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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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die Russen können die Tuche billig geben, da der Karavanenthee außergewöhn¬
liche Begünstigungen genießt und der Nutzen am Thee den niedrigen Preis
der Tuche überwiegt. Der Bericht meint indeß nach einer sorgfältigen Berechnung,
daß der Versuch einer Concurrenz zu machen sei. Er gibt dann noch genaue Nach¬
richten über die Chancen anderer Wollwaaren, wie Flanelle, Lastings, Tibets u. s. w.
Für Strumpfwaaren ist China kein Markt, da die Chinesen nicht an gewebte
Strümpfe zu gewöhnen sind, sondern nur gefütterte Socken aus Shirting tragen.
Glaswaaren dagegen gehen schon in recht ansehnlicher Menge von Dentschland
dorthin. Stobwassersche Lampen sind bereits wohlbekannt, von Bernstein wer¬
den am meisten Schnupftabalflacons und gelbe ovale Perlen gesucht; die
leichten deutschen Bijouteriewaaren passen wenig für die dortigen Sitten-, die
ansässigen Europäer geben den massiveren englischen und französischen Arbei¬
ten den Vorzug, die durch Controlstempel Garantie für richtigen Feingehalt
bieten. Im Allgemeinen gilt als Regel, daß in Waaren, weiche die Chinesen
auch machen, die Concurrenz da unmöglich ist, wo die Handarbeit überwiegt
und ihr Werth den Werth des Materials und der Maschinenarbeit wesentlich
übersteigt, da aber, wo mechanische Fabrikeinrichtungen die Hauptarbeit aus¬
führen, hat unsre Industrie Aussicht auf Erfolg. Blei ist ein wichtiger Ein¬
fuhrartikel, namentlich für die Ausfütterung der Theckisten, ebenso bei dem
rasch steigenden Schifffahrtsverkehr Provisionen, besonders Pöckelfleisch, Käse,
Hülsenfiüchte. Zwieback, ^iqueure und Bier, woran die Chinesen viel Ge¬
schmack finden; dasselbe muß aber stark sein, um den Transport zu tragen.
Die Bereitwilligkeit, genau nach den chinesischen Forderungen zu arbeiten, ist
die eine Hauptbedingung eines schwunghaften deutschen Geschäftes, die andre
steigender Verbrauch chinesischer Erzeugnisse; denn ein umfangreicher Verkehr
kann nur gedeihen, wenn Ein- und Ausfuhr sich im Wesentlichen decken; hat
doch der europäische Geldmarkt es vor einigen Jahren schmerzlich empfinden
müssen, als bei dem schlechten Ausfall der Seidenernte so viel Silber nach
China ging, um die dortigen Einkäufe zu bezahlen. Die beiden Hauptaus-
fuhrartitel Chinas sind für uns Thee und Seide. Leider ist der Consum des
erstem Artikels in Deutschland noch ein sehr geringer, der einzige deutsche
Markt für Thee. Hamburg, steht daher ganz in der Abhängigkeit von London,
welches überhaupt, von Rußland abgesehen^ alle Märkte Europas in diesem
Artikel beherrscht; der Verbrauch müßte in Deutschland von den höhern Krei¬
sen in die Massen dringen, um die Ausdehnung zu gewinnen, welche Ham¬
burger Häuser veranlassen könnte, größere Ladungen zu lausen. In ähnlicher,
wenn auch nicht gleicher Abhängigkeit vom englischen Markt steht Deutsch¬
land in Bezug auf Seide. China erzeugt davon ca. 500,000 Ballen, welche
früher ausschließlich im Lande verbraucht wurden, von denen aber jetzt ca.
90.000 Ballen nach Europa gehen. Der Ausfall der europäischen Ernten


die Russen können die Tuche billig geben, da der Karavanenthee außergewöhn¬
liche Begünstigungen genießt und der Nutzen am Thee den niedrigen Preis
der Tuche überwiegt. Der Bericht meint indeß nach einer sorgfältigen Berechnung,
daß der Versuch einer Concurrenz zu machen sei. Er gibt dann noch genaue Nach¬
richten über die Chancen anderer Wollwaaren, wie Flanelle, Lastings, Tibets u. s. w.
Für Strumpfwaaren ist China kein Markt, da die Chinesen nicht an gewebte
Strümpfe zu gewöhnen sind, sondern nur gefütterte Socken aus Shirting tragen.
Glaswaaren dagegen gehen schon in recht ansehnlicher Menge von Dentschland
dorthin. Stobwassersche Lampen sind bereits wohlbekannt, von Bernstein wer¬
den am meisten Schnupftabalflacons und gelbe ovale Perlen gesucht; die
leichten deutschen Bijouteriewaaren passen wenig für die dortigen Sitten-, die
ansässigen Europäer geben den massiveren englischen und französischen Arbei¬
ten den Vorzug, die durch Controlstempel Garantie für richtigen Feingehalt
bieten. Im Allgemeinen gilt als Regel, daß in Waaren, weiche die Chinesen
auch machen, die Concurrenz da unmöglich ist, wo die Handarbeit überwiegt
und ihr Werth den Werth des Materials und der Maschinenarbeit wesentlich
übersteigt, da aber, wo mechanische Fabrikeinrichtungen die Hauptarbeit aus¬
führen, hat unsre Industrie Aussicht auf Erfolg. Blei ist ein wichtiger Ein¬
fuhrartikel, namentlich für die Ausfütterung der Theckisten, ebenso bei dem
rasch steigenden Schifffahrtsverkehr Provisionen, besonders Pöckelfleisch, Käse,
Hülsenfiüchte. Zwieback, ^iqueure und Bier, woran die Chinesen viel Ge¬
schmack finden; dasselbe muß aber stark sein, um den Transport zu tragen.
Die Bereitwilligkeit, genau nach den chinesischen Forderungen zu arbeiten, ist
die eine Hauptbedingung eines schwunghaften deutschen Geschäftes, die andre
steigender Verbrauch chinesischer Erzeugnisse; denn ein umfangreicher Verkehr
kann nur gedeihen, wenn Ein- und Ausfuhr sich im Wesentlichen decken; hat
doch der europäische Geldmarkt es vor einigen Jahren schmerzlich empfinden
müssen, als bei dem schlechten Ausfall der Seidenernte so viel Silber nach
China ging, um die dortigen Einkäufe zu bezahlen. Die beiden Hauptaus-
fuhrartitel Chinas sind für uns Thee und Seide. Leider ist der Consum des
erstem Artikels in Deutschland noch ein sehr geringer, der einzige deutsche
Markt für Thee. Hamburg, steht daher ganz in der Abhängigkeit von London,
welches überhaupt, von Rußland abgesehen^ alle Märkte Europas in diesem
Artikel beherrscht; der Verbrauch müßte in Deutschland von den höhern Krei¬
sen in die Massen dringen, um die Ausdehnung zu gewinnen, welche Ham¬
burger Häuser veranlassen könnte, größere Ladungen zu lausen. In ähnlicher,
wenn auch nicht gleicher Abhängigkeit vom englischen Markt steht Deutsch¬
land in Bezug auf Seide. China erzeugt davon ca. 500,000 Ballen, welche
früher ausschließlich im Lande verbraucht wurden, von denen aber jetzt ca.
90.000 Ballen nach Europa gehen. Der Ausfall der europäischen Ernten


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[0340] die Russen können die Tuche billig geben, da der Karavanenthee außergewöhn¬ liche Begünstigungen genießt und der Nutzen am Thee den niedrigen Preis der Tuche überwiegt. Der Bericht meint indeß nach einer sorgfältigen Berechnung, daß der Versuch einer Concurrenz zu machen sei. Er gibt dann noch genaue Nach¬ richten über die Chancen anderer Wollwaaren, wie Flanelle, Lastings, Tibets u. s. w. Für Strumpfwaaren ist China kein Markt, da die Chinesen nicht an gewebte Strümpfe zu gewöhnen sind, sondern nur gefütterte Socken aus Shirting tragen. Glaswaaren dagegen gehen schon in recht ansehnlicher Menge von Dentschland dorthin. Stobwassersche Lampen sind bereits wohlbekannt, von Bernstein wer¬ den am meisten Schnupftabalflacons und gelbe ovale Perlen gesucht; die leichten deutschen Bijouteriewaaren passen wenig für die dortigen Sitten-, die ansässigen Europäer geben den massiveren englischen und französischen Arbei¬ ten den Vorzug, die durch Controlstempel Garantie für richtigen Feingehalt bieten. Im Allgemeinen gilt als Regel, daß in Waaren, weiche die Chinesen auch machen, die Concurrenz da unmöglich ist, wo die Handarbeit überwiegt und ihr Werth den Werth des Materials und der Maschinenarbeit wesentlich übersteigt, da aber, wo mechanische Fabrikeinrichtungen die Hauptarbeit aus¬ führen, hat unsre Industrie Aussicht auf Erfolg. Blei ist ein wichtiger Ein¬ fuhrartikel, namentlich für die Ausfütterung der Theckisten, ebenso bei dem rasch steigenden Schifffahrtsverkehr Provisionen, besonders Pöckelfleisch, Käse, Hülsenfiüchte. Zwieback, ^iqueure und Bier, woran die Chinesen viel Ge¬ schmack finden; dasselbe muß aber stark sein, um den Transport zu tragen. Die Bereitwilligkeit, genau nach den chinesischen Forderungen zu arbeiten, ist die eine Hauptbedingung eines schwunghaften deutschen Geschäftes, die andre steigender Verbrauch chinesischer Erzeugnisse; denn ein umfangreicher Verkehr kann nur gedeihen, wenn Ein- und Ausfuhr sich im Wesentlichen decken; hat doch der europäische Geldmarkt es vor einigen Jahren schmerzlich empfinden müssen, als bei dem schlechten Ausfall der Seidenernte so viel Silber nach China ging, um die dortigen Einkäufe zu bezahlen. Die beiden Hauptaus- fuhrartitel Chinas sind für uns Thee und Seide. Leider ist der Consum des erstem Artikels in Deutschland noch ein sehr geringer, der einzige deutsche Markt für Thee. Hamburg, steht daher ganz in der Abhängigkeit von London, welches überhaupt, von Rußland abgesehen^ alle Märkte Europas in diesem Artikel beherrscht; der Verbrauch müßte in Deutschland von den höhern Krei¬ sen in die Massen dringen, um die Ausdehnung zu gewinnen, welche Ham¬ burger Häuser veranlassen könnte, größere Ladungen zu lausen. In ähnlicher, wenn auch nicht gleicher Abhängigkeit vom englischen Markt steht Deutsch¬ land in Bezug auf Seide. China erzeugt davon ca. 500,000 Ballen, welche früher ausschließlich im Lande verbraucht wurden, von denen aber jetzt ca. 90.000 Ballen nach Europa gehen. Der Ausfall der europäischen Ernten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/340>, abgerufen am 28.12.2024.