Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.sich immer mehr Bahn. Die Gewalt der neuen Feuerwaffe drängt immer Zur größten Wirksamkeit kommt das Feuer aber erst, wenn es ein ge¬ sich immer mehr Bahn. Die Gewalt der neuen Feuerwaffe drängt immer Zur größten Wirksamkeit kommt das Feuer aber erst, wenn es ein ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112723"/> <p xml:id="ID_643" prev="#ID_642"> sich immer mehr Bahn. Die Gewalt der neuen Feuerwaffe drängt immer<lb/> mehr die Nothwendigkeit verdünnter Stellung und der größten Ausbildung des<lb/> Tirailleurgefechts auf. aber eben so Verweise diese im Gegensatz zur Taktik des<lb/> glatten kurzschießeuden alten Gewehrs und des alten Geschützes die moderne<lb/> Vertheidigung auf die Ebene hin, weil nur diese die weite Wirkung der neuen<lb/> Waffen sichert. Ein Angriff über eine Ebene mit Bataillons-Massen, mit Tirail-<lb/> leurs in den Intervallen, wie er in den großen Revolutionskriegen für den<lb/> besten gehalten wurde, würde heute eine Niederlage mit ungeheuren Verlusten<lb/> herbeiführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_644" next="#ID_645"> Zur größten Wirksamkeit kommt das Feuer aber erst, wenn es ein ge¬<lb/> decktes ist, und daß dies die Vertheidigung vor dem Angriff voraus hat,<lb/> darin liegt ihre relative Überlegenheit, welche der Angriff nur durch seine<lb/> moralische Kraft ausgleicht. Nichts wird in künftigen Kriegen für die Ver¬<lb/> theidigung wichtiger sein als sich schnell solche Deckungsmittel zu verschaffen,<lb/> welche sie schütze», ohne der fernhin wirkenden Vernichtungskraft ihrer Waffen<lb/> zu schaden, also Einschnitte in freier Ebne. Die Infanterie wird künftig viel<lb/> Pionier-Utensilien mit sich führen. Stellung nehmen und sich eingraben. wird<lb/> wie bei den Römern zur gewöhnlichen Taktik gehören. Das Eingraben ist<lb/> zum Theil ersetzt, wenn der Soldat im Liegen auf dem Boden feuern d. h. laden<lb/> kann. Daher der unermeßliche Vortheil, den das Zündnadelgewehr vor jedem<lb/> anderen bietet, welches nicht von hinten, also liegend, zu laden ist. Diesen<lb/> großen Vortheil gehörig ausbeuten zu können, darauf müßte ein großer Theil<lb/> der Friedensübungen, der Dressur verwendet werden, Alles, was dazu gehört,<lb/> in Kleidung und Exercitium, müßte eingeführt werden: weite bequeme Kleidung,<lb/> leichte niedrige Kopfbedeckung — eine Art Turko-Taktik mit Aufspringen und<lb/> Niederwerfen, schnell Vorstürmen und sich wieder Hinwerfen. Erst mit solcher<lb/> Taktik wird das Zündnadelgewehr die furchtbare Waffe werden, zu der es die<lb/> Mittel in sich trägt. Zu allen diesen Dingen aber gebört eine einfache, ewig<lb/> wiederkehrende Grundstellung, welche dem Soldaten ganz mechanisch wie zur<lb/> anderen Natur wird, und das kann nur die der Compagnie-Colonne- zu<lb/> Grunde liegende, ein einfaches Tiraillenrsystem tragende Stellung in zwei<lb/> Gliedern sein. Unsere heutige Friedens-Infanterie-Taktik ist schon darum<lb/> eine fehlerhafte, weil sie noch immer auf einer doppelten Grundformation ruht,<lb/> auf einer dreigliedrigen für das Bataillon und einer zweigliedrigen für die<lb/> Compagnie - Colonne, eingestandenermaßen unsere Gefechtsstellung. Wozu<lb/> also noch jene, die nur die Einfachheit stört, während doch die Einfachheit<lb/> aller das Element ist, aus dem vor Allem die so wichtige Sicherheit aller Be¬<lb/> wegung und die Ordnung in der nothwendigen Unordnung des Gefechts<lb/> hervorwächst. Es muß nur eine einzige Art und Weise geben die Ordnung<lb/> immer wieder zu finden, und wenn es nur eine gibt, wird das Finden mensa-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0215]
sich immer mehr Bahn. Die Gewalt der neuen Feuerwaffe drängt immer
mehr die Nothwendigkeit verdünnter Stellung und der größten Ausbildung des
Tirailleurgefechts auf. aber eben so Verweise diese im Gegensatz zur Taktik des
glatten kurzschießeuden alten Gewehrs und des alten Geschützes die moderne
Vertheidigung auf die Ebene hin, weil nur diese die weite Wirkung der neuen
Waffen sichert. Ein Angriff über eine Ebene mit Bataillons-Massen, mit Tirail-
leurs in den Intervallen, wie er in den großen Revolutionskriegen für den
besten gehalten wurde, würde heute eine Niederlage mit ungeheuren Verlusten
herbeiführen.
Zur größten Wirksamkeit kommt das Feuer aber erst, wenn es ein ge¬
decktes ist, und daß dies die Vertheidigung vor dem Angriff voraus hat,
darin liegt ihre relative Überlegenheit, welche der Angriff nur durch seine
moralische Kraft ausgleicht. Nichts wird in künftigen Kriegen für die Ver¬
theidigung wichtiger sein als sich schnell solche Deckungsmittel zu verschaffen,
welche sie schütze», ohne der fernhin wirkenden Vernichtungskraft ihrer Waffen
zu schaden, also Einschnitte in freier Ebne. Die Infanterie wird künftig viel
Pionier-Utensilien mit sich führen. Stellung nehmen und sich eingraben. wird
wie bei den Römern zur gewöhnlichen Taktik gehören. Das Eingraben ist
zum Theil ersetzt, wenn der Soldat im Liegen auf dem Boden feuern d. h. laden
kann. Daher der unermeßliche Vortheil, den das Zündnadelgewehr vor jedem
anderen bietet, welches nicht von hinten, also liegend, zu laden ist. Diesen
großen Vortheil gehörig ausbeuten zu können, darauf müßte ein großer Theil
der Friedensübungen, der Dressur verwendet werden, Alles, was dazu gehört,
in Kleidung und Exercitium, müßte eingeführt werden: weite bequeme Kleidung,
leichte niedrige Kopfbedeckung — eine Art Turko-Taktik mit Aufspringen und
Niederwerfen, schnell Vorstürmen und sich wieder Hinwerfen. Erst mit solcher
Taktik wird das Zündnadelgewehr die furchtbare Waffe werden, zu der es die
Mittel in sich trägt. Zu allen diesen Dingen aber gebört eine einfache, ewig
wiederkehrende Grundstellung, welche dem Soldaten ganz mechanisch wie zur
anderen Natur wird, und das kann nur die der Compagnie-Colonne- zu
Grunde liegende, ein einfaches Tiraillenrsystem tragende Stellung in zwei
Gliedern sein. Unsere heutige Friedens-Infanterie-Taktik ist schon darum
eine fehlerhafte, weil sie noch immer auf einer doppelten Grundformation ruht,
auf einer dreigliedrigen für das Bataillon und einer zweigliedrigen für die
Compagnie - Colonne, eingestandenermaßen unsere Gefechtsstellung. Wozu
also noch jene, die nur die Einfachheit stört, während doch die Einfachheit
aller das Element ist, aus dem vor Allem die so wichtige Sicherheit aller Be¬
wegung und die Ordnung in der nothwendigen Unordnung des Gefechts
hervorwächst. Es muß nur eine einzige Art und Weise geben die Ordnung
immer wieder zu finden, und wenn es nur eine gibt, wird das Finden mensa-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |