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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Stadt, unmittelbar nach dem Idole ver Probst mit Inful und Stab und
großem Cortege, hinter ihm aber statt der angekündeten Vertretung der Stadt¬
gemeinde ein paar seiner Herzensfreunde, der Landeshauptmannstellvertreter
Karl v. Zallinger und Ignaz Baron v. Giovanelli, der wahrheitseifngc
Correspondent des "Vaterlgnd" so wie der "Tiroler Stimmen", auch Verfasser
aller nöthigen Slaatsschriften. Die Schützen von Kältern, die Baron Dipauli
aufbieten wollte, blieben weg, da sie das Militär bei ihrem Einrücken ent¬
waffnet hätte, die ganze Garnison, bei 1300 Mann, war in den Kasernen
consignirt. um bei einem etwaigen Acte frommer Lynchjustiz gleich zur Hand
zu sein. Wirklich verlief sich auch die ganze Heerde der andächtigen Beter
ohne irgeno welchen auffallenden Andrang nach Märtyrerkronen, und der
Triumphzug. der mit Böllern und Musik verkündet war, glich mehr einem
Bußgang. Zum Schluß ward vou der Kanzel das segensreiche Ereigniß der
päpstlichen Ambassade erläutert, was die mürben Herzen zu stillen Seufzern
anfachte; nnr in Meran konnte der Kapuziner Trois einige Flüche auf die
Freimaurer kaum unterdrücken.

Die Production hatte nicht einmal einen sueoös ä'vLtims geerntet, um
so eifriger dachte man darauf den Lichtfreunden das Wasser zu trüben. Da
bei der Eröffnung der Gasbeleuchtung außer dem Freischießen auch ein
Maskenzug und andere Augenweide statthaben sollten, waren unsere Asceten
bemüht, dies Blendwerk der Hölle in der Geburt zu ersticken, oder doch gottes-
fürchtige Gemüther davon ferne zu halten. Tue Darsteller des Festzuges
brauchten Pferde und Maulthiere; um ihn zu vereiteln, vermochte man die¬
jenigen, die sie dazu vermiethet, entweder ihr Wort zurückzunehmen oder un¬
mäßige Preise zu fordern. Den Knaben, denen bei den Allegorien Rollen zu¬
gedacht waren, drohte man mit schlechter Sittennole. Der Probst, der früher
seine Einwilligung zur Beleuchtung des Psarrthurms gegeben und auch die
Zustimmung des Bischofs dazu erhalten hatte, sandte einen eigenen Boten
nach Trient, um dieselbe rückgängig zu machen, was denn auch geschah. Die
Franziskaner' verboten den Schülern des Gymnasiums, die Schulschwestern den
Mädchen, die Beichtiger ihren geistlichen Töchtern das Zusehen bei der bevor¬
stehenden Verspottung der Religion und ihrer Diener. Die Kapuziner wußten
schon von den Earicaturen der letzten Glaubensprocession und ihrer Führer
Allen, die es hören wollten, genau zu erzählen. Die ganze schwarze und
braune Schaar war auf den Beinen, um zu lügen, zu verleumden, frommen
Hader und nützliche Zwietracht auszustreuen.

. Trotzdem gelang das Unternehmen vollkommen; eine unzählige Menge
Volkes strömte herbei und konnte sich am Maskenzüge kaum satt sehen, und
es gab nicht Wenige, die meinten, man werde sich des 10. Novembers noch
lange erinnern. Bürger und Militär freuten sich in herzlicher Eintracht des


Stadt, unmittelbar nach dem Idole ver Probst mit Inful und Stab und
großem Cortege, hinter ihm aber statt der angekündeten Vertretung der Stadt¬
gemeinde ein paar seiner Herzensfreunde, der Landeshauptmannstellvertreter
Karl v. Zallinger und Ignaz Baron v. Giovanelli, der wahrheitseifngc
Correspondent des „Vaterlgnd" so wie der „Tiroler Stimmen", auch Verfasser
aller nöthigen Slaatsschriften. Die Schützen von Kältern, die Baron Dipauli
aufbieten wollte, blieben weg, da sie das Militär bei ihrem Einrücken ent¬
waffnet hätte, die ganze Garnison, bei 1300 Mann, war in den Kasernen
consignirt. um bei einem etwaigen Acte frommer Lynchjustiz gleich zur Hand
zu sein. Wirklich verlief sich auch die ganze Heerde der andächtigen Beter
ohne irgeno welchen auffallenden Andrang nach Märtyrerkronen, und der
Triumphzug. der mit Böllern und Musik verkündet war, glich mehr einem
Bußgang. Zum Schluß ward vou der Kanzel das segensreiche Ereigniß der
päpstlichen Ambassade erläutert, was die mürben Herzen zu stillen Seufzern
anfachte; nnr in Meran konnte der Kapuziner Trois einige Flüche auf die
Freimaurer kaum unterdrücken.

Die Production hatte nicht einmal einen sueoös ä'vLtims geerntet, um
so eifriger dachte man darauf den Lichtfreunden das Wasser zu trüben. Da
bei der Eröffnung der Gasbeleuchtung außer dem Freischießen auch ein
Maskenzug und andere Augenweide statthaben sollten, waren unsere Asceten
bemüht, dies Blendwerk der Hölle in der Geburt zu ersticken, oder doch gottes-
fürchtige Gemüther davon ferne zu halten. Tue Darsteller des Festzuges
brauchten Pferde und Maulthiere; um ihn zu vereiteln, vermochte man die¬
jenigen, die sie dazu vermiethet, entweder ihr Wort zurückzunehmen oder un¬
mäßige Preise zu fordern. Den Knaben, denen bei den Allegorien Rollen zu¬
gedacht waren, drohte man mit schlechter Sittennole. Der Probst, der früher
seine Einwilligung zur Beleuchtung des Psarrthurms gegeben und auch die
Zustimmung des Bischofs dazu erhalten hatte, sandte einen eigenen Boten
nach Trient, um dieselbe rückgängig zu machen, was denn auch geschah. Die
Franziskaner' verboten den Schülern des Gymnasiums, die Schulschwestern den
Mädchen, die Beichtiger ihren geistlichen Töchtern das Zusehen bei der bevor¬
stehenden Verspottung der Religion und ihrer Diener. Die Kapuziner wußten
schon von den Earicaturen der letzten Glaubensprocession und ihrer Führer
Allen, die es hören wollten, genau zu erzählen. Die ganze schwarze und
braune Schaar war auf den Beinen, um zu lügen, zu verleumden, frommen
Hader und nützliche Zwietracht auszustreuen.

. Trotzdem gelang das Unternehmen vollkommen; eine unzählige Menge
Volkes strömte herbei und konnte sich am Maskenzüge kaum satt sehen, und
es gab nicht Wenige, die meinten, man werde sich des 10. Novembers noch
lange erinnern. Bürger und Militär freuten sich in herzlicher Eintracht des


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[0149] Stadt, unmittelbar nach dem Idole ver Probst mit Inful und Stab und großem Cortege, hinter ihm aber statt der angekündeten Vertretung der Stadt¬ gemeinde ein paar seiner Herzensfreunde, der Landeshauptmannstellvertreter Karl v. Zallinger und Ignaz Baron v. Giovanelli, der wahrheitseifngc Correspondent des „Vaterlgnd" so wie der „Tiroler Stimmen", auch Verfasser aller nöthigen Slaatsschriften. Die Schützen von Kältern, die Baron Dipauli aufbieten wollte, blieben weg, da sie das Militär bei ihrem Einrücken ent¬ waffnet hätte, die ganze Garnison, bei 1300 Mann, war in den Kasernen consignirt. um bei einem etwaigen Acte frommer Lynchjustiz gleich zur Hand zu sein. Wirklich verlief sich auch die ganze Heerde der andächtigen Beter ohne irgeno welchen auffallenden Andrang nach Märtyrerkronen, und der Triumphzug. der mit Böllern und Musik verkündet war, glich mehr einem Bußgang. Zum Schluß ward vou der Kanzel das segensreiche Ereigniß der päpstlichen Ambassade erläutert, was die mürben Herzen zu stillen Seufzern anfachte; nnr in Meran konnte der Kapuziner Trois einige Flüche auf die Freimaurer kaum unterdrücken. Die Production hatte nicht einmal einen sueoös ä'vLtims geerntet, um so eifriger dachte man darauf den Lichtfreunden das Wasser zu trüben. Da bei der Eröffnung der Gasbeleuchtung außer dem Freischießen auch ein Maskenzug und andere Augenweide statthaben sollten, waren unsere Asceten bemüht, dies Blendwerk der Hölle in der Geburt zu ersticken, oder doch gottes- fürchtige Gemüther davon ferne zu halten. Tue Darsteller des Festzuges brauchten Pferde und Maulthiere; um ihn zu vereiteln, vermochte man die¬ jenigen, die sie dazu vermiethet, entweder ihr Wort zurückzunehmen oder un¬ mäßige Preise zu fordern. Den Knaben, denen bei den Allegorien Rollen zu¬ gedacht waren, drohte man mit schlechter Sittennole. Der Probst, der früher seine Einwilligung zur Beleuchtung des Psarrthurms gegeben und auch die Zustimmung des Bischofs dazu erhalten hatte, sandte einen eigenen Boten nach Trient, um dieselbe rückgängig zu machen, was denn auch geschah. Die Franziskaner' verboten den Schülern des Gymnasiums, die Schulschwestern den Mädchen, die Beichtiger ihren geistlichen Töchtern das Zusehen bei der bevor¬ stehenden Verspottung der Religion und ihrer Diener. Die Kapuziner wußten schon von den Earicaturen der letzten Glaubensprocession und ihrer Führer Allen, die es hören wollten, genau zu erzählen. Die ganze schwarze und braune Schaar war auf den Beinen, um zu lügen, zu verleumden, frommen Hader und nützliche Zwietracht auszustreuen. . Trotzdem gelang das Unternehmen vollkommen; eine unzählige Menge Volkes strömte herbei und konnte sich am Maskenzüge kaum satt sehen, und es gab nicht Wenige, die meinten, man werde sich des 10. Novembers noch lange erinnern. Bürger und Militär freuten sich in herzlicher Eintracht des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/149>, abgerufen am 25.06.2024.