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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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und Haßlwandter. Das Placat des Bezirksamtes schwatz, das die Bergbe¬
leuchtung verbot, wurde vom Curaten Pater Scherer abgerissen, zum Spotte
verbrannt und den Leuten öffentlich bedeutet, sie sollten die Feuer nur auf
seine Gefahr anzünden. Die Vernichtung eines jungen Culturwaldes, den
das Fxuer ergriffen, wurde mit Jubel begrüßt. Die Kosten dieses Triumphes
der guten Sache in Tirol bestritten aber diejenigen, die darin das Wahr¬
zeichen der allen lattea Herrschaft erblickten, namentlich die gutmüthigen
dicken Sancho Panhas in Innsbruck.

Es mag wol der Anblick solchen Unfugs, den die Glaubenseiferer trie¬
ben, und die Unbill, die nebstbei den Angehörigen und Gesinnungsgenossen
des liberalen tiroler Abgeordneten widerfuhr, gewesen sein, die ihn nach
seiner Rückkehr auf seinen Posten am 1. Juni vermochte, den Staatsminister
im Reichsrath zu befragen, was die Regierung gethan oder zu thun gedenke,
um den verderblichen Agitationen in Tirol zu steuern, welche Weisungen dies-
falls an die Staatsdiener ertheilt, und ob sie das Patent vom 8. April die¬
ses Jahres zum verfassungsmäßigen Abschluß vor den Reichsrath zu bringen
gewillt sei? Außer einigen Artikeln in der "Ostdeutschen Post"*), die zwar
aus Innsbruck datirt, aber nach unserem Dafürhalten in Wien von einer be¬
kannten der Regierung sehr ergebenen Feder geschrieben waren, möchte es
vielleicht schwer halten, irgend eine Thätigkeit zu entdecken, wodurch sie be¬
müht gewesen, die Tiroler von ihren kindlichen Anschauungen in der Glau-
bensfragc abzubringen. Der Erzherzog-Statthalter theilte eben mit den tiroler
Bischöfen und ihrem Anhang vollends jenen Standpunkt, der die Welt um
300 Jahre zurück versetzt, er war ein echter Urenkel jenes zweiten Ferdinand,
den uns Hurter so lebenstreu nach seinen Briefen und Thaten schildert. Nicht
zur Aufrechthaltung des Protestcmtenpatentcs, sondern zu dessen Aufhebung
für Tirol, zur Erwirkung eines Ausnahmegesetzes, das angeblich eine
Uebergangsstufe bilden sollte, war er nach Wien gekommen, und da sich
Hindernisse zeigten und die Rückkehr nicht gestattet war, begab er sich nach
Mitte Mai auf sein Schloß Artstetten unwett Moll. unternahm von dort zu
Fuß eine Wallfahrt nach Großmarietaferl, verrichtete seine Andacht, und lud
die Seelsorger des Ortes zu Tische. Vier der tirolischen Reichsrathe waren
über das, was Tirol nach der Meinung des Erzherzogs noth that, mit ihm
vollkommen einverstanden: Dr. Kerer, der Uaiversitätsprofessor, den der vor¬
sichtige Klerus seines Vertrauens werth hielt; v. Riccabona, der Vetter des
Trienter Bischofs und Verfechter zweier Autonomien, der kirchlichen und der
wälschtirolischen; Sartori, der Statthaltereirctth. dem die Gunst seines Herrn
und Gebieters schon im Innsbrucks Parlament maßgebend war; Dr. Alois



") Ur. 121. 134. 137 und 138.

und Haßlwandter. Das Placat des Bezirksamtes schwatz, das die Bergbe¬
leuchtung verbot, wurde vom Curaten Pater Scherer abgerissen, zum Spotte
verbrannt und den Leuten öffentlich bedeutet, sie sollten die Feuer nur auf
seine Gefahr anzünden. Die Vernichtung eines jungen Culturwaldes, den
das Fxuer ergriffen, wurde mit Jubel begrüßt. Die Kosten dieses Triumphes
der guten Sache in Tirol bestritten aber diejenigen, die darin das Wahr¬
zeichen der allen lattea Herrschaft erblickten, namentlich die gutmüthigen
dicken Sancho Panhas in Innsbruck.

Es mag wol der Anblick solchen Unfugs, den die Glaubenseiferer trie¬
ben, und die Unbill, die nebstbei den Angehörigen und Gesinnungsgenossen
des liberalen tiroler Abgeordneten widerfuhr, gewesen sein, die ihn nach
seiner Rückkehr auf seinen Posten am 1. Juni vermochte, den Staatsminister
im Reichsrath zu befragen, was die Regierung gethan oder zu thun gedenke,
um den verderblichen Agitationen in Tirol zu steuern, welche Weisungen dies-
falls an die Staatsdiener ertheilt, und ob sie das Patent vom 8. April die¬
ses Jahres zum verfassungsmäßigen Abschluß vor den Reichsrath zu bringen
gewillt sei? Außer einigen Artikeln in der „Ostdeutschen Post"*), die zwar
aus Innsbruck datirt, aber nach unserem Dafürhalten in Wien von einer be¬
kannten der Regierung sehr ergebenen Feder geschrieben waren, möchte es
vielleicht schwer halten, irgend eine Thätigkeit zu entdecken, wodurch sie be¬
müht gewesen, die Tiroler von ihren kindlichen Anschauungen in der Glau-
bensfragc abzubringen. Der Erzherzog-Statthalter theilte eben mit den tiroler
Bischöfen und ihrem Anhang vollends jenen Standpunkt, der die Welt um
300 Jahre zurück versetzt, er war ein echter Urenkel jenes zweiten Ferdinand,
den uns Hurter so lebenstreu nach seinen Briefen und Thaten schildert. Nicht
zur Aufrechthaltung des Protestcmtenpatentcs, sondern zu dessen Aufhebung
für Tirol, zur Erwirkung eines Ausnahmegesetzes, das angeblich eine
Uebergangsstufe bilden sollte, war er nach Wien gekommen, und da sich
Hindernisse zeigten und die Rückkehr nicht gestattet war, begab er sich nach
Mitte Mai auf sein Schloß Artstetten unwett Moll. unternahm von dort zu
Fuß eine Wallfahrt nach Großmarietaferl, verrichtete seine Andacht, und lud
die Seelsorger des Ortes zu Tische. Vier der tirolischen Reichsrathe waren
über das, was Tirol nach der Meinung des Erzherzogs noth that, mit ihm
vollkommen einverstanden: Dr. Kerer, der Uaiversitätsprofessor, den der vor¬
sichtige Klerus seines Vertrauens werth hielt; v. Riccabona, der Vetter des
Trienter Bischofs und Verfechter zweier Autonomien, der kirchlichen und der
wälschtirolischen; Sartori, der Statthaltereirctth. dem die Gunst seines Herrn
und Gebieters schon im Innsbrucks Parlament maßgebend war; Dr. Alois



") Ur. 121. 134. 137 und 138.
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[0055] und Haßlwandter. Das Placat des Bezirksamtes schwatz, das die Bergbe¬ leuchtung verbot, wurde vom Curaten Pater Scherer abgerissen, zum Spotte verbrannt und den Leuten öffentlich bedeutet, sie sollten die Feuer nur auf seine Gefahr anzünden. Die Vernichtung eines jungen Culturwaldes, den das Fxuer ergriffen, wurde mit Jubel begrüßt. Die Kosten dieses Triumphes der guten Sache in Tirol bestritten aber diejenigen, die darin das Wahr¬ zeichen der allen lattea Herrschaft erblickten, namentlich die gutmüthigen dicken Sancho Panhas in Innsbruck. Es mag wol der Anblick solchen Unfugs, den die Glaubenseiferer trie¬ ben, und die Unbill, die nebstbei den Angehörigen und Gesinnungsgenossen des liberalen tiroler Abgeordneten widerfuhr, gewesen sein, die ihn nach seiner Rückkehr auf seinen Posten am 1. Juni vermochte, den Staatsminister im Reichsrath zu befragen, was die Regierung gethan oder zu thun gedenke, um den verderblichen Agitationen in Tirol zu steuern, welche Weisungen dies- falls an die Staatsdiener ertheilt, und ob sie das Patent vom 8. April die¬ ses Jahres zum verfassungsmäßigen Abschluß vor den Reichsrath zu bringen gewillt sei? Außer einigen Artikeln in der „Ostdeutschen Post"*), die zwar aus Innsbruck datirt, aber nach unserem Dafürhalten in Wien von einer be¬ kannten der Regierung sehr ergebenen Feder geschrieben waren, möchte es vielleicht schwer halten, irgend eine Thätigkeit zu entdecken, wodurch sie be¬ müht gewesen, die Tiroler von ihren kindlichen Anschauungen in der Glau- bensfragc abzubringen. Der Erzherzog-Statthalter theilte eben mit den tiroler Bischöfen und ihrem Anhang vollends jenen Standpunkt, der die Welt um 300 Jahre zurück versetzt, er war ein echter Urenkel jenes zweiten Ferdinand, den uns Hurter so lebenstreu nach seinen Briefen und Thaten schildert. Nicht zur Aufrechthaltung des Protestcmtenpatentcs, sondern zu dessen Aufhebung für Tirol, zur Erwirkung eines Ausnahmegesetzes, das angeblich eine Uebergangsstufe bilden sollte, war er nach Wien gekommen, und da sich Hindernisse zeigten und die Rückkehr nicht gestattet war, begab er sich nach Mitte Mai auf sein Schloß Artstetten unwett Moll. unternahm von dort zu Fuß eine Wallfahrt nach Großmarietaferl, verrichtete seine Andacht, und lud die Seelsorger des Ortes zu Tische. Vier der tirolischen Reichsrathe waren über das, was Tirol nach der Meinung des Erzherzogs noth that, mit ihm vollkommen einverstanden: Dr. Kerer, der Uaiversitätsprofessor, den der vor¬ sichtige Klerus seines Vertrauens werth hielt; v. Riccabona, der Vetter des Trienter Bischofs und Verfechter zweier Autonomien, der kirchlichen und der wälschtirolischen; Sartori, der Statthaltereirctth. dem die Gunst seines Herrn und Gebieters schon im Innsbrucks Parlament maßgebend war; Dr. Alois ") Ur. 121. 134. 137 und 138.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/55>, abgerufen am 28.12.2024.