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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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gejagt und rief: "Herr, retten Sie sich; aus dem Walde kommen große Haufen
Insurgenten, um 2000, sie rufen laut: ?y g,me.o! (aufs Amt, aufs Amt!)"
Noch einmal sandte ich in die Stadt, es war in diesem Augenblick keine
Hilfe zu erhalten, meine wenigen Leute rannten ins Feld, in die Gräben
und auf die Böden, ich wollte mit den 50 Füsilieren zum Gefecht antreten
und Frau und Kinder in dem Keller verrammeln, allein Kleist beschwor mich,
es nicht zu thun. "Wir tonnen das Amt nicht halten, erhalten Sie sich
für Weib und Kind/'

Er hatte einen Leiterwagen angespannt, ein alter treuer polnischer Knecht
hatte Stroh darauf geschüttet, die Kinder wurden aus den Ställen zusammen
geholt und auf den Wagen gesetzt, ich nahm meinen Etienne in den Arm
und setzte mich neben den Knecht. Als wir zu dem hintern Thore abfuhren,
hörten wir schon die Sturmglocken ziehen. Es war schauerlich, ich fluchte
still vor mich hin. Ueberall sahen wir Fliehende, und polnische Schaaren,
welche heranzogen; in den Dörfern wurden wir angehalten, verfolgt und hin¬
ter uns die Brücken abgebrochen. Kleist hatte uns bis an die Amtsgrenze ge¬
bracht, da machte er Kehrt, es half kein Bitten. Er wollte mit den 50 Füsilie¬
ren siegen oder fallen. Ein Händedruck und eine Thräne, dann sah ich nur
noch eine Staubwolke. Kurz darauf sah ich ihn in das Thor reiten.

Gerade zu rechter Zeit hatte er die braven Fünfzig erreicht. Er rief
'sum zu: "Kommt, Landsleute, ich bin auch ein Pommer, wir werfen die
Hunde." So drangen sie bis ans Kloster zwischen Amt und Stadt; hier wur¬
den sie angegriffen durch polnische Schaaren, die von Mlzcz kamen, und durch
die Insurgenten, die sich im Kloster gesetzt hatten; sie formirter Quarr6s, und
Tod und Berderben um sich verbreitend zogen sie sich gelassen nach dem Amte
zurück, hier verrammelten sie sich. Da hören sie von Mogilno her Kleinge-
wehrfeuer. "Das sind unsre Flinten," rufen die Braven und fangen an, sich
durch die Insurgenten zu ihren Brüdern hinzuarbeiten. Richtig, es waren
70 Mann unter einem Unteroffizier, die von Mogilno zur Verstärkung kamen.
Das Commando war gleich beim Einrücken heftig gedrängt worden, hatte
sich im Schnellschritt auf das Feld zurückgezogen, Front commandirt und den
Jn>urgenten drei tüchtige Salven gegeben, worauf diese sich zurückzogen, in¬
dem sie viele Todte zurückließen, viele Verwundete mitschleppten. Nun kamen
noch die 50 vom Amte herzu, nahmen die 70 mit Hurrahruf auf und zogen
sich wieder nach dem Amte zurück. Unterdeß wurde es Abend, die Insurgen¬
ten wurden immer stärker, die Lage der Preußen auf dem Amte immer be¬
denklicher. Klxist, die ganze Gefahr erkennend, setzt sich mit dem Obercontroleur
Giese zu Pferde. Den Säbel am Riemen, die Pistole >n der Hand geht es
durch die ganz mit Insurgenten angefüllte Stadt. Alles weicht den kühnen Reitern,
sie gewinnen die Straße nach Mogilno und kommen zum Hauptmann Fröhlich.


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gejagt und rief: „Herr, retten Sie sich; aus dem Walde kommen große Haufen
Insurgenten, um 2000, sie rufen laut: ?y g,me.o! (aufs Amt, aufs Amt!)"
Noch einmal sandte ich in die Stadt, es war in diesem Augenblick keine
Hilfe zu erhalten, meine wenigen Leute rannten ins Feld, in die Gräben
und auf die Böden, ich wollte mit den 50 Füsilieren zum Gefecht antreten
und Frau und Kinder in dem Keller verrammeln, allein Kleist beschwor mich,
es nicht zu thun. „Wir tonnen das Amt nicht halten, erhalten Sie sich
für Weib und Kind/'

Er hatte einen Leiterwagen angespannt, ein alter treuer polnischer Knecht
hatte Stroh darauf geschüttet, die Kinder wurden aus den Ställen zusammen
geholt und auf den Wagen gesetzt, ich nahm meinen Etienne in den Arm
und setzte mich neben den Knecht. Als wir zu dem hintern Thore abfuhren,
hörten wir schon die Sturmglocken ziehen. Es war schauerlich, ich fluchte
still vor mich hin. Ueberall sahen wir Fliehende, und polnische Schaaren,
welche heranzogen; in den Dörfern wurden wir angehalten, verfolgt und hin¬
ter uns die Brücken abgebrochen. Kleist hatte uns bis an die Amtsgrenze ge¬
bracht, da machte er Kehrt, es half kein Bitten. Er wollte mit den 50 Füsilie¬
ren siegen oder fallen. Ein Händedruck und eine Thräne, dann sah ich nur
noch eine Staubwolke. Kurz darauf sah ich ihn in das Thor reiten.

Gerade zu rechter Zeit hatte er die braven Fünfzig erreicht. Er rief
'sum zu: „Kommt, Landsleute, ich bin auch ein Pommer, wir werfen die
Hunde." So drangen sie bis ans Kloster zwischen Amt und Stadt; hier wur¬
den sie angegriffen durch polnische Schaaren, die von Mlzcz kamen, und durch
die Insurgenten, die sich im Kloster gesetzt hatten; sie formirter Quarr6s, und
Tod und Berderben um sich verbreitend zogen sie sich gelassen nach dem Amte
zurück, hier verrammelten sie sich. Da hören sie von Mogilno her Kleinge-
wehrfeuer. „Das sind unsre Flinten," rufen die Braven und fangen an, sich
durch die Insurgenten zu ihren Brüdern hinzuarbeiten. Richtig, es waren
70 Mann unter einem Unteroffizier, die von Mogilno zur Verstärkung kamen.
Das Commando war gleich beim Einrücken heftig gedrängt worden, hatte
sich im Schnellschritt auf das Feld zurückgezogen, Front commandirt und den
Jn>urgenten drei tüchtige Salven gegeben, worauf diese sich zurückzogen, in¬
dem sie viele Todte zurückließen, viele Verwundete mitschleppten. Nun kamen
noch die 50 vom Amte herzu, nahmen die 70 mit Hurrahruf auf und zogen
sich wieder nach dem Amte zurück. Unterdeß wurde es Abend, die Insurgen¬
ten wurden immer stärker, die Lage der Preußen auf dem Amte immer be¬
denklicher. Klxist, die ganze Gefahr erkennend, setzt sich mit dem Obercontroleur
Giese zu Pferde. Den Säbel am Riemen, die Pistole >n der Hand geht es
durch die ganz mit Insurgenten angefüllte Stadt. Alles weicht den kühnen Reitern,
sie gewinnen die Straße nach Mogilno und kommen zum Hauptmann Fröhlich.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/179>, abgerufen am 28.12.2024.