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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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anlaßt zwei Kaiser, ihre Macht freiwillig zu beschränken. Der Kaiser von Oest¬
reich verzichtet für diesmal aus sein Recht, das Budget im Verwaltungswege
festzustellen. um zu versuchen, ob der Reichsrath zu Stande bringen könne,
was die Regierung nicht vermag; Napoleon der Dritte entsagt überhaupt
der Befugniß, über Staatsgelder durch Decrete zu verfügen. Hr. v. Schmerling
bekennt sich zum constitutionellen System und nimmt leichten Herzens die Ver¬
antwortlichkeit, das Budget vorgelegt zu haben, gegen eine künftige Reichs¬
vertretung auf sich. Herr Fould verwahrt sich gegen den Verdacht einer
Annäherung an die parlamentarische Regierung, aber er deutet an, daß die
Verantwortlichkeit gegen den Kaiser nicht weniger zu bedeuten habe, als gegen
Kammern. Inzwischen sind Concessionen der Regierungen an die Volksver¬
tretung in Finanzschwierigkeiten unter Umständen lästige Wohlthaten. Auf
die Staats- und verfassungsrechtliche Seite kommt es dabei weniger an als auf
die praktische Aufgabe, den zerrütteten Staatshaushalt zu ordnen. Nach dieser
Richtung bedeutet das Zugeständniß, welches Herr von Schmerling so hoch
anschlägt, nichts Anderes, als daß dem Reichsrathe, obschon er nicht vollstän¬
dig ist, gestattet werden soll. Hilfsnuttel ausfindig zu machen, welche die
Regierung nicht mehr zu schaffen weiß. Das Material, welches Hr. v. Pierer
zu diesem Zwecke liefert, beginnt mit der "Darstellung der Gebarungsresultate
der Staatseinnahmen und Ausgaben un Verwaltungsjahre 1860", welche
von der Hauptstaatskasse zusammengestellt,, aber noch nicht von der obersten
Rechnungsbehörde geprüft ist. Hiernach hat der Gesammt-Abgang (das De¬
ficit) 65 Millionen Gulden betragen, und wurde gedeckt durch außergewöhn¬
liche Zuflüsse -- die Entschädigung für Abtretung der Lombardei, eine Raten¬
zahlung von 21 Millionen; durch Vermehrung der Staatsschuld -- Einzahlungen
auf die Nationalanleihe, auf die lombardisch-venetianische Anleihe von 1859,
auf das Lotto-Anlehen von 1860 und durch Ausgabe von Hypothekar-An¬
weisungen. Diese Gebarung soll der Reichsrath prüfen, damit alsdann der
Kaiser sie genehmige. Ferner macht der Finanzminister Mittheilungen über
die Gebarung des Finanzjahres 1861, welche als annähernd richtig gelten
können. Vor einem Jahre hatte er den Gesammtabgang auf 40'/" Millionen
Gulden angeschlagen; es zeigt sich aber jeht nicht nur das "präliminirte

Deficit" von................40-/, Mill.
sondern noch ein "unpräliminirtes" Mchrdesicit von .... 69
mithin ein Gesammtabgang von 109V- Mill.

Von diesem Gesammtabgange werden gedeckt: Abermals durch

eine Jahreszahlung an der Entschädigung für die Lombardei
und durch Vermehrung der Staatsschuld nebst Ausgabe von
Hypothekar-Anweisungen...........82 Millionen
durch Ausgabe von Münzscheinen........12

anlaßt zwei Kaiser, ihre Macht freiwillig zu beschränken. Der Kaiser von Oest¬
reich verzichtet für diesmal aus sein Recht, das Budget im Verwaltungswege
festzustellen. um zu versuchen, ob der Reichsrath zu Stande bringen könne,
was die Regierung nicht vermag; Napoleon der Dritte entsagt überhaupt
der Befugniß, über Staatsgelder durch Decrete zu verfügen. Hr. v. Schmerling
bekennt sich zum constitutionellen System und nimmt leichten Herzens die Ver¬
antwortlichkeit, das Budget vorgelegt zu haben, gegen eine künftige Reichs¬
vertretung auf sich. Herr Fould verwahrt sich gegen den Verdacht einer
Annäherung an die parlamentarische Regierung, aber er deutet an, daß die
Verantwortlichkeit gegen den Kaiser nicht weniger zu bedeuten habe, als gegen
Kammern. Inzwischen sind Concessionen der Regierungen an die Volksver¬
tretung in Finanzschwierigkeiten unter Umständen lästige Wohlthaten. Auf
die Staats- und verfassungsrechtliche Seite kommt es dabei weniger an als auf
die praktische Aufgabe, den zerrütteten Staatshaushalt zu ordnen. Nach dieser
Richtung bedeutet das Zugeständniß, welches Herr von Schmerling so hoch
anschlägt, nichts Anderes, als daß dem Reichsrathe, obschon er nicht vollstän¬
dig ist, gestattet werden soll. Hilfsnuttel ausfindig zu machen, welche die
Regierung nicht mehr zu schaffen weiß. Das Material, welches Hr. v. Pierer
zu diesem Zwecke liefert, beginnt mit der „Darstellung der Gebarungsresultate
der Staatseinnahmen und Ausgaben un Verwaltungsjahre 1860", welche
von der Hauptstaatskasse zusammengestellt,, aber noch nicht von der obersten
Rechnungsbehörde geprüft ist. Hiernach hat der Gesammt-Abgang (das De¬
ficit) 65 Millionen Gulden betragen, und wurde gedeckt durch außergewöhn¬
liche Zuflüsse — die Entschädigung für Abtretung der Lombardei, eine Raten¬
zahlung von 21 Millionen; durch Vermehrung der Staatsschuld — Einzahlungen
auf die Nationalanleihe, auf die lombardisch-venetianische Anleihe von 1859,
auf das Lotto-Anlehen von 1860 und durch Ausgabe von Hypothekar-An¬
weisungen. Diese Gebarung soll der Reichsrath prüfen, damit alsdann der
Kaiser sie genehmige. Ferner macht der Finanzminister Mittheilungen über
die Gebarung des Finanzjahres 1861, welche als annähernd richtig gelten
können. Vor einem Jahre hatte er den Gesammtabgang auf 40'/» Millionen
Gulden angeschlagen; es zeigt sich aber jeht nicht nur das „präliminirte

Deficit" von................40-/, Mill.
sondern noch ein „unpräliminirtes" Mchrdesicit von .... 69
mithin ein Gesammtabgang von 109V- Mill.

Von diesem Gesammtabgange werden gedeckt: Abermals durch

eine Jahreszahlung an der Entschädigung für die Lombardei
und durch Vermehrung der Staatsschuld nebst Ausgabe von
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durch Ausgabe von Münzscheinen........12

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[0053] anlaßt zwei Kaiser, ihre Macht freiwillig zu beschränken. Der Kaiser von Oest¬ reich verzichtet für diesmal aus sein Recht, das Budget im Verwaltungswege festzustellen. um zu versuchen, ob der Reichsrath zu Stande bringen könne, was die Regierung nicht vermag; Napoleon der Dritte entsagt überhaupt der Befugniß, über Staatsgelder durch Decrete zu verfügen. Hr. v. Schmerling bekennt sich zum constitutionellen System und nimmt leichten Herzens die Ver¬ antwortlichkeit, das Budget vorgelegt zu haben, gegen eine künftige Reichs¬ vertretung auf sich. Herr Fould verwahrt sich gegen den Verdacht einer Annäherung an die parlamentarische Regierung, aber er deutet an, daß die Verantwortlichkeit gegen den Kaiser nicht weniger zu bedeuten habe, als gegen Kammern. Inzwischen sind Concessionen der Regierungen an die Volksver¬ tretung in Finanzschwierigkeiten unter Umständen lästige Wohlthaten. Auf die Staats- und verfassungsrechtliche Seite kommt es dabei weniger an als auf die praktische Aufgabe, den zerrütteten Staatshaushalt zu ordnen. Nach dieser Richtung bedeutet das Zugeständniß, welches Herr von Schmerling so hoch anschlägt, nichts Anderes, als daß dem Reichsrathe, obschon er nicht vollstän¬ dig ist, gestattet werden soll. Hilfsnuttel ausfindig zu machen, welche die Regierung nicht mehr zu schaffen weiß. Das Material, welches Hr. v. Pierer zu diesem Zwecke liefert, beginnt mit der „Darstellung der Gebarungsresultate der Staatseinnahmen und Ausgaben un Verwaltungsjahre 1860", welche von der Hauptstaatskasse zusammengestellt,, aber noch nicht von der obersten Rechnungsbehörde geprüft ist. Hiernach hat der Gesammt-Abgang (das De¬ ficit) 65 Millionen Gulden betragen, und wurde gedeckt durch außergewöhn¬ liche Zuflüsse — die Entschädigung für Abtretung der Lombardei, eine Raten¬ zahlung von 21 Millionen; durch Vermehrung der Staatsschuld — Einzahlungen auf die Nationalanleihe, auf die lombardisch-venetianische Anleihe von 1859, auf das Lotto-Anlehen von 1860 und durch Ausgabe von Hypothekar-An¬ weisungen. Diese Gebarung soll der Reichsrath prüfen, damit alsdann der Kaiser sie genehmige. Ferner macht der Finanzminister Mittheilungen über die Gebarung des Finanzjahres 1861, welche als annähernd richtig gelten können. Vor einem Jahre hatte er den Gesammtabgang auf 40'/» Millionen Gulden angeschlagen; es zeigt sich aber jeht nicht nur das „präliminirte Deficit" von................40-/, Mill. sondern noch ein „unpräliminirtes" Mchrdesicit von .... 69 mithin ein Gesammtabgang von 109V- Mill. Von diesem Gesammtabgange werden gedeckt: Abermals durch eine Jahreszahlung an der Entschädigung für die Lombardei und durch Vermehrung der Staatsschuld nebst Ausgabe von Hypothekar-Anweisungen...........82 Millionen durch Ausgabe von Münzscheinen........12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/53>, abgerufen am 28.12.2024.