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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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mokraten oder Republikanern von Connecticut. Neuyork oder Pennsylvanien
willkommen sein.

Die Trennung daher, welche durch die Beziehungen zwischen Nord und Süd
geboten ist, wird durch die Beziehungen der verschiedenen östlichen Staaten
zueinander und ebenso durch die zwischen den nordwestlichen v erd oder. Die
Voraussetzung, daß diese Gruppen sich weiter spalten werden, wo doch keiner¬
lei reale Unterschiede, keine Lebensfragen existiren, die sie zum Auscinander-
fall nöthigen, ist gleichbedeutend mit dem Vorwurf, daß sie Jsolirung der
Vereinigung, Schwäche der Stärke vorziehen werden und zwar lediglich aus
Eigensinn, Leidenschaftlichkeit und Verblendung gegen die einfachsten Schlüsse
des gesunden Menschenverstandes.

Was man auch gegen die Amerikaner sagen mag -- und man kann
mit Recht Vielerlei an ihnen aussetzen, Vielerlei ihnen wünschen -- einen so
vollständigen Mangel an Einsicht und Verständniß für ihren Vortheil dürfen
wir bei ihnen nicht vermuthen. "Aber", so entgegnet man uns, "trennen
sie sich auch nur in die angegebnen vier oder sechs Staatengruppen oder
Bundesstaaten, so werden diese sich doch sofort befehden. Verschiedene unab¬
hängige Republiken können nicht nebeneinander existiren, ohne daß sich un¬
ablässige Reibungen ergeben und ohne daß der Streit zu unaufhörlichen Ge¬
waltstreichen, endlosen Kriegen führt." Wäre das wirklich so. dann könnten
wir nur die traurige Ueberzeugung aussprechen, daß Arete Sam, unser freier
und erleuchteter Republikaner der neuen Welt, ein sehr unfreier und uner¬
leuchteter Republikaner und daß er in der Entwickelung seiner Fähigkeiten, in
der Herausbildung der Selbstbeherrschung, des Gerechtigkeitssinns und andrer
Eigenschaften politisch gereifter Völker beträchtlich hinter seinen in der Finsterniß
der Sklaverei dahin vegetirenden europäischen Zeitgenossen zurückgeblieben sei.

In der alten Welt leben, wie bereits bemerkt, mehr als em Dutzend
verschiedene Nationen mit zum Theil sehr wenig bequemen Grenzen nach¬
barlich nebeneinander und wissen es so einzurichten, daß die Streitigkeiten,
die sich unter diesen Umständen gelegentlich erheben, auf diplomatischem Wege
ausgeglichen werden. Nur selten im Verhältniß >zur Menge dieser streitigen
Fragen kam es in den letzten fünfzig Jahren zu Friedensbrüchen und länger
dauernden Kriegen. Wahrscheinlich haben die Amerikaner diese Lection gegen¬
seitiger Rücksichtnahme erst noch zu lernen, und vielleicht finden sie die Auf¬
gabe ein wenig neu, schwierig und langweilig. Aber sie werden sie mit der
Zeit schon lernen. Bisher ohne Nachbarn als solche, die sich gefallen lassen
mußten, was den Herren des Kontinents beliebte, haben sie recht vergnüglich
und- in aller Ungestörtheit den Helden und bisweilen den Bramarbas spielen
dürfen. Jetzt werden sie Nachbarn von ihrem eignen Kaliber haben, und
daraus wird zu ihrem eignen Besten sich ein Capital politischer Weisheit und


mokraten oder Republikanern von Connecticut. Neuyork oder Pennsylvanien
willkommen sein.

Die Trennung daher, welche durch die Beziehungen zwischen Nord und Süd
geboten ist, wird durch die Beziehungen der verschiedenen östlichen Staaten
zueinander und ebenso durch die zwischen den nordwestlichen v erd oder. Die
Voraussetzung, daß diese Gruppen sich weiter spalten werden, wo doch keiner¬
lei reale Unterschiede, keine Lebensfragen existiren, die sie zum Auscinander-
fall nöthigen, ist gleichbedeutend mit dem Vorwurf, daß sie Jsolirung der
Vereinigung, Schwäche der Stärke vorziehen werden und zwar lediglich aus
Eigensinn, Leidenschaftlichkeit und Verblendung gegen die einfachsten Schlüsse
des gesunden Menschenverstandes.

Was man auch gegen die Amerikaner sagen mag — und man kann
mit Recht Vielerlei an ihnen aussetzen, Vielerlei ihnen wünschen — einen so
vollständigen Mangel an Einsicht und Verständniß für ihren Vortheil dürfen
wir bei ihnen nicht vermuthen. „Aber", so entgegnet man uns, „trennen
sie sich auch nur in die angegebnen vier oder sechs Staatengruppen oder
Bundesstaaten, so werden diese sich doch sofort befehden. Verschiedene unab¬
hängige Republiken können nicht nebeneinander existiren, ohne daß sich un¬
ablässige Reibungen ergeben und ohne daß der Streit zu unaufhörlichen Ge¬
waltstreichen, endlosen Kriegen führt." Wäre das wirklich so. dann könnten
wir nur die traurige Ueberzeugung aussprechen, daß Arete Sam, unser freier
und erleuchteter Republikaner der neuen Welt, ein sehr unfreier und uner¬
leuchteter Republikaner und daß er in der Entwickelung seiner Fähigkeiten, in
der Herausbildung der Selbstbeherrschung, des Gerechtigkeitssinns und andrer
Eigenschaften politisch gereifter Völker beträchtlich hinter seinen in der Finsterniß
der Sklaverei dahin vegetirenden europäischen Zeitgenossen zurückgeblieben sei.

In der alten Welt leben, wie bereits bemerkt, mehr als em Dutzend
verschiedene Nationen mit zum Theil sehr wenig bequemen Grenzen nach¬
barlich nebeneinander und wissen es so einzurichten, daß die Streitigkeiten,
die sich unter diesen Umständen gelegentlich erheben, auf diplomatischem Wege
ausgeglichen werden. Nur selten im Verhältniß >zur Menge dieser streitigen
Fragen kam es in den letzten fünfzig Jahren zu Friedensbrüchen und länger
dauernden Kriegen. Wahrscheinlich haben die Amerikaner diese Lection gegen¬
seitiger Rücksichtnahme erst noch zu lernen, und vielleicht finden sie die Auf¬
gabe ein wenig neu, schwierig und langweilig. Aber sie werden sie mit der
Zeit schon lernen. Bisher ohne Nachbarn als solche, die sich gefallen lassen
mußten, was den Herren des Kontinents beliebte, haben sie recht vergnüglich
und- in aller Ungestörtheit den Helden und bisweilen den Bramarbas spielen
dürfen. Jetzt werden sie Nachbarn von ihrem eignen Kaliber haben, und
daraus wird zu ihrem eignen Besten sich ein Capital politischer Weisheit und


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[0143] mokraten oder Republikanern von Connecticut. Neuyork oder Pennsylvanien willkommen sein. Die Trennung daher, welche durch die Beziehungen zwischen Nord und Süd geboten ist, wird durch die Beziehungen der verschiedenen östlichen Staaten zueinander und ebenso durch die zwischen den nordwestlichen v erd oder. Die Voraussetzung, daß diese Gruppen sich weiter spalten werden, wo doch keiner¬ lei reale Unterschiede, keine Lebensfragen existiren, die sie zum Auscinander- fall nöthigen, ist gleichbedeutend mit dem Vorwurf, daß sie Jsolirung der Vereinigung, Schwäche der Stärke vorziehen werden und zwar lediglich aus Eigensinn, Leidenschaftlichkeit und Verblendung gegen die einfachsten Schlüsse des gesunden Menschenverstandes. Was man auch gegen die Amerikaner sagen mag — und man kann mit Recht Vielerlei an ihnen aussetzen, Vielerlei ihnen wünschen — einen so vollständigen Mangel an Einsicht und Verständniß für ihren Vortheil dürfen wir bei ihnen nicht vermuthen. „Aber", so entgegnet man uns, „trennen sie sich auch nur in die angegebnen vier oder sechs Staatengruppen oder Bundesstaaten, so werden diese sich doch sofort befehden. Verschiedene unab¬ hängige Republiken können nicht nebeneinander existiren, ohne daß sich un¬ ablässige Reibungen ergeben und ohne daß der Streit zu unaufhörlichen Ge¬ waltstreichen, endlosen Kriegen führt." Wäre das wirklich so. dann könnten wir nur die traurige Ueberzeugung aussprechen, daß Arete Sam, unser freier und erleuchteter Republikaner der neuen Welt, ein sehr unfreier und uner¬ leuchteter Republikaner und daß er in der Entwickelung seiner Fähigkeiten, in der Herausbildung der Selbstbeherrschung, des Gerechtigkeitssinns und andrer Eigenschaften politisch gereifter Völker beträchtlich hinter seinen in der Finsterniß der Sklaverei dahin vegetirenden europäischen Zeitgenossen zurückgeblieben sei. In der alten Welt leben, wie bereits bemerkt, mehr als em Dutzend verschiedene Nationen mit zum Theil sehr wenig bequemen Grenzen nach¬ barlich nebeneinander und wissen es so einzurichten, daß die Streitigkeiten, die sich unter diesen Umständen gelegentlich erheben, auf diplomatischem Wege ausgeglichen werden. Nur selten im Verhältniß >zur Menge dieser streitigen Fragen kam es in den letzten fünfzig Jahren zu Friedensbrüchen und länger dauernden Kriegen. Wahrscheinlich haben die Amerikaner diese Lection gegen¬ seitiger Rücksichtnahme erst noch zu lernen, und vielleicht finden sie die Auf¬ gabe ein wenig neu, schwierig und langweilig. Aber sie werden sie mit der Zeit schon lernen. Bisher ohne Nachbarn als solche, die sich gefallen lassen mußten, was den Herren des Kontinents beliebte, haben sie recht vergnüglich und- in aller Ungestörtheit den Helden und bisweilen den Bramarbas spielen dürfen. Jetzt werden sie Nachbarn von ihrem eignen Kaliber haben, und daraus wird zu ihrem eignen Besten sich ein Capital politischer Weisheit und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/143>, abgerufen am 28.12.2024.