlich angebotene Begleitung eines türkischen
Offiziers annahm.
Auf Zurufe desselben drängten die Soldaten die Volksmassen, der Mehr¬
zahl nach Armenier, zurück, so daß ich ohne Beschwerde nach der Rückseite der
Grabkapelle hingelangte. Daselbst empfing mich der syrische Bischof im Festge-
wande. einem faltigen schwarzen Oberkleide, purpurseidner Sultane, pmpur-
sgmmetnen Pantoffeln und einem gewaltigen blauen Turban in der Form eines
Melonenkaktus. Nach den landesüblichen Begrüßungen, bei denen sogar die
Pfeife und der Kaffee, wenigstens in dem lebhaft ausgesprochenen Kummer über
ihr Nichtvorhandensein, nicht fehlte, führte er mich zu dem für mich bereiteten
Platze, dessen Anblick, ich gestehe es, mich Anfangs mit einigem Grauen erfüllte.
Die die Rotunde umgebenden Pfeiler sind nämlich in der Höhe von un¬
gefähr 25' durch Arkaden verbunden, unter weleben sich die Eingänge zu ver¬
schiedenen por ,der Kirche abgetrennten Räumlichkeiten. Sacristeien, Kapellen
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