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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Verwirrung gekommen war. Ich flog dorthin, nahm dem Fähnrich die
Fahne und drohte, diese in Sicherheit zu bringen, wenn das Bataillon, das
arg vom feindlichen Feuer litt, zurückweiche. Die Offiziere halsen und ha-
ranguirten die Leute, das Bataillon stellte sich in Front, aber Alles schrie, die
Dragoner, von denen ich gekommen sei, sollten angreifen, das würde auch
ihnen helfen. Die Leute hatten Recht; ich eilte zu meinen westpreußischen
Dragonern zurück, rapportirte, was gelungen war, aber auch die Bestellung
der "Drcckpatscher" an "Hcynich" (der Infanterie an die Dragoner). Die
Offiziere, ich erinnere mich noch zweier, des Rittmeisters von Spitznas und
des Lieutenants von Witzleben, denen die Subordination verbot, ihre Mei¬
nung zu äußern, ermunterten mich, in dew Major zu dringen. Der Major
fragte, ob sie glaubten, daß der Angriff gelingen könne. Offiziere und Mann¬
schaft riefen Ja, und es wurde zum Angriff geblasen. Der Ausgang war
glänzend; v. Witzleben und ich waren die Ersten im Carr6e; 400 Gefangene
und eine Kanone waren das Resultat. Ich hatte meine Satisfaction und
ritt darauf nach Hause, das heißt nach Jüterbogk, wo in der Nacht das
Hauptquartier campirte."

"Am 7ten früh hatten mich zwei Offiziere von den beiden Escadrons der
westpreußischen Dragoner im Hauptquartier dem Feldmarsckall Grafen Ste-
dingk gemeldet. Stedingk ließ mich zur Tafel laden und frug mich über den
Hergang aus. Ich mußte ihm versprechen, bei deu Schweden Dienst zu
nehmen', Quistorp erhielt den Auftrag vom Commandeur des zweiten west¬
preußischen Dragonerregiments. v. Trestow. amtlichen Bericht zu erbitten."*)j

"Nach der Schlacht wurde ich Offizier bei dem Möreerschen Husaren-
regiment, zog mit der Nordarmee nach Holstein, wurde aber im Januar 1814
in Kiel beurlaubt, um die wieder aufgebrochene Kopf- und Brustwunde heilen
zu können. In einem milderen Klima suchte ich die Wiederherstellung meiner
Gesundheit, indem ich nach Heidelberg ging und daselbst meine juristischen
Studien fortsetzte. Hier war es. wo ich am 22. Mai 1314 meine aus der



") Dieser Bericht liegt dem Unterzeichneten vor. Er enthält den Rapport des Grafen
Kamele und meidet, daß v. Mühlenfels während der Schlacht zu ihm gestoßen sei. sich in der
Attake sehr distingu'ire habe, als einer der Vordersten in den Feind eingedrungen sei. und
sich dort befunden habe, wo derselbe am meisten Widerstand leistete! dann fährt der Be¬
richt folgendermaßen fort: "Auch nach der Attague, als ich die Escadrons rangiren ließ,
schlug er mir noch vor, einen neuen Angriff auf die vor uns stehende, durch ein Cavaierie-
regiment und mehrere Infanterie gedeckte Batterie zu mache", welches nun freilich nicht thunlich
War doch von seiner Brcwour zeugte." - Ein zweites Zeugniß des Rittmeisters Ernst
v. Quistorp bescheinigt ,auf Grund vorliegender Älteste', daß Mühlenfels ein weichendes
preußisches Bataillon dadurch zum Frontmachen bewog, daß er dem Fähnrich die Fahne entriß
G. Freytag, und so gegen den Feind andrang." *
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Verwirrung gekommen war. Ich flog dorthin, nahm dem Fähnrich die
Fahne und drohte, diese in Sicherheit zu bringen, wenn das Bataillon, das
arg vom feindlichen Feuer litt, zurückweiche. Die Offiziere halsen und ha-
ranguirten die Leute, das Bataillon stellte sich in Front, aber Alles schrie, die
Dragoner, von denen ich gekommen sei, sollten angreifen, das würde auch
ihnen helfen. Die Leute hatten Recht; ich eilte zu meinen westpreußischen
Dragonern zurück, rapportirte, was gelungen war, aber auch die Bestellung
der „Drcckpatscher" an „Hcynich" (der Infanterie an die Dragoner). Die
Offiziere, ich erinnere mich noch zweier, des Rittmeisters von Spitznas und
des Lieutenants von Witzleben, denen die Subordination verbot, ihre Mei¬
nung zu äußern, ermunterten mich, in dew Major zu dringen. Der Major
fragte, ob sie glaubten, daß der Angriff gelingen könne. Offiziere und Mann¬
schaft riefen Ja, und es wurde zum Angriff geblasen. Der Ausgang war
glänzend; v. Witzleben und ich waren die Ersten im Carr6e; 400 Gefangene
und eine Kanone waren das Resultat. Ich hatte meine Satisfaction und
ritt darauf nach Hause, das heißt nach Jüterbogk, wo in der Nacht das
Hauptquartier campirte."

„Am 7ten früh hatten mich zwei Offiziere von den beiden Escadrons der
westpreußischen Dragoner im Hauptquartier dem Feldmarsckall Grafen Ste-
dingk gemeldet. Stedingk ließ mich zur Tafel laden und frug mich über den
Hergang aus. Ich mußte ihm versprechen, bei deu Schweden Dienst zu
nehmen', Quistorp erhielt den Auftrag vom Commandeur des zweiten west¬
preußischen Dragonerregiments. v. Trestow. amtlichen Bericht zu erbitten."*)j

„Nach der Schlacht wurde ich Offizier bei dem Möreerschen Husaren-
regiment, zog mit der Nordarmee nach Holstein, wurde aber im Januar 1814
in Kiel beurlaubt, um die wieder aufgebrochene Kopf- und Brustwunde heilen
zu können. In einem milderen Klima suchte ich die Wiederherstellung meiner
Gesundheit, indem ich nach Heidelberg ging und daselbst meine juristischen
Studien fortsetzte. Hier war es. wo ich am 22. Mai 1314 meine aus der



") Dieser Bericht liegt dem Unterzeichneten vor. Er enthält den Rapport des Grafen
Kamele und meidet, daß v. Mühlenfels während der Schlacht zu ihm gestoßen sei. sich in der
Attake sehr distingu'ire habe, als einer der Vordersten in den Feind eingedrungen sei. und
sich dort befunden habe, wo derselbe am meisten Widerstand leistete! dann fährt der Be¬
richt folgendermaßen fort: „Auch nach der Attague, als ich die Escadrons rangiren ließ,
schlug er mir noch vor, einen neuen Angriff auf die vor uns stehende, durch ein Cavaierie-
regiment und mehrere Infanterie gedeckte Batterie zu mache», welches nun freilich nicht thunlich
War doch von seiner Brcwour zeugte." - Ein zweites Zeugniß des Rittmeisters Ernst
v. Quistorp bescheinigt ,auf Grund vorliegender Älteste', daß Mühlenfels ein weichendes
preußisches Bataillon dadurch zum Frontmachen bewog, daß er dem Fähnrich die Fahne entriß
G. Freytag, und so gegen den Feind andrang." *
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[0509] Verwirrung gekommen war. Ich flog dorthin, nahm dem Fähnrich die Fahne und drohte, diese in Sicherheit zu bringen, wenn das Bataillon, das arg vom feindlichen Feuer litt, zurückweiche. Die Offiziere halsen und ha- ranguirten die Leute, das Bataillon stellte sich in Front, aber Alles schrie, die Dragoner, von denen ich gekommen sei, sollten angreifen, das würde auch ihnen helfen. Die Leute hatten Recht; ich eilte zu meinen westpreußischen Dragonern zurück, rapportirte, was gelungen war, aber auch die Bestellung der „Drcckpatscher" an „Hcynich" (der Infanterie an die Dragoner). Die Offiziere, ich erinnere mich noch zweier, des Rittmeisters von Spitznas und des Lieutenants von Witzleben, denen die Subordination verbot, ihre Mei¬ nung zu äußern, ermunterten mich, in dew Major zu dringen. Der Major fragte, ob sie glaubten, daß der Angriff gelingen könne. Offiziere und Mann¬ schaft riefen Ja, und es wurde zum Angriff geblasen. Der Ausgang war glänzend; v. Witzleben und ich waren die Ersten im Carr6e; 400 Gefangene und eine Kanone waren das Resultat. Ich hatte meine Satisfaction und ritt darauf nach Hause, das heißt nach Jüterbogk, wo in der Nacht das Hauptquartier campirte." „Am 7ten früh hatten mich zwei Offiziere von den beiden Escadrons der westpreußischen Dragoner im Hauptquartier dem Feldmarsckall Grafen Ste- dingk gemeldet. Stedingk ließ mich zur Tafel laden und frug mich über den Hergang aus. Ich mußte ihm versprechen, bei deu Schweden Dienst zu nehmen', Quistorp erhielt den Auftrag vom Commandeur des zweiten west¬ preußischen Dragonerregiments. v. Trestow. amtlichen Bericht zu erbitten."*)j „Nach der Schlacht wurde ich Offizier bei dem Möreerschen Husaren- regiment, zog mit der Nordarmee nach Holstein, wurde aber im Januar 1814 in Kiel beurlaubt, um die wieder aufgebrochene Kopf- und Brustwunde heilen zu können. In einem milderen Klima suchte ich die Wiederherstellung meiner Gesundheit, indem ich nach Heidelberg ging und daselbst meine juristischen Studien fortsetzte. Hier war es. wo ich am 22. Mai 1314 meine aus der ") Dieser Bericht liegt dem Unterzeichneten vor. Er enthält den Rapport des Grafen Kamele und meidet, daß v. Mühlenfels während der Schlacht zu ihm gestoßen sei. sich in der Attake sehr distingu'ire habe, als einer der Vordersten in den Feind eingedrungen sei. und sich dort befunden habe, wo derselbe am meisten Widerstand leistete! dann fährt der Be¬ richt folgendermaßen fort: „Auch nach der Attague, als ich die Escadrons rangiren ließ, schlug er mir noch vor, einen neuen Angriff auf die vor uns stehende, durch ein Cavaierie- regiment und mehrere Infanterie gedeckte Batterie zu mache», welches nun freilich nicht thunlich War doch von seiner Brcwour zeugte." - Ein zweites Zeugniß des Rittmeisters Ernst v. Quistorp bescheinigt ,auf Grund vorliegender Älteste', daß Mühlenfels ein weichendes preußisches Bataillon dadurch zum Frontmachen bewog, daß er dem Fähnrich die Fahne entriß G. Freytag, und so gegen den Feind andrang." * 63

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/509>, abgerufen am 23.07.2024.