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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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übrigens auch an den Wohnplätzen der Perigord-Trüffeln und mit diesen ge¬
mischt häusig vor. In Deutschland selbst reicht ihre Verbreitung, die vor-
zugsweise durch Kalkgehalt des Bodens bedingt erscheint, bis an die äußerste
Grenze des mitteldeutschen Berg- und Hügellandes. Die frischen Trüffeln,
welche in norddeutschen Städten käuflich sind, stammen meist von den Kalk¬
hügel" und Hochflächen, welche den Harz umsäumen und zwischen diesem
und dem Thüringer Walde sich ausbreiten. Auch Baden und Böhmen liefern
reichliche Ausbeute.

Die Trüffeln lieben kalkhaltigen Mergelboden mit leicht durchlassendem
Untergrund; einen Boden, welcher durch mäßige Beschattung vor raschem Aus-
trocknen geschützt ist. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß ihr Vor¬
kommen vorzugsweise unter Bäumen auf einer andern Ursache beruht, als auf
der gleichartigen Erhaltung des Bodens in mäßiger Feuchtigkeit, welche der
Schutz des Baumschcittcns vermittelt. In den sonnigen soinmerregenarmen
Gegenden Südfrankreichs scheint der Schutz der Bäume der Trüffelvegctatiou
unentbehrlich zu sein. Es ist notorisch, daß in der Provence schon das Aus¬
ästen der Bäume eines Gehölzes, in dem Trüffeln vorkommen, den Ertrag der
Trüffelernte vermindert. In Mitteldeutschland wachsen Trüffeln nicht selten
im lichtesten Buschwald. selbst auf offener Haide. Es ist für das Gedeihen
der Trüffeln nickt erforderlich, daß der Boden, in dem sie wachsen, in unge¬
störter Ruhe liege. Trüffelgruben der Champagne, Poitou's und Perigords.
die alljährlich (im Spätherbste) tief aufgewühlt werden, geben demungeachtet
reiche Ernten. In der Champagne ist unter den Trüffeisuchcrn sogar die
Ansicht verbreitet, daß das herbstliche Umwühlen der Trufsiöre die Vegetation
der Trüffeln fördere. Nicht selten kommen Trüffeln (in unmittelbarer Nahe
der Gehölze) in Ackerboden vor, der erst im Herbst zuvor umgepflügt ward.
Es ist ein Aberglaube, daß die Vegetation der Trüffel im Boden derjenigen
der Kräuter auf der Oberfläche des Bodens Schaden bringe. Man findet sie
nicht selten uuter dichtem Rasen: so bei Karlsbad, einer überhaupt ziemlich
trüffelreichen Gegend. Die Trüffeln binden sich bei ihrem Vorkommen an
keine bestimmte Baumart. Sie siudeu sich unter Eichen, Weißbuchen. Hasel-
stauden. Kastanien, unter Buchsbaumgestrüpp in der Provence, unter See¬
strandkiefern in den Landes der Gascogne. Der Gehalt an Humus des Bo¬
dens, in dem sie vegetiren. ist oft überraschend gering. Die an Trüffeln
äußerst reichen Fundplätze um Loudun (einige Stunden südlich von der Loire
unterhalb Tours) bestehen aus einer wenige Zolle mächtigen Schicht einer
thonigscmdigen. eisenschüssigen Ackerkrume, mit kleinem Kalkgerölle durchstreut,
die eiuer dicken Bank eines zerklüfteten, durchlässigen Kalkmergels aufgelagert
'se. Die Analyse jenes magern, hockst unfruchtbaren Bodens ergab in 1000
Theilen 500 Theile Kalk, 325 Th. Thon und Eisenoxyd, 125 Th. Quarzsand,


übrigens auch an den Wohnplätzen der Perigord-Trüffeln und mit diesen ge¬
mischt häusig vor. In Deutschland selbst reicht ihre Verbreitung, die vor-
zugsweise durch Kalkgehalt des Bodens bedingt erscheint, bis an die äußerste
Grenze des mitteldeutschen Berg- und Hügellandes. Die frischen Trüffeln,
welche in norddeutschen Städten käuflich sind, stammen meist von den Kalk¬
hügel» und Hochflächen, welche den Harz umsäumen und zwischen diesem
und dem Thüringer Walde sich ausbreiten. Auch Baden und Böhmen liefern
reichliche Ausbeute.

Die Trüffeln lieben kalkhaltigen Mergelboden mit leicht durchlassendem
Untergrund; einen Boden, welcher durch mäßige Beschattung vor raschem Aus-
trocknen geschützt ist. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß ihr Vor¬
kommen vorzugsweise unter Bäumen auf einer andern Ursache beruht, als auf
der gleichartigen Erhaltung des Bodens in mäßiger Feuchtigkeit, welche der
Schutz des Baumschcittcns vermittelt. In den sonnigen soinmerregenarmen
Gegenden Südfrankreichs scheint der Schutz der Bäume der Trüffelvegctatiou
unentbehrlich zu sein. Es ist notorisch, daß in der Provence schon das Aus¬
ästen der Bäume eines Gehölzes, in dem Trüffeln vorkommen, den Ertrag der
Trüffelernte vermindert. In Mitteldeutschland wachsen Trüffeln nicht selten
im lichtesten Buschwald. selbst auf offener Haide. Es ist für das Gedeihen
der Trüffeln nickt erforderlich, daß der Boden, in dem sie wachsen, in unge¬
störter Ruhe liege. Trüffelgruben der Champagne, Poitou's und Perigords.
die alljährlich (im Spätherbste) tief aufgewühlt werden, geben demungeachtet
reiche Ernten. In der Champagne ist unter den Trüffeisuchcrn sogar die
Ansicht verbreitet, daß das herbstliche Umwühlen der Trufsiöre die Vegetation
der Trüffeln fördere. Nicht selten kommen Trüffeln (in unmittelbarer Nahe
der Gehölze) in Ackerboden vor, der erst im Herbst zuvor umgepflügt ward.
Es ist ein Aberglaube, daß die Vegetation der Trüffel im Boden derjenigen
der Kräuter auf der Oberfläche des Bodens Schaden bringe. Man findet sie
nicht selten uuter dichtem Rasen: so bei Karlsbad, einer überhaupt ziemlich
trüffelreichen Gegend. Die Trüffeln binden sich bei ihrem Vorkommen an
keine bestimmte Baumart. Sie siudeu sich unter Eichen, Weißbuchen. Hasel-
stauden. Kastanien, unter Buchsbaumgestrüpp in der Provence, unter See¬
strandkiefern in den Landes der Gascogne. Der Gehalt an Humus des Bo¬
dens, in dem sie vegetiren. ist oft überraschend gering. Die an Trüffeln
äußerst reichen Fundplätze um Loudun (einige Stunden südlich von der Loire
unterhalb Tours) bestehen aus einer wenige Zolle mächtigen Schicht einer
thonigscmdigen. eisenschüssigen Ackerkrume, mit kleinem Kalkgerölle durchstreut,
die eiuer dicken Bank eines zerklüfteten, durchlässigen Kalkmergels aufgelagert
'se. Die Analyse jenes magern, hockst unfruchtbaren Bodens ergab in 1000
Theilen 500 Theile Kalk, 325 Th. Thon und Eisenoxyd, 125 Th. Quarzsand,


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[0271] übrigens auch an den Wohnplätzen der Perigord-Trüffeln und mit diesen ge¬ mischt häusig vor. In Deutschland selbst reicht ihre Verbreitung, die vor- zugsweise durch Kalkgehalt des Bodens bedingt erscheint, bis an die äußerste Grenze des mitteldeutschen Berg- und Hügellandes. Die frischen Trüffeln, welche in norddeutschen Städten käuflich sind, stammen meist von den Kalk¬ hügel» und Hochflächen, welche den Harz umsäumen und zwischen diesem und dem Thüringer Walde sich ausbreiten. Auch Baden und Böhmen liefern reichliche Ausbeute. Die Trüffeln lieben kalkhaltigen Mergelboden mit leicht durchlassendem Untergrund; einen Boden, welcher durch mäßige Beschattung vor raschem Aus- trocknen geschützt ist. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß ihr Vor¬ kommen vorzugsweise unter Bäumen auf einer andern Ursache beruht, als auf der gleichartigen Erhaltung des Bodens in mäßiger Feuchtigkeit, welche der Schutz des Baumschcittcns vermittelt. In den sonnigen soinmerregenarmen Gegenden Südfrankreichs scheint der Schutz der Bäume der Trüffelvegctatiou unentbehrlich zu sein. Es ist notorisch, daß in der Provence schon das Aus¬ ästen der Bäume eines Gehölzes, in dem Trüffeln vorkommen, den Ertrag der Trüffelernte vermindert. In Mitteldeutschland wachsen Trüffeln nicht selten im lichtesten Buschwald. selbst auf offener Haide. Es ist für das Gedeihen der Trüffeln nickt erforderlich, daß der Boden, in dem sie wachsen, in unge¬ störter Ruhe liege. Trüffelgruben der Champagne, Poitou's und Perigords. die alljährlich (im Spätherbste) tief aufgewühlt werden, geben demungeachtet reiche Ernten. In der Champagne ist unter den Trüffeisuchcrn sogar die Ansicht verbreitet, daß das herbstliche Umwühlen der Trufsiöre die Vegetation der Trüffeln fördere. Nicht selten kommen Trüffeln (in unmittelbarer Nahe der Gehölze) in Ackerboden vor, der erst im Herbst zuvor umgepflügt ward. Es ist ein Aberglaube, daß die Vegetation der Trüffel im Boden derjenigen der Kräuter auf der Oberfläche des Bodens Schaden bringe. Man findet sie nicht selten uuter dichtem Rasen: so bei Karlsbad, einer überhaupt ziemlich trüffelreichen Gegend. Die Trüffeln binden sich bei ihrem Vorkommen an keine bestimmte Baumart. Sie siudeu sich unter Eichen, Weißbuchen. Hasel- stauden. Kastanien, unter Buchsbaumgestrüpp in der Provence, unter See¬ strandkiefern in den Landes der Gascogne. Der Gehalt an Humus des Bo¬ dens, in dem sie vegetiren. ist oft überraschend gering. Die an Trüffeln äußerst reichen Fundplätze um Loudun (einige Stunden südlich von der Loire unterhalb Tours) bestehen aus einer wenige Zolle mächtigen Schicht einer thonigscmdigen. eisenschüssigen Ackerkrume, mit kleinem Kalkgerölle durchstreut, die eiuer dicken Bank eines zerklüfteten, durchlässigen Kalkmergels aufgelagert 'se. Die Analyse jenes magern, hockst unfruchtbaren Bodens ergab in 1000 Theilen 500 Theile Kalk, 325 Th. Thon und Eisenoxyd, 125 Th. Quarzsand,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/271>, abgerufen am 23.07.2024.