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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Sammlungen hiezu entgegenzutreten, weit das gesetzliche Organ, der Landtag,
sich schon für Bewahrung der Glaubenseinheit ausgesprochen hat, und darüber
die allerhöchste Schlußfassung abzuwarten ist. Es ist hiernach unverzüglich
die angemessene Weisung an die unterstehenden Gemeindevorstehungen zu er¬
lassen und ihnen zur Pflicht zu machen, Vorsorge zu treffen, dann in den
Gemeinden die etwaige Sammlung von Unterschriften für eine solche Petition
hintangehalten und die Vorbereitungen zur Zustandebringung einer Deputation,
falls solche eingeleitet wären, sogleich eingestellt werden. Hiebei ist mit
Umsicht und Klugheit vorzugehen, und ich mache die k. k. Bezirksämter für
die genaue Ausführung obiger Bestürmungen persönlich verantwortlich mit
dem Beifügen, daß ich mich wegen Anweisung der Geistlichkeit gleichzeitig an
die hochwürdigen Herren Bischöfe wende. Ich fordere das k. k. Bezirks¬
amt auf, mir über den Erfolg dieses Erlasses und über die diesfalls gemachten
Wahrnehmungen Bericht zu erstatten."

Ein anderer geheimer Erlaß des Erzherzogs an die k. k. Bezirksämter
wies sie an, die Absenkung einer Deputation an ihn selbst zu verhindern.
Bemerkenswerth ist im ersten Schreiben die Stelle, worin aus den Ausspruch
des Landtags und die,noch zu erwartende kaiserliche Schlußsassung verwiesen
ist. Der Minister sah das Prvtestantengesetz als etwas bereits der Geschichte
Verfallenes, als eine vollendete Thatsache an, der Erzherzog hingegen hält an
der Erklärung des Landtages fest, und vertröstet auf des Kaisers letztes Wort
als den festesten Anker der Hoffnung. Es ist ein alter Zug östreichischer Po¬
litik, in schwierigen Augenblicken hinzuhalten und die Würfel der Entscheidung
erst dann fallen zu lassen, wenn der Kampfplatz gereinigt ist. Der Erzherzog
und die Hospartei dürften sich aber diesmal täuschen, es wird ihnen nickt ge¬
gönnt sein, die letzte Karte auszuspielen. Die Regierung, wir glauben es zu
ihrer Ehre, denkt nicht daran, vom betretenen Wege abzugehen, sondern nur
abzuwarten, bis die Zeit auch in Tirol ihre heilsame Wirkung übe. Die bei¬
den Bischöfe des Landes begreifen vollkommen, woraus sie der Erzherzog ver¬
trösten wollte, ihre Hirtenbriefe, die unmittelbar auf den Erlaß folgten, sind
voll des geistlichen Starkmuths und trotziger Unerschrockenheit.

Jener des Brixuer Bischofs an die Geistlichen seines Sprengels hob her¬
vor, daß "das katholische Herz des Monarchen bei Gewährung des Lanbes-
wunsches me größere Hindernisse zu überwinden hatte als unter den gegen¬
wärtigen Zeitumständen." Der Kaiser, wollte er sagen, hätte die Bitte der
Gerechten wol gerne gewährt, nur seine bösen Räthe hätten ihn daran ge¬
hindert. "Aber harret nur aus, ehrwürdige Brüder, fährt er fort, bewahrt
euch und das Volt vor Niedergeschlagenheit, enthält auch der erflossene
Landtagsabschied die gewünschte Zustimmung Sr. apostolischen Majestät nicht,
so ist ,er doch im Wesentlichen eine Vertröstung aus die Zukunft." Darum


Grenzboten IV. 1861. 7

Sammlungen hiezu entgegenzutreten, weit das gesetzliche Organ, der Landtag,
sich schon für Bewahrung der Glaubenseinheit ausgesprochen hat, und darüber
die allerhöchste Schlußfassung abzuwarten ist. Es ist hiernach unverzüglich
die angemessene Weisung an die unterstehenden Gemeindevorstehungen zu er¬
lassen und ihnen zur Pflicht zu machen, Vorsorge zu treffen, dann in den
Gemeinden die etwaige Sammlung von Unterschriften für eine solche Petition
hintangehalten und die Vorbereitungen zur Zustandebringung einer Deputation,
falls solche eingeleitet wären, sogleich eingestellt werden. Hiebei ist mit
Umsicht und Klugheit vorzugehen, und ich mache die k. k. Bezirksämter für
die genaue Ausführung obiger Bestürmungen persönlich verantwortlich mit
dem Beifügen, daß ich mich wegen Anweisung der Geistlichkeit gleichzeitig an
die hochwürdigen Herren Bischöfe wende. Ich fordere das k. k. Bezirks¬
amt auf, mir über den Erfolg dieses Erlasses und über die diesfalls gemachten
Wahrnehmungen Bericht zu erstatten."

Ein anderer geheimer Erlaß des Erzherzogs an die k. k. Bezirksämter
wies sie an, die Absenkung einer Deputation an ihn selbst zu verhindern.
Bemerkenswerth ist im ersten Schreiben die Stelle, worin aus den Ausspruch
des Landtags und die,noch zu erwartende kaiserliche Schlußsassung verwiesen
ist. Der Minister sah das Prvtestantengesetz als etwas bereits der Geschichte
Verfallenes, als eine vollendete Thatsache an, der Erzherzog hingegen hält an
der Erklärung des Landtages fest, und vertröstet auf des Kaisers letztes Wort
als den festesten Anker der Hoffnung. Es ist ein alter Zug östreichischer Po¬
litik, in schwierigen Augenblicken hinzuhalten und die Würfel der Entscheidung
erst dann fallen zu lassen, wenn der Kampfplatz gereinigt ist. Der Erzherzog
und die Hospartei dürften sich aber diesmal täuschen, es wird ihnen nickt ge¬
gönnt sein, die letzte Karte auszuspielen. Die Regierung, wir glauben es zu
ihrer Ehre, denkt nicht daran, vom betretenen Wege abzugehen, sondern nur
abzuwarten, bis die Zeit auch in Tirol ihre heilsame Wirkung übe. Die bei¬
den Bischöfe des Landes begreifen vollkommen, woraus sie der Erzherzog ver¬
trösten wollte, ihre Hirtenbriefe, die unmittelbar auf den Erlaß folgten, sind
voll des geistlichen Starkmuths und trotziger Unerschrockenheit.

Jener des Brixuer Bischofs an die Geistlichen seines Sprengels hob her¬
vor, daß „das katholische Herz des Monarchen bei Gewährung des Lanbes-
wunsches me größere Hindernisse zu überwinden hatte als unter den gegen¬
wärtigen Zeitumständen." Der Kaiser, wollte er sagen, hätte die Bitte der
Gerechten wol gerne gewährt, nur seine bösen Räthe hätten ihn daran ge¬
hindert. „Aber harret nur aus, ehrwürdige Brüder, fährt er fort, bewahrt
euch und das Volt vor Niedergeschlagenheit, enthält auch der erflossene
Landtagsabschied die gewünschte Zustimmung Sr. apostolischen Majestät nicht,
so ist ,er doch im Wesentlichen eine Vertröstung aus die Zukunft." Darum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/59>, abgerufen am 23.07.2024.