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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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schaft befallen wurde. Ich meine eine bekannte Hautkrankheit, mit der ich in¬
deß damals so wenig bekannt war, daß ich mich lange Zeit plagen mußte,
ehe ich merkte, was mir fehle. Erst als ich mich bitter beklagt, und auch
dann nur aus Rücksicht auf meine Jugend und meinen Stand, wurde ich ärzt¬
lich behandelt, doch gewiß nur oberflächlich hergestellt; denn ich erinnere mich
nur 3--10 Tage zu Hause geblieben zu sein.

Vom 12. bis zum 26. März, dem grünen Donnerstage, fanden fast täg¬
lich Ausfälle statt, an welchen nicht das ganze Bataillon, sondern nur die
Theil nahmen, die sich gerade auf Vorposten befanden. Der Ausfall am 26.
Mürz war der bedeutendste und hatte auf das Bataillon einen ganz besondern Ein¬
fluß; denn unser Oberst wurde zum Commandanten von Neusahrwasser er,
nannt, wohin er mein Bataillon mitnahm, das er sich besonders ausgebeten
hatte, weil er sich auf seine treuen Schlesier verlassen konnte. Die Leute der
andern Regimenter waren nicht so zuverlässig, es waren viele Polen darunter,
es fanden zahlreiche Desertionen statt, namentlich vom Regiment Nouquette-Drago-
ner. so daß da, wo Infanterie- und Cavallerie-Vedetten zusammenstanden, erstere
den Befehl erhalten hatten, die Dragoner sorgfältig mit zu bewachen und wenn
einer sich über die Gebühr entfernte, ohne alle Umstände Feuer auf ihn zu geben.

An jenem 26. März waren d>e ersten Truppen zur Verstärkung der Gar¬
nison zur See in Neusahrwasser angekommen, es waren 2 Compagnien Rus¬
sen, von 2 Bataillonen, die später, bis zum ^28. März, ganz dort ausgeschifft
wurden. Die Landverbindung mit Pillau. von wo auf der frischen Neh¬
rung Perstärkungen ankommen konnten, war durch den in der Nacht vom 19.
zum 20. März erfolgten Verlust der Nehrung abgebrochen. Der grüne
Donnerstag hatte uns auch um einen braven Offizier gebracht, welcher in
der Kalkschanze, wo er aus Feldwache war, gefangen wurde. Es ist der noch
jetzt lebende pensionirte Major von Molitor in Breslau. Die Besatzung von
Neufahrwasser hatte an diesem Tage auch einen Ausfall gemacht, war jedoch
mit Verlust zurückgeschlagen worden und hatte den Major von Krockow als
Gefangenen verloren. Dieser hatte theils auf eigene Kosten, theils mit Hilfe
der pommerschen Stände ein Freicorps errichtet, das seinen Namen führte.
Dasselbe bestand aus einem Bataillon Infanterie und einer Escadron Ca-
vallerie, sie hießen Jäger -- die Infanterie hatte Büchsen; ihre Uniform war
grün mit Schwarz wie die unsere; nur mit einem andern Schnitt; als Kopf¬
bedeckung trugen sie eiserne schwarzlackirte Pickelhauben mit schwarzen Ro߬
haaren im Kamm, auf welche vorn Todtenköpfe gemacht waren. Sie sahen
sehr gut aus und hielten sich ungemein brav; denn sie waren aus Freiwilligen
und ranzionirten Soldaten errichtet. Nach der Gefangennahme ihres Com¬
mandeurs befehligte sie ein Hauptmann von Luck, ein Namensvetter, aber,
so viel ich weiß, kein Verwandter meines Hauptmanns. Am 28. oder 29.


schaft befallen wurde. Ich meine eine bekannte Hautkrankheit, mit der ich in¬
deß damals so wenig bekannt war, daß ich mich lange Zeit plagen mußte,
ehe ich merkte, was mir fehle. Erst als ich mich bitter beklagt, und auch
dann nur aus Rücksicht auf meine Jugend und meinen Stand, wurde ich ärzt¬
lich behandelt, doch gewiß nur oberflächlich hergestellt; denn ich erinnere mich
nur 3—10 Tage zu Hause geblieben zu sein.

Vom 12. bis zum 26. März, dem grünen Donnerstage, fanden fast täg¬
lich Ausfälle statt, an welchen nicht das ganze Bataillon, sondern nur die
Theil nahmen, die sich gerade auf Vorposten befanden. Der Ausfall am 26.
Mürz war der bedeutendste und hatte auf das Bataillon einen ganz besondern Ein¬
fluß; denn unser Oberst wurde zum Commandanten von Neusahrwasser er,
nannt, wohin er mein Bataillon mitnahm, das er sich besonders ausgebeten
hatte, weil er sich auf seine treuen Schlesier verlassen konnte. Die Leute der
andern Regimenter waren nicht so zuverlässig, es waren viele Polen darunter,
es fanden zahlreiche Desertionen statt, namentlich vom Regiment Nouquette-Drago-
ner. so daß da, wo Infanterie- und Cavallerie-Vedetten zusammenstanden, erstere
den Befehl erhalten hatten, die Dragoner sorgfältig mit zu bewachen und wenn
einer sich über die Gebühr entfernte, ohne alle Umstände Feuer auf ihn zu geben.

An jenem 26. März waren d>e ersten Truppen zur Verstärkung der Gar¬
nison zur See in Neusahrwasser angekommen, es waren 2 Compagnien Rus¬
sen, von 2 Bataillonen, die später, bis zum ^28. März, ganz dort ausgeschifft
wurden. Die Landverbindung mit Pillau. von wo auf der frischen Neh¬
rung Perstärkungen ankommen konnten, war durch den in der Nacht vom 19.
zum 20. März erfolgten Verlust der Nehrung abgebrochen. Der grüne
Donnerstag hatte uns auch um einen braven Offizier gebracht, welcher in
der Kalkschanze, wo er aus Feldwache war, gefangen wurde. Es ist der noch
jetzt lebende pensionirte Major von Molitor in Breslau. Die Besatzung von
Neufahrwasser hatte an diesem Tage auch einen Ausfall gemacht, war jedoch
mit Verlust zurückgeschlagen worden und hatte den Major von Krockow als
Gefangenen verloren. Dieser hatte theils auf eigene Kosten, theils mit Hilfe
der pommerschen Stände ein Freicorps errichtet, das seinen Namen führte.
Dasselbe bestand aus einem Bataillon Infanterie und einer Escadron Ca-
vallerie, sie hießen Jäger — die Infanterie hatte Büchsen; ihre Uniform war
grün mit Schwarz wie die unsere; nur mit einem andern Schnitt; als Kopf¬
bedeckung trugen sie eiserne schwarzlackirte Pickelhauben mit schwarzen Ro߬
haaren im Kamm, auf welche vorn Todtenköpfe gemacht waren. Sie sahen
sehr gut aus und hielten sich ungemein brav; denn sie waren aus Freiwilligen
und ranzionirten Soldaten errichtet. Nach der Gefangennahme ihres Com¬
mandeurs befehligte sie ein Hauptmann von Luck, ein Namensvetter, aber,
so viel ich weiß, kein Verwandter meines Hauptmanns. Am 28. oder 29.


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[0062] schaft befallen wurde. Ich meine eine bekannte Hautkrankheit, mit der ich in¬ deß damals so wenig bekannt war, daß ich mich lange Zeit plagen mußte, ehe ich merkte, was mir fehle. Erst als ich mich bitter beklagt, und auch dann nur aus Rücksicht auf meine Jugend und meinen Stand, wurde ich ärzt¬ lich behandelt, doch gewiß nur oberflächlich hergestellt; denn ich erinnere mich nur 3—10 Tage zu Hause geblieben zu sein. Vom 12. bis zum 26. März, dem grünen Donnerstage, fanden fast täg¬ lich Ausfälle statt, an welchen nicht das ganze Bataillon, sondern nur die Theil nahmen, die sich gerade auf Vorposten befanden. Der Ausfall am 26. Mürz war der bedeutendste und hatte auf das Bataillon einen ganz besondern Ein¬ fluß; denn unser Oberst wurde zum Commandanten von Neusahrwasser er, nannt, wohin er mein Bataillon mitnahm, das er sich besonders ausgebeten hatte, weil er sich auf seine treuen Schlesier verlassen konnte. Die Leute der andern Regimenter waren nicht so zuverlässig, es waren viele Polen darunter, es fanden zahlreiche Desertionen statt, namentlich vom Regiment Nouquette-Drago- ner. so daß da, wo Infanterie- und Cavallerie-Vedetten zusammenstanden, erstere den Befehl erhalten hatten, die Dragoner sorgfältig mit zu bewachen und wenn einer sich über die Gebühr entfernte, ohne alle Umstände Feuer auf ihn zu geben. An jenem 26. März waren d>e ersten Truppen zur Verstärkung der Gar¬ nison zur See in Neusahrwasser angekommen, es waren 2 Compagnien Rus¬ sen, von 2 Bataillonen, die später, bis zum ^28. März, ganz dort ausgeschifft wurden. Die Landverbindung mit Pillau. von wo auf der frischen Neh¬ rung Perstärkungen ankommen konnten, war durch den in der Nacht vom 19. zum 20. März erfolgten Verlust der Nehrung abgebrochen. Der grüne Donnerstag hatte uns auch um einen braven Offizier gebracht, welcher in der Kalkschanze, wo er aus Feldwache war, gefangen wurde. Es ist der noch jetzt lebende pensionirte Major von Molitor in Breslau. Die Besatzung von Neufahrwasser hatte an diesem Tage auch einen Ausfall gemacht, war jedoch mit Verlust zurückgeschlagen worden und hatte den Major von Krockow als Gefangenen verloren. Dieser hatte theils auf eigene Kosten, theils mit Hilfe der pommerschen Stände ein Freicorps errichtet, das seinen Namen führte. Dasselbe bestand aus einem Bataillon Infanterie und einer Escadron Ca- vallerie, sie hießen Jäger — die Infanterie hatte Büchsen; ihre Uniform war grün mit Schwarz wie die unsere; nur mit einem andern Schnitt; als Kopf¬ bedeckung trugen sie eiserne schwarzlackirte Pickelhauben mit schwarzen Ro߬ haaren im Kamm, auf welche vorn Todtenköpfe gemacht waren. Sie sahen sehr gut aus und hielten sich ungemein brav; denn sie waren aus Freiwilligen und ranzionirten Soldaten errichtet. Nach der Gefangennahme ihres Com¬ mandeurs befehligte sie ein Hauptmann von Luck, ein Namensvetter, aber, so viel ich weiß, kein Verwandter meines Hauptmanns. Am 28. oder 29.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/62>, abgerufen am 28.12.2024.