Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.erblicken, kann für sich allein einen auch nur entfernten Grund nicht abgeben, Hinsichtlich der Edelsteingewinnung somit ganz ausschließlich nach dem Obgleich im Allgemeinen ein höherer künstlerischer Standpunkt als der¬ erblicken, kann für sich allein einen auch nur entfernten Grund nicht abgeben, Hinsichtlich der Edelsteingewinnung somit ganz ausschließlich nach dem Obgleich im Allgemeinen ein höherer künstlerischer Standpunkt als der¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112712"/> <p xml:id="ID_612" prev="#ID_611"> erblicken, kann für sich allein einen auch nur entfernten Grund nicht abgeben,<lb/> das biblische Ophir anderswo suchen zu wollen, indem die indischen alten<lb/> Marktplatze sicherlich auch Gold in den Handel zu bringen gewußt, neben den<lb/> Edelsteinen, welche die Natur ihnen Vorzugsweile gespendet. Wird doch in<lb/> dem Reiche der Birmanen noch heute Gold gewonnen und ist doch auch Vorder¬<lb/> indien mindestens nicht ganz ohne Gold. Plinius (VI, 20) führt Gold- und<lb/> Silbergruben in dem Berge Capitalia an, der als der höchste der Ghatgebirge<lb/> um der Westküste Vorderindiens von ihm erwähnt wird, und Ktesias gedenkt<lb/> indischer Schaaren, die zu tausend und zweitausend Mann i» die „goldreiche<lb/> Wüste" gezogen, von dort reich beladen »ach einigen Jahren zurückkehrend.<lb/> Goldene Wagen, goldene Geschirre für Elephanten und Pferde, goldene Glöck-<lb/> chen daran bildeten Gegenstände des alten indischen Luxus. Auch ist es histo¬<lb/> risch, daß die von den Persern unterworfenen Inder das einzige Volk waren,<lb/> das seinen Tribut nicht in Silber, sondern in Gold entrichtete.</p><lb/> <p xml:id="ID_613"> Hinsichtlich der Edelsteingewinnung somit ganz ausschließlich nach dem<lb/> indischen Osten und bezüglich Norden gewiesen, verweilen wir, nach näherer<lb/> Anschauung, auch in Betreff des Goldmarktes Ophir auf der vorderindischen<lb/> Halbinsel, daselbst, an dem Sitze alter Dämonen, d. h. des „altväterischen<lb/> Glaubens", ähnlich wie in Aegypten auch Landschaften wahrnehmend, die voll<lb/> sind von Felsenhöhlen, Felsentempeln, selbst im härtesten Granit und Porphyr¬<lb/> gestein ausgearbeitet, an Zahl bis zur Durchhöhlung ganzer Berge gesteigert,<lb/> mit bedeutsamen Säulenstellungen, Sculpturen und Malereien; nicht minder<lb/> reich an großartigen anderen Tempelruinen, namentlich in Pyramidenform,<lb/> an wunderbaren Kolossen aus Granit, braunem Porphyr und dunkelem Mar¬<lb/> mor, so wie an anderen Kolossen in Erz gearbeitet (Ritter. Erbt. I. Aufl.<lb/> II, 693), die noch jetzt durch alle buddhistischen Länder Asiens verbreitet sind,<lb/> gleich den Felsensculpturen einem hohen Alter entstammend, ohne daß die<lb/> Geschichte diesen Wunderwerken allen beizukommen im Stande. Bedeutsame<lb/> Gußwerke aus Erz vermissen wir jedoch auch hier; das hinterindische Reich<lb/> der Birmanen ist sogar noch heute mit der Erzgießerei ziemlich unbekannt.</p><lb/> <p xml:id="ID_614"> Obgleich im Allgemeinen ein höherer künstlerischer Standpunkt als der¬<lb/> jenige Aegyptens in dem indischen Alterthume ausgeprägt ist: so gibt ein ge¬<lb/> wisses Stehenbleiben bei Angenommenen sich doch auch hier kund. Die<lb/> Natur des Landes bot dessen Bewohnern in reichem Maße, was ihnen wün-<lb/> schenswerth erscheinen mochte; daher die Nation nach außen sich unempfänglich<lb/> und abgeschlossen zu gewöhnen vermochte, so sehr sie auch in ihrem Innern<lb/> Fleiß und Sorgsamkeit walten ließ. Indien hatte seine Welt in lieb. Es<lb/> erscheint daher als eine wohlbegründete Annahme, daß Indien nur sich selbst<lb/> verdaute, was es geschaffen und besessen; daß es gegeben zwar, nicht aber<lb/> auch genommen; daß die Wiege seiner Schöpfungen lediglich im eigenen Lande<lb/> zu suchen sei.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
erblicken, kann für sich allein einen auch nur entfernten Grund nicht abgeben,
das biblische Ophir anderswo suchen zu wollen, indem die indischen alten
Marktplatze sicherlich auch Gold in den Handel zu bringen gewußt, neben den
Edelsteinen, welche die Natur ihnen Vorzugsweile gespendet. Wird doch in
dem Reiche der Birmanen noch heute Gold gewonnen und ist doch auch Vorder¬
indien mindestens nicht ganz ohne Gold. Plinius (VI, 20) führt Gold- und
Silbergruben in dem Berge Capitalia an, der als der höchste der Ghatgebirge
um der Westküste Vorderindiens von ihm erwähnt wird, und Ktesias gedenkt
indischer Schaaren, die zu tausend und zweitausend Mann i» die „goldreiche
Wüste" gezogen, von dort reich beladen »ach einigen Jahren zurückkehrend.
Goldene Wagen, goldene Geschirre für Elephanten und Pferde, goldene Glöck-
chen daran bildeten Gegenstände des alten indischen Luxus. Auch ist es histo¬
risch, daß die von den Persern unterworfenen Inder das einzige Volk waren,
das seinen Tribut nicht in Silber, sondern in Gold entrichtete.
Hinsichtlich der Edelsteingewinnung somit ganz ausschließlich nach dem
indischen Osten und bezüglich Norden gewiesen, verweilen wir, nach näherer
Anschauung, auch in Betreff des Goldmarktes Ophir auf der vorderindischen
Halbinsel, daselbst, an dem Sitze alter Dämonen, d. h. des „altväterischen
Glaubens", ähnlich wie in Aegypten auch Landschaften wahrnehmend, die voll
sind von Felsenhöhlen, Felsentempeln, selbst im härtesten Granit und Porphyr¬
gestein ausgearbeitet, an Zahl bis zur Durchhöhlung ganzer Berge gesteigert,
mit bedeutsamen Säulenstellungen, Sculpturen und Malereien; nicht minder
reich an großartigen anderen Tempelruinen, namentlich in Pyramidenform,
an wunderbaren Kolossen aus Granit, braunem Porphyr und dunkelem Mar¬
mor, so wie an anderen Kolossen in Erz gearbeitet (Ritter. Erbt. I. Aufl.
II, 693), die noch jetzt durch alle buddhistischen Länder Asiens verbreitet sind,
gleich den Felsensculpturen einem hohen Alter entstammend, ohne daß die
Geschichte diesen Wunderwerken allen beizukommen im Stande. Bedeutsame
Gußwerke aus Erz vermissen wir jedoch auch hier; das hinterindische Reich
der Birmanen ist sogar noch heute mit der Erzgießerei ziemlich unbekannt.
Obgleich im Allgemeinen ein höherer künstlerischer Standpunkt als der¬
jenige Aegyptens in dem indischen Alterthume ausgeprägt ist: so gibt ein ge¬
wisses Stehenbleiben bei Angenommenen sich doch auch hier kund. Die
Natur des Landes bot dessen Bewohnern in reichem Maße, was ihnen wün-
schenswerth erscheinen mochte; daher die Nation nach außen sich unempfänglich
und abgeschlossen zu gewöhnen vermochte, so sehr sie auch in ihrem Innern
Fleiß und Sorgsamkeit walten ließ. Indien hatte seine Welt in lieb. Es
erscheint daher als eine wohlbegründete Annahme, daß Indien nur sich selbst
verdaute, was es geschaffen und besessen; daß es gegeben zwar, nicht aber
auch genommen; daß die Wiege seiner Schöpfungen lediglich im eigenen Lande
zu suchen sei.
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