Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.entrissen werden konnten, als die gesammte moderne Entwicklung in Europa So begann rin der Herstellung der Bomvonen der erbittertste Kampf entrissen werden konnten, als die gesammte moderne Entwicklung in Europa So begann rin der Herstellung der Bomvonen der erbittertste Kampf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112730"/> <p xml:id="ID_659" prev="#ID_658"> entrissen werden konnten, als die gesammte moderne Entwicklung in Europa<lb/> dieselben Ziele entweder schon erreicht hatte, oder zu erreichen strebte. Natür¬<lb/> lich, aber deshalb nicht minder verderblich, war es, daß die im Exil ergrau¬<lb/> ten Emigranten, als sie sich der Heimath zurückgegeben sahen, nur mit tiefem<lb/> Ingrimm und Haß sich einem Zustande unterwarfen, dem zu entgehen sie<lb/> fünfundzwanzig Jahre lang alle Entbehrungen und Demüthigungen einer<lb/> traurigen Verbannung ertragen hatten. Mit Feindschaft und dem offenen<lb/> Bestreben, ihre alte Stellung wiederzugewinnen, traten sie in die neuen. Ver¬<lb/> hältnisse ein. Mit gleicher Feindschaft stellte sich das neue Frankreich zur<lb/> Wehre, um ihre Ansprüche zurückzuweisen. Guizot in seiner 1820 erschienenen<lb/> Flugschrift du Muvkrnomcmt 6o In ^lÄireL cke^uis in, reLtg-uiation tritt ihnen<lb/> mit eben der Energie des Hasses entgegen, mit der er später Revolution und<lb/> Anarchie verfolgt. Mit ihnen ist kein Friede und keine Versöhnung. Sie sind<lb/> (nach Guizot's bekannter Geschichtstheorie) die erobernden Franken, die dreizehn<lb/> Jahrhunderte lang das Volk und den Boden Galliens beherrscht haben.<lb/> Jetzt, als Besiegte, sind sie mit fanatischem Eifer bestrebt, die unwiederbring¬<lb/> lich verlorene Stellung wieder zu gewinnen, uneingedenk, daß sie dieselbe<lb/> durch die erste Emigration schunpflich und feige preisgegeben haben. Zwar<lb/> unfähig, in dem Kampfe gegen die neue Zeit den Sieg davon zu tragen,<lb/> sind sie doch stark genug, das Land in neue Erschütterungen zu stürzen und<lb/> alle Mächte, die sich mit ihnen verbünden, zu compromittiren und in ihr un¬<lb/> ausbleibliches Schicksal zu verwickeln; vor Allem die Kirche, die ihre Autorität<lb/> befleckt, indem sie dieselbe einer blinden Reaction zur Verfügung stellt; sodann<lb/> die Regierung selbst, die Kraft nur aus den in der Charte niedergelegten, vom<lb/> Könige feierlich sanctionirten Ideen des neuen Frankreichs schöpfen kann. Die<lb/> Regierung erklärt fortwährend, sie wolle eifrig und aufrichtig constitutionell sein.<lb/> Welch ein Widerspruch, sich auf diejenigen zu stürben, deren einziges Bestreben<lb/> ist, die Verfassung mit Hilfe der Verfassung zu stürzen ! Jede Emente, jeder Schüler<lb/> exceß wird von den Unverbesserlichen benutzt, um der Negierung Furcht vor revo¬<lb/> lutionären Erschütterungen einzuflößen und sie immer enger mit der Reaction zu<lb/> verknüpfen. Es ist wahr, die Elemente des Umsturzes sind im Lande vor¬<lb/> handen; Bonapartisten wie Republikaner warten auf den Augenblick, ihre<lb/> Fahne zu erheben. Nicht dadurch aber wird man ihrer Herr werden, daß<lb/> man ihren verwegenen Wünschen einen gerechtfertigten Vorwand bietet, sondern<lb/> nur dadurch, daß man, an dein Geist und Buchstaben der Charte festhaltend,<lb/> einen Zustand herstellt, den erschüttern zu wollen in den Augen der ganzen<lb/> Nation nur als Thorheit oder Verbrechen erscheinen könnte. Darum Freiheit<lb/> und Gleichberechtigung dein Individuum, das sich in die Reihen der Sieger<lb/> einordnet; aber Kampf bis zur Vernichtung mit der Partei!</p><lb/> <p xml:id="ID_660" next="#ID_661"> So begann rin der Herstellung der Bomvonen der erbittertste Kampf</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
entrissen werden konnten, als die gesammte moderne Entwicklung in Europa
dieselben Ziele entweder schon erreicht hatte, oder zu erreichen strebte. Natür¬
lich, aber deshalb nicht minder verderblich, war es, daß die im Exil ergrau¬
ten Emigranten, als sie sich der Heimath zurückgegeben sahen, nur mit tiefem
Ingrimm und Haß sich einem Zustande unterwarfen, dem zu entgehen sie
fünfundzwanzig Jahre lang alle Entbehrungen und Demüthigungen einer
traurigen Verbannung ertragen hatten. Mit Feindschaft und dem offenen
Bestreben, ihre alte Stellung wiederzugewinnen, traten sie in die neuen. Ver¬
hältnisse ein. Mit gleicher Feindschaft stellte sich das neue Frankreich zur
Wehre, um ihre Ansprüche zurückzuweisen. Guizot in seiner 1820 erschienenen
Flugschrift du Muvkrnomcmt 6o In ^lÄireL cke^uis in, reLtg-uiation tritt ihnen
mit eben der Energie des Hasses entgegen, mit der er später Revolution und
Anarchie verfolgt. Mit ihnen ist kein Friede und keine Versöhnung. Sie sind
(nach Guizot's bekannter Geschichtstheorie) die erobernden Franken, die dreizehn
Jahrhunderte lang das Volk und den Boden Galliens beherrscht haben.
Jetzt, als Besiegte, sind sie mit fanatischem Eifer bestrebt, die unwiederbring¬
lich verlorene Stellung wieder zu gewinnen, uneingedenk, daß sie dieselbe
durch die erste Emigration schunpflich und feige preisgegeben haben. Zwar
unfähig, in dem Kampfe gegen die neue Zeit den Sieg davon zu tragen,
sind sie doch stark genug, das Land in neue Erschütterungen zu stürzen und
alle Mächte, die sich mit ihnen verbünden, zu compromittiren und in ihr un¬
ausbleibliches Schicksal zu verwickeln; vor Allem die Kirche, die ihre Autorität
befleckt, indem sie dieselbe einer blinden Reaction zur Verfügung stellt; sodann
die Regierung selbst, die Kraft nur aus den in der Charte niedergelegten, vom
Könige feierlich sanctionirten Ideen des neuen Frankreichs schöpfen kann. Die
Regierung erklärt fortwährend, sie wolle eifrig und aufrichtig constitutionell sein.
Welch ein Widerspruch, sich auf diejenigen zu stürben, deren einziges Bestreben
ist, die Verfassung mit Hilfe der Verfassung zu stürzen ! Jede Emente, jeder Schüler
exceß wird von den Unverbesserlichen benutzt, um der Negierung Furcht vor revo¬
lutionären Erschütterungen einzuflößen und sie immer enger mit der Reaction zu
verknüpfen. Es ist wahr, die Elemente des Umsturzes sind im Lande vor¬
handen; Bonapartisten wie Republikaner warten auf den Augenblick, ihre
Fahne zu erheben. Nicht dadurch aber wird man ihrer Herr werden, daß
man ihren verwegenen Wünschen einen gerechtfertigten Vorwand bietet, sondern
nur dadurch, daß man, an dein Geist und Buchstaben der Charte festhaltend,
einen Zustand herstellt, den erschüttern zu wollen in den Augen der ganzen
Nation nur als Thorheit oder Verbrechen erscheinen könnte. Darum Freiheit
und Gleichberechtigung dein Individuum, das sich in die Reihen der Sieger
einordnet; aber Kampf bis zur Vernichtung mit der Partei!
So begann rin der Herstellung der Bomvonen der erbittertste Kampf
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