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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Diese mag dann in die Specialisirung. wenn sie einmal nach der bisher beliebten
Manier für nothwendig angesehen wird, eingehen und den Grundgedanken
zu einem möglichst vollständigen Gesetzentwurf verarbeiten. Ein Congreß
kann Resolutionen in vielen Paragraphen, mit künstlich geschraubten Sätzen,
mit vielen Nebenpunkten weder gehörig vorbereiten, noch auch durchberathen.
Wo soll die Zeit herkommen, um Satz für Satz dergleichen Werke mit Gründ¬
lichkeit zu überdenken und zu discutiren? Nur im Flug kann man dieselben
durchgehen, Widersprüche sind, wenn hier und da an dem Einzelnen ge¬
mäkelt wird, unvermeidlich, und jedenfalls büßt die sachliche Bedeutung der
Resolution, die einzige, auf welche es dem Congreß ankommen muß, ebenso
viel ein, als der Umfang derselben sich erweitert hat.

Diese Bemerkungen treffen am wenigsten diejenigen Anträge der ersten
Abtheilung, welche schon diesmal zur Beschlußfassung reiften. Ueber die
Großjährigkeit, die Handlungsfähigkeit der unter väterlicher Gewalt stehenden
Personen, sowie der Frauenzimmer konnte man sich kurzweg erklären. Der
Antragsteller. Professor Unger aus Wien, hatte in seinem Antrage selbst die
Bedenken, welche der Heraushebung einzelner Punkte aus dem gesammten
Nechtsbestande entgegenstehen, richtig gewürdigt. Wenn er dennoch diese
Einzelheiten der Verbesserung empfahl, so konnte dies recht gut geschehen.
Das Bedürfniß aber war klar. Uebereinstimmung in dem Zeitpunkt der
Großjührigkeit ist um vieler Gründe willen durchaus erforderlich. Die Hand¬
lungsfähigkeit der unter väterlicher Gewalt befindlichen Kinder kann in dem
heutigen Verkehrsleben nicht entbehrt werden, und braucht nicht entbehrt zu
werden, wenn man erkennt, daß die gänzlich veränderte Auffassung der Fa-
miliengewalt im Vergleich zu dem römischen Recht, aus dem das bestehende
Recht noch'immer seine Folgesätze zieht, mit der Ursache auch die Beschrän¬
kungen beseitigen sollte. Die Hindernisse der Verbürgungen von Frauen¬
zimmern haben noch immer weitläufige Formalitäten zur Folge. die sich längst
eben nur. anstatt des vermeintlichen Nutzens, die sie gewähren sollen, als
leere Formalitäten, dabei aber als eine große Plage des Rechtsverkehrs er¬
wiesen haben. Auch nach dieser Seite hin ist die Erweiterung der eini¬
genden Gesetze ohne Zweifel geboten.

Im Uebrigen wurde auf Antrag derselben Abtheilung det Wunsch nach
einer gemeinsamen Gesetzgebung über das Hypochekenwesen und die Rechte
der Autoren ausgesprochen, ohne daß es zu einer Discussion der für diese
beiden gesetzgeberischen Ausgaben aufzustellenden Grundsätze kam. Solche
waren, wenigstens in Bezug auf das Hypothekenrccht. näher formulirt wor¬
den; bei aller innern Güte freilich nicht ohne den oben bemerkten Fehler
übergroßer Ausführlichkeit. Um indessen nur den Wunsch auszudrücken, daß
jene zwei Rechtsmaterien gemeinsam geordnet werden möchten, war schwerlich


Diese mag dann in die Specialisirung. wenn sie einmal nach der bisher beliebten
Manier für nothwendig angesehen wird, eingehen und den Grundgedanken
zu einem möglichst vollständigen Gesetzentwurf verarbeiten. Ein Congreß
kann Resolutionen in vielen Paragraphen, mit künstlich geschraubten Sätzen,
mit vielen Nebenpunkten weder gehörig vorbereiten, noch auch durchberathen.
Wo soll die Zeit herkommen, um Satz für Satz dergleichen Werke mit Gründ¬
lichkeit zu überdenken und zu discutiren? Nur im Flug kann man dieselben
durchgehen, Widersprüche sind, wenn hier und da an dem Einzelnen ge¬
mäkelt wird, unvermeidlich, und jedenfalls büßt die sachliche Bedeutung der
Resolution, die einzige, auf welche es dem Congreß ankommen muß, ebenso
viel ein, als der Umfang derselben sich erweitert hat.

Diese Bemerkungen treffen am wenigsten diejenigen Anträge der ersten
Abtheilung, welche schon diesmal zur Beschlußfassung reiften. Ueber die
Großjährigkeit, die Handlungsfähigkeit der unter väterlicher Gewalt stehenden
Personen, sowie der Frauenzimmer konnte man sich kurzweg erklären. Der
Antragsteller. Professor Unger aus Wien, hatte in seinem Antrage selbst die
Bedenken, welche der Heraushebung einzelner Punkte aus dem gesammten
Nechtsbestande entgegenstehen, richtig gewürdigt. Wenn er dennoch diese
Einzelheiten der Verbesserung empfahl, so konnte dies recht gut geschehen.
Das Bedürfniß aber war klar. Uebereinstimmung in dem Zeitpunkt der
Großjührigkeit ist um vieler Gründe willen durchaus erforderlich. Die Hand¬
lungsfähigkeit der unter väterlicher Gewalt befindlichen Kinder kann in dem
heutigen Verkehrsleben nicht entbehrt werden, und braucht nicht entbehrt zu
werden, wenn man erkennt, daß die gänzlich veränderte Auffassung der Fa-
miliengewalt im Vergleich zu dem römischen Recht, aus dem das bestehende
Recht noch'immer seine Folgesätze zieht, mit der Ursache auch die Beschrän¬
kungen beseitigen sollte. Die Hindernisse der Verbürgungen von Frauen¬
zimmern haben noch immer weitläufige Formalitäten zur Folge. die sich längst
eben nur. anstatt des vermeintlichen Nutzens, die sie gewähren sollen, als
leere Formalitäten, dabei aber als eine große Plage des Rechtsverkehrs er¬
wiesen haben. Auch nach dieser Seite hin ist die Erweiterung der eini¬
genden Gesetze ohne Zweifel geboten.

Im Uebrigen wurde auf Antrag derselben Abtheilung det Wunsch nach
einer gemeinsamen Gesetzgebung über das Hypochekenwesen und die Rechte
der Autoren ausgesprochen, ohne daß es zu einer Discussion der für diese
beiden gesetzgeberischen Ausgaben aufzustellenden Grundsätze kam. Solche
waren, wenigstens in Bezug auf das Hypothekenrccht. näher formulirt wor¬
den; bei aller innern Güte freilich nicht ohne den oben bemerkten Fehler
übergroßer Ausführlichkeit. Um indessen nur den Wunsch auszudrücken, daß
jene zwei Rechtsmaterien gemeinsam geordnet werden möchten, war schwerlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/305>, abgerufen am 23.07.2024.